BMF, 29.03.1985, IV B 2 - S 2241 - 22/85

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung in der Sitzung ESt II/85 - zu TOP 18 - nehme ich zur Bedeutung des BFH-Urteils vom 9. November 1983 (BStBl 1984 II S. 212) wie folgt Stellung:

  1. Nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 8. November 1971 (BStBl 1972 II S. 63) sind die personellen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erfüllt, wenn die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Dazu hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 2. August 1972 (BStBl II S. 796) entschieden, daß nicht auf eine “klassische” Beherrschung im Rechtssinne des Handelsrechts, sondern auf die nach den tatsächlichen Verhältnissen bei beiden Unternehmen vorhandene Möglichkeit, einen einheitlichen Willen faktisch durchzusetzen, abzustellen ist. Danach steht ein möglicher Stimmrechtsausschluß wegen Interessenkollision der Annahme einer Betriebsaufspaltung nicht entgegen, wenn tatsächlich Interessenkonflikte nicht aufgetreten sind. Eine davon abweichende rechtliche Beurteilung wäre mit dem Beschluß des Großen Senats vom 8. November 1971 (a. a. O.) unvereinbar, da sie entgegen diesem Beschluß dazu führen würde, daß Betriebsaufspaltung nur noch angenommen werden könnte, wenn am Besitzunternehmen und am Betriebsunternehmen dieselben Personen und nur diese beteiligt sind (vgl. auch L. Schmidt, Finanzrundschau 1984 S. 122).
  2. Aus dem Urteil vom 9. November 1983 (a. a. O.) kann auch nicht gefolgert werden, daß eine im Gesellschaftsvertrag vereinbarte oder sich aus dem Gesetz (vgl. § 709 Abs. 1 BGB) ergebende Einstimmigkeit als Voraussetzung für Gesellschafterbeschlüsse in allen Fällen der Annahme einer Betriebsaufspaltung entgegensteht. Im Urteil wird ausgeführt, es hätten keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, daß die nicht am Betriebsunternehmen beteiligte Mitinhaberin des Besitzunternehmens die Ausübung ihres Stimmrechts mit den das Betriebsunternehmen beherrschenden Gesellschaftern abgestimmt oder daß sie in anderer Weise ihre Gesellschafterstellung im Interesse dieser Gesellschafter ausgeübt habe. Daraus ist zu folgern, daß auch bei Stimmrechtsgleichheit der am Betriebsunternehmen beteiligten und der am Betriebsunternehmen nicht beteiligten Gesellschafter des Besitzunternehmens die personellen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung im allgemeinen erfüllt sind, wenn es den das Betriebsunternehmen beherrschenden Gesellschaftern möglich ist, ihren unternehmerischen Willen im Besitzunternehmen tatsächlich zu verwirklichen.
 

Normenkette

BGB § 709 Abs. 1

 

Fundstellen

BStBl I, 1985, 121

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