Wie hoch die Anschaffungskosten für die Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind, bestimmt sich nach den allgemeinen steuerlichen Regeln. Zumindest soweit es sich um geleistete Zahlungen auf das Nennkapital der Gesellschaft bzw. um eine Zahlung auf den vereinbarten Kaufpreis für einen GmbH-Anteil handelt, wird die Bestimmung der Anschaffungskosten für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns bzw. -verlusts regelmäßig unproblematisch sein. Anders ist dies oftmals für nachträgliche Anschaffungskosten. In der Praxis gehören hierzu vor allem ausgefallene Finanzierungshilfen, wie z. B. wertlos gewordene Darlehen oder die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft. Die Darstellung dieses umfangreichen Bereichs würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Hinzuweisen ist jedoch auf die umfassend dargelegte Auffassung der Finanzverwaltung.[1]

 
Achtung

Geänderte Rechtsprechung zu Bürgschaft und Darlehen

Der BFH hat seine langjährige Rechtsprechung geändert. Mit Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG v. 23.10.2008 führt die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Gleiches gilt für den Ausfall einer Darlehensforderung eines Gesellschafters. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wendet der BFH jedoch seine neue Rechtsprechung nur für eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen an, die nach dem 27.9.2017 geleistet worden sind.[2]

Der Gesetzgeber nahm diese Rechtsprechungsänderung mit zum Anlass und hat Fälle mit nachträglichen Anschaffungskosten gesetzlich geregelt[3] und dadurch im Wesentlichen die zuvor geltende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung wieder implementiert. Dies erfolgte mit Wirkung für Veräußerungen nach dem 31.7.2019, wobei auf Antrag die gesetzliche Regelung auch für davor erfolgte Veräußerungen anzuwenden ist.[4]

Danach gehören zu den nachträglichen Anschaffungskosten insbesondere

  • offene Einlagen, wie z. B. Nachschüsse, Barzuschüsse, Zuzahlungen in die Kapitalrücklage;
  • verdeckte Einlagen, wie z. B. unentgeltliche oder verbilligte Übertragung von Wirtschaftsgütern sowie insbesondere der Verzicht auf Gesellschafterdarlehen;
  • Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war; das gilt insbesondere für sog. Krisendarlehen, krisenbestimmte Darlehen bzw. für Finanzplandarlehen, welche jeweils mit dem Nennwert als nachträgliche Anschaffungskosten zu erfassen sind;
  • Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.

Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist gesetzgeberisch unterstellt, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder die Sicherungsmittel bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte.

 
Hinweis

Stehengelassene Darlehen

Anders die Rechtslage bei einem "üblichen" Darlehen, das also nicht für eine Krise konzipiert war, gleichwohl bei Beginn der Krise stehen gelassen worden ist. Ein solches Darlehen führt nur in Höhe seines gemeinen Werts (= werthaltiger Teilbetrag) im Zeitpunkt der nicht erfolgten Rückforderung zu nachträglichen Anschaffungskosten; dieser Wert kann in der Praxis durchaus gegen 0 EUR tendieren.

Der nicht werthaltige Teil eines Darlehens kann unter bestimmten Voraussetzungen und betragsmäßigen Grenzen jedoch als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.[5]

Ferner wurde gesetzlich geregelt, dass im Falle einer Einzahlung in das Kapital der Gesellschaft, welche über das Nennkapital der Anteile hinausgeht, eine gleichmäßige Verteilung der Einzahlung auf alle Anteile des Gesellschafters zu erfolgen hat.

Gleichwohl ergeben sich dazu weitere offene Rechtsfragen.

So ist beim BFH ein Revisionsverfahren anhängig[6], in welchem für eine vor der Krise einer Gesellschaft hingegebene Bürgschaft die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für die Inanspruchnahme nach dem späteren Kriseneintritt entsprechend den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung vor der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG[7] begehrt wird.

Ferner ist auch noch die grundsätzliche Frage offen, mit welchem Wertansatz der Gesetzgeber nachträgliche Anschaffungskosten beim Stehenlassen eines Darlehens in der Krise der Gesellschaft durch den eingefügten § 17 Abs. 2a EStG berücksichtigt haben wollte[8]

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