1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

Bemessungsgrundlage für die ESt ist das Einkommen, das der einzelne Stpfl. in einem bestimmten Zeitraum erzielt hat, § 2 Abs. 4, 5 EStG. Die Bemessungsgrundlage für die ESt wird damit durch die persönliche Fähigkeit eines jeden Stpfl. bestimmt, aus dem ihm verbleibenden Einkommen Steuern zahlen zu können. Dies wird allgemein als das aus Art. 3 GG abgeleitete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezeichnet.[1] Ausfluss dieses Grundsatzes ist das sog. objektive Nettoprinzip. Gem. § 2 Abs. 1 EStG unterliegen Einkünfte der ESt. Einkünfte sind nach § 2 Abs. 2 EStG der Saldo bestimmter Einnahmen und Ausgaben. Das objektive Nettoprinzip ist ein grundlegendes Ordnungsprinzip und tragendes Strukturelement des Einkommensteuerrechts. Es besagt, dass Bemessungsgrundlage für die Steuer nur die Reineinkünfte sein können. Alles, was der Stpfl. zur Erzielung der Einkünfte aufwenden muss, steht ihm zur Zahlung von Steuern nicht mehr zur Verfügung, sodass Betriebsausgaben grundsätzlich die Bemessungsgrundlage schmälern müssen. Andererseits darf das, was der Stpfl. für seinen Lebensunterhalt durch Essen, Trinken, Wohnen, Urlaubsreisen, Freizeitaktivitäten usw. aufwendet, die Bemessungsgrundlage grundsätzlich nicht schmälern.[2]

 

Rz. 2

Als Ausnahme hierzu lässt der Gesetzgeber bestimmte Aufwendungen, die dem Stpfl. zwangsläufig erwachsen oder die für ihn von existenzieller Bedeutung sind, zur Bestimmung der subjektiven Leistungsfähigkeit als Sonderausgaben[3] oder außergewöhnliche Belastung[4] zum Abzug bei den einzelnen Einkünften zu.[5]

 

Rz. 2a

§ 12 EStG bestimmt hierzu: "Soweit in §§ 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 5, 7 und 9 sowie Abs. 1a Nr. 1, den §§ 10a, 10b und §§ 33–33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen […] nicht abgezogen werden." Zu den Grenzen des objektiven Nettoprinzips, insbesondere zu seiner Durchbrechung vgl. z. B. § 4 Abs. 5 EStG. Das BVerfG hat grundsätzlich eine Durchbrechung des Nettoprinzips für zulässig erachtet, lässt aber offen, ob das Prinzip Verfassungsrang hat. Es hat aber verfassungsrechtliche Bedeutung vor allem in Zusammenhang mit den Anforderungen an die hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Umsetzung einer Rechtsnorm. Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung bedürfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes.[6]

 

Rz. 3

Da der Stpfl. bei der Ermittlung der Reineinkünfte die – und nur die – damit zusammenhängenden Aufwendungen abziehen kann, ist ihre Zuordnung entweder zur betrieblichen oder zur privaten Sphäre von ausschlaggebender Bedeutung. § 4 Abs. 4 EStG und § 12 Nr. 1 EStG dienen der Abgrenzung dieser beiden Sphären.[7] § 12 EStG gilt für alle Einkunftsarten und für die verschiedenen Arten der Gewinnermittlung. Die Abgrenzung der abziehbaren Betriebsausgaben (BA) und Werbungskosten (WK) von den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung müssen daher nach gleichen Grundsätzen erfolgen. § 12 EStG gilt nur auf der Ausgabenseite, nicht auf der Einnahmenseite.[8] Problematisch wird die Zuordnung, wenn Aufwendungen vom Wesen her beiden Sphären zugeordnet werden können, z. B. Aufwendungen für einen Pkw, der betrieblich und privat genutzt wird, sog. gemischte Aufwendungen.

[1] St. Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfG, Beschluss v. 4.12.2002, 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BStBl 2003 II S. 481; BFH/NV, Beilage 2003 S. 174, betr. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung; BVerfG, Beschluss v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BFH/NV 2009 S. 338, betr. Pendlerpauschale; BVerfG, Beschluss. v. 6.7.2007, 2 BvL 13/09, DStR 2010 S. 1563, betr. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; BVerfG, Beschluss v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BFH/NV 2011 S. 181 betr. Pauschalierung eines Betriebsausgabenabzugsverbots durch die Hinzurechnung von 5 % des Veräußerungsgewinns gem. § 8b Abs. 3, 5 KStG; Paetsch/Schneider u. a., Beihefter zu DStR 2009, Heft 34; Lindberg, in Frotscher/Geurts, EStG, § 2 Rz. 10, Stand 3/2022.
[5] Vgl. zum subjektiven Nettoprinzip Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 2 Rz. 11; Bareis, DStR 2017, S. 823, 827.
[6] Vgl. Rz. 1; BVerfG, Beschluss v. 9.12.2008, 2 BvL 1-2/07, 2 BvL 1-2/08, BVerfGE 122, 210; a. A. Englisch, Symposium BFH, Beihefter zu DStR 2009, Heft 34, S. 92, 96.

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