Leitsatz

Gründungsaufwand für die im Ausland belegene feste Einrichtung eines Freiberuflers führt nicht zu einem Betriebsausgabenabzug bei der Ermittlung der Einkünfte aus der inländischen Tätigkeit. Dieser Aufwand ist durch die in Aussicht genommene Tätigkeit im Ausland veranlasst (Bestätigung des BMF, Schreiben vom 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076, Tz. 2.9.1). Unterfällt jene Tätigkeit der abkommensrechtlichen Freistellung, betrifft dies den Gründungsaufwand (negative Einkünfte) auch dann, wenn die Errichtung der festen Einrichtung später scheitert (vergebliche vorweggenommene Aufwendungen).

 

Normenkette

Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c, Art. 14, Art. 24 Abs. 1 Buchst. a und c DBA-VAE 1995, § 4 Abs. 4, § 18, § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft, erzielt durch die Tätigkeit ihrer Gesellschafter freiberufliche Einkünfte (ärztliche Gemeinschaftspraxis). In den Jahren 2002 bis 2005 verfolgte sie den Plan, eine kardiologische Praxis in den VAE zu errichten. Es fielen Aufwendungen (insbesondere für Reisen) an. In 2004 erhielt die Klägerin ein von ihr beantragtes "Certificate of good standing". Im Juli 2005 zog einer der (insgesamt sieben) Gesellschafter seine Zustimmung zu dem Projekt zurück. Daraufhin gründeten die sechs anderen Gesellschafter der Klägerin 2005 eine KG mit dem Gesellschaftszweck "Ausübung ärztlicher Tätigkeit im Ausland". Die KG führte die Aktivitäten zum Aufbau einer Praxis in den VAE weiter; eine Betriebseröffnung erfolgte 2006.

Die Klägerin erfasste die im Streitjahr 2004 im Zusammenhang mit dem Projekt entstandenen Aufwendungen in der (bilanziellen) Gewinnermittlung als Betriebsausgaben.

Das FA folgte dem lediglich teilweise und behandelte die Aufwendungen ansonsten – unter Einbeziehung in den sog. negativen Progressionsvorbehalt gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG – nach Maßgabe des DBA-VAE 1995 als steuerfrei. Die anschließende Klage blieb erfolglos (FG Bremen, Urteil vom 14.6.2012, 1 K 122/10 [6], Haufe-Index 3486038, DStRE 2013, 408).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab dem FA recht: Soweit die besagten Aufwendungen sich nach dem Rückzug des einen Gesellschafters aus dem Engagement auf die "verbliebenen" sechs Gesellschafter bezogen, sei es in der Folgezeit tatsächlich zur Errichtung einer festen Betriebsstätte gekommen. Insoweit könne von einem Scheitern des Engagements ohnehin keine Rede sein und es handele sich um "schlichten" vorweggenommenen Aufwand im Zusammenhang mit der zunächst nur geplanten Einrichtung in den VAE. Aber auch, soweit der Aufwand nicht nur ein vorweggenommener, sondern auch ein vergeblicher sei, sei er nach Maßgabe des DBA-VAE 1995 freizustellen. Er sei so oder so durch die geplante Aktivität veranlasst, und das sei allein ausschlaggebend.

 

Hinweis

Wie bereits im BFH-Urteil vom 2.4.2014, I R 68/12 (in diesem Heft auf S. 302) geht es auch in diesem Fall um die Feinheiten der abkommensrechtlichen Freistellung von Einkünften, und zwar hier um solche aus freiberuflicher Tätigkeit. Und auch hier spielt die im Inland nach Abkommensrecht gleichwohl vorbehaltene Einbeziehung jener Einkünfte in den sog. Progressionsvorbehalt eine gewisse Rolle:

1. Konkret geht es im Urteilsfall um die (ursprünglich) im Rahmen einer GbR verbundene Steuerpflichtigen,

  • die ihren Wohnsitz im Inland haben,
  • jedoch im Ausland ein freiberufliches Engagement unter Errichtung einer dort belegenen festen Einrichtung planen, das aber (zunächst) scheitert,
  • wobei das Besteuerungsrecht für das ins Auge gefasste Engagement nach dem vereinbarten DBA in Gestalt von Art. 14 OECD-MA dem Tätigkeitsstaat zusteht.

Diese Steuerpflichtigen begehrten im Rahmen ihrer unbeschränkten Steuerpflicht den Abzug (u.a.) des vergeblichen vorweggenommenen Aufwands für die Begründung der geplanten festen Einrichtung. Das FA versagte das, weil die Aufwendungen Einkunftsbestandteile seien, die im Veranlassungszusammenhang zu der ins Auge gefassten ausländischen Einrichtung stünden und auf die der ausländische Staat den Besteuerungszugriff habe. In Deutschland sei der Aufwand hingegen von der Besteuerung auszunehmen und damit freizustellen. Dass es sich um vergeblichen Aufwand handele, widerspreche der "symmetrischen" Freistellung von positiven wie von negativen Einkünften nicht.

2. Der BFH hat dem beigepflichtet.

a) Ausschlaggebend ist ihm nicht, dass es (noch oder fortdauernd) an der tatsächlichen Existenz der festen Einrichtung mangelt, welche der betreffenden Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung steht (so Art. 14 Abs. 1 OECD-MA a.F.) oder an der tatsächlichen Existenz der Betriebsstätte, durch welche das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Staat ausübt (so Art. 7 Abs. 1 OECD-MA).

Ausschlaggebend ist dem BFH allein, dass die Errichtung einer solchen festen Einrichtung oder Betriebsstätte geplant war und dass der betreffende Aufwand dadurch veranlasst ist. Denn das Veranlassungsprinzip findet auf die Aufwandszuordnung uneingeschränkt Anw...

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