Rz. 15

Ansprüche auf Gewinne (Dividenden) aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind nur dann zu aktivieren, wenn sie gegenüber der jeweiligen Beteiligung ein selbstständiges Wirtschaftsgut darstellen. Die Existenz zweier Wirtschaftsgüter setzt die Abspaltung der Dividendenforderung von der Beteiligung voraus. Dies ist ein zivilrechtlicher Vorgang, der sich grundsätzlich erst dann vollzieht, wenn ein Gewinnverwendungsbeschluss der Kapitalgesellschaft vorliegt und hierdurch ein verfügbarer Rechtsanspruch auf einen Gewinnanteil in bestimmter Höhe endgültig begründet ist. Aus § 29 Abs. 1 GmbHG ergibt sich, dass bei einer GmbH der Gewinnanspruch der Gesellschafter erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluss[1] entsteht. Eine entsprechende Abhängigkeit des Dividendenanspruchs von Aktionären folgt aus § 58 Abs. 4 AktG. Dies hat zur Folge, dass der Inhaber der Beteiligung den Gewinnanspruch regelmäßig erst in der Bilanz des Geschäftsjahrs (Wirtschaftsjahrs) zu aktivieren hat, in dem über die Gewinnverteilung beschlossen wird. Die Bilanz einer Kapitalgesellschaft als Grundlage der Gewinnberechnung ist gemäß § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB in den ersten 3 Monaten des folgenden Jahrs, nach Maßgabe des Satzes 3 der Vorschrift auch später zu erstellen. Noch später stellen die Gesellschafter die Jahresbilanz fest und beschließen über die Verteilung des sich aus ihr ergebenden Bilanzgewinns.[2]

 

Rz. 16

Abweichend von den vorstehend genannten Grundsätzen geht der BGH in seinem Urteil vom 12.1.1998[3] von einer phasengleichen (phasenkongruenten) Aktivierung von Gewinnansprüchen bei Konzerngesellschaften dann aus, wenn

  • die Muttergesellschaft alle (mehrheitlich) Anteile an der Tochtergesellschaft hält,
  • sich die Geschäftsjahre decken,
  • der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft vor dem der Muttergesellschaft festgestellt wird[4] und
  • die Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft die Ausschüttung des Gewinns an die Mutter beschlossen hat (mindestens liegt ein entsprechender Gewinnvorschlag vor).

Nach der BGH-Rechtsprechung muss in derartigen Konzernfällen von einem Aktivierungsgebot ausgegangen werden, die Muttergesellschaft hat noch vor Beschluss der Tochtergesellschaft über die Gewinnverwendung die Gewinnausschüttung in ihrem Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr zu aktivieren.

Das BilRUG respektiert durch den neuen § 272 Abs. 5 HGB diese handelsrechtliche Pflicht zur phasengleichen Vereinnahmung von Beteiligungserträgen, führt jedoch für diese Fälle eine Ausschüttungssperre ein. Intention des Gesetzgebers ist es, Ausschüttungen von phasengleich vereinnahmten Beteiligungserträgen nur dann zuzulassen, "wenn die Gesellschaft – am Abschlussstichtag – bereits die Zahlung erhalten oder einen Anspruch auf Zahlung erworben hat".[5]

Zum Begriff Anspruch i. S. v. § 272 Abs. 5 HGB gibt es 2 Auslegungen: Haaker[6] tritt für eine "bilanzrechtliche" Auslegung ein, d. h. "per Anspruch (Forderung) an Dividendenertrag"; das würde bedeuten, die Ausschüttungssperre läuft bei der Rechtsanwendung ins Leere.[7] Der Arbeitskreis Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft (AKBR)[8] und der Gesetzgeber gehen dagegen von einem "zivilrechtlich begründeten" Anspruch aus, nicht von einem Anspruch einer Forderung, die am Abschlussstichtag nach dem Realisationsprinzip schon aktiviert werden darf oder muss. Nach Auffassung des AKBR ist Anspruch i. S. v. § 272 Abs. 5 HGB der zivilrechtliche Anspruch auf den Beteiligungsertrag, der aber erst phasenverschoben durch den stichtagsnachgelagerten Feststellungsbeschluss (bei Existenz eines Ergebnisabführungsvertrags) oder Gewinnverwendungsbeschluss entsteht.[9] Nach dem AKBR sind eindeutig rechtliche Ansprüche gemeint, denn nur sie können "geltend gemacht" werden; rechtlich erst künftig entstehende Forderungen sind am Bilanzstichtag gerade noch nicht "einklagbar". Der Gesetzgeber will sicherstellen, dass im Falle einer bilanzrechtlichen Aktivierung der künftigen Dividendenforderung der entsprechende Gewinnanteil im Interesse des Kapitalschutzes nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf. Allerdings dürfte die Möglichkeit, eine Berücksichtigung im Jahresabschluss bereits vorzunehmen, wenn kein Anspruch darauf besteht oder zumindest hochwahrscheinlich entstehen wird, nicht sonderlich groß sein, weshalb der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags auch keine Abweichung der bis zur gesetzlichen Regelung bereits durchgeführten Handhabung bei der phasengleichen Gewinnrealisierung sieht.[10]

Einzustellen ist in eine Gewinnrücklage, d. h. die Bilanz ist zwingend unter Berücksichtigung einer (teilweisen) Ergebnisverwendung aufzustellen[11] ("Einstellungen in die ausschüttungsgesperrte Rücklage nach § 272 Abs. 5 HGB"). Der verteilungsfähige Bilanzgewinn/-verlust vermindert sich durch die Einstellung in die ausschüttungsgesperrte Rücklage.[12] Die Rücklage ist zu entnehmen bzw. aufzulösen ("Entnahme aus der ausschüttungsgesparten Rücklage nach § 272 Abs. 5 HGB" – vor Entnahmen aus ...

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