Die Höhe des geschätzten Umsatzes einschließlich Umsatzsteuer (Tz. 7.1) entscheidet darüber, ob die Kleinunternehmer-Regelung (Tz. 7.3) in der Startphase angewendet werden kann oder nicht.

Wird ein Bruttoumsatz von mehr als 22.000 EUR jährlich geschätzt, scheidet der Kleinunternehmer-Status aus. Bei unterjähriger Unternehmensgründung ist der Umsatz auf das Gesamtjahr hochzurechnen.

 
Praxis-Beispiel

Umsatzsteuer in der Rechnung ausweisen

Ein Einzelhändler, der sein Unternehmen zum 1.4. gründet, rechnet mit einem Bruttomsatz von 5.950 EUR pro Quartal. Da damit ein Jahresumsatz von 23.800 EUR zu erwarten ist, muss er in seinen Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen und kann im Gegenzug entrichtete Vorsteuer abziehen.

Auch wenn die Voraussetzungen für einen Kleinunternehmer erfüllt sind, kann es sinnvoll sein, sich für die Umsatzsteuer zu entscheiden. Das gilt vor allem, wenn

  • relativ hohe Startinvestitionen anfallen und Wirtschaftsgüter angeschafft werden, deren Erwerb der Umsatzsteuer unterliegt,
  • der Unternehmensgründer vorrangig Kunden hat, die Unternehmer sind und somit die von ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können.

Falls die Kunden jedoch überwiegend Privatpersonen sind und zudem Dienstleistungen erbracht werden, die keine hohen Investitionen erfordert haben, ist der Kleinunternehmer-Status meist vorteilhafter, da die Unternehmensleistungen zu einem niedrigeren, nicht mit Umsatzsteuer belasteten Preis angeboten werden können.

Bisweilen wird bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenze empfohlen, statt eines (Einzel-)Unternehmens mehrere GbR unter Zwergbeteiligung von Angehörigen oder Fremden zu gründen. Dies sollte wohl überlegt sein, denn diese Vorgehensweise kann bei nicht klar abgegrenzten Geschäftsbereichen als Gestaltungsmissbrauch eingestuft werden. Dies gilt auch dann, wenn Umsätze mehr oder minder wilkürlich einem Einzelunternehmen oder einer GbR, an der der Einzelunternehmer beteiligt ist, zugeordnet werden.[1] Zudem gehen Angehörige und Fremde ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko ein.

Wird der Betrieb nicht selbst aufgebaut, sondern ein bereits bestehender Betrieb erworben, kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen, die umsatzsteuerfrei ist (Tz. 7.2). Ob die kompliziert gelagerten Voraussetzungen dieses Tatbestands gegeben sind, sollte gemeinsam mit dem Verkäufer des Betriebs unter Hinzuziehung eines Steuerberaters im Vorfeld geklärt werden.

Muss Umsatzsteuer berechnet werden, sollte die Istversteuerung (Tz. 7.8) gewählt werden, wenn eine der 3 folgenden Voraussetzungen[2] erfüllt ist:

  • Der auf das Gesamtjahr bezogene Bruttoumsatz beträgt nicht mehr als 600.000 EUR.
  • Es besteht keine Buchführungspflicht nach den Vorschriften des HGB oder der AO.
  • Es wird eine freiberufliche Tätigkeit i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt.

Die Istversteuerung hat den Vorteil, dass die Umsatzsteuer erst mit Ablauf des Monats entsteht, in dem das Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Leistung eingenommen worden ist. Auf den Zeitpunkt, zu dem die Lieferung oder Leistung erbracht worden ist, kommt es nicht an. Die Umsatzsteuer muss damit erst angemeldet und an das Finanzamt abgeführt werden, wenn der Kunde bereits bezahlt hat. Bei der Sollversteuerung muss das Unternehmen dagegen evtl. in Vorleistung gegenüber dem Finanzamt treten, da die Umsatzsteuer unabhängig von der Zahlung im Zeitpunkt der Leistung entsteht.

Umsatzsteuer-Voranmeldungen müssen von Nicht-Kleinunternehmern im Gründungsjahr und im Folgejahr monatlich elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden.[3] Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung ist verfassungsgemäß; eine Befreiung hiervon und die Abgabe in Papierform muss vom Finanzamt auf Antrag nur dann bewilligt werden, wenn die elektronische Übermittlung aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist; auch das Steuergeheimnis spricht nicht gegen die elektronische Übermittlung.[4]

Bei nachweislich fehlender Medienkompetenz, also fehlenden Kenntnissen im Umgang mit einem PC etc., darf das Finanzamt gegenüber dem Unternehmensgründer selbst dann nicht auf der elektronischen Übermittlung bestehen, wenn dessen im Betrieb gelegentlich unentgeltlich aushelfende Ehefrau über ausreichendes Know-how verfügt.[5]

Gleiches gilt aus wirtschaftlichen Gründen bei einem Kleinstbetrieb mit Einnahmen in einer Größenordnung von 5.000 - 6.000 EUR, der nicht über die erforderliche Hard- und Software verfügt.[6]

 
Praxis-Tipp

Unternehmensgründung im Dezember

Um der Abgabe monatlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen über 2 volle Jahre zu entgehen, kann es sinnvoll sein, die zum Beginn des Jahres geplante Unternehmensgründung in den Dezember des Vorjahres vorzuziehen. Dann verkürzt sich der Zweijahreszeitraum auf 13 Monate.

Da Voranmeldung und Umsatzsteuerzahlung bis zum 10. des Folgemonats beim Finanzamt eingehen müssen, empfiehlt es sich, eine Dauerfristverlängerung zu beantragen. Dieser Antrag muss ebenfalls elektronisch gestellt werden. Infolge der Dauerfristverlängerung werden der Ab...

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