Leitsatz

1. Der BFH ist bei einer Entscheidung im zweiten Rechtsgang auch bei einem Wechsel der Zuständigkeit des Senats und bei von den Beteiligten ge­äußerten verfassungsrechtlichen Bedenken an die Rechtsauffassung des BFH im ersten Rechtsgang gebunden.

2. Eine Rückgewähr von Eigenkapital i.S.des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG im Rahmen eines "Spin-off" einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft liegt vor, soweit die Leistungen der Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsjahr das Nennkapital und den im Vorjahr festgestellten ausschüttbaren Gewinn übersteigen oder wenn sich dies aus der Bilanz der ausschüttenden Gesellschaft ergibt.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 2a EStG, § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG, § 560 ZPO, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 155 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im Jahr 1998 Aktien einer in den USA ansässigen Gesellschaft. Diese legte wenige Monate später die Ausgliederung ihrer Beteiligung an einer anderen US-amerikanischen Gesellschaft im Wege eines sog. "Spin-off" fest. Infolgedessen erhielt der Kläger neben der Bardividende für jede seiner Aktien eine weitere Aktie der ausgegliederten Gesellschaft.

Das FA legte den Wert der zugeteilten Aktien als Bardividende der Besteuerung zugrunde. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg. Der BFH gab der Revision der Kläger im ersten Rechtsgang im Urteil vom 20.10.2010, I R 117/08, a.a.O., statt und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang statt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.10.2013, 5 K 1227/11, Haufe-Index 6420220, EFG 2014, 350). Es stellt dabei darauf ab, dass der "Spin-off" nach US-amerikanischem Steuerrecht steuerfrei sei.

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision des FA stattgegeben, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Das Urteil erging im zweiten Rechtsgang, sodass der VIII. Senat an die umstrittene Entscheidung des I. Senats vom 20.10.2010, I R 117/08, BFH/NV 2011, 669, BFH/PR 2010, 218 im ersten Rechtsgang gebunden war. Die vonseiten des FA geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Entscheidung waren daher vom VIII. Senat nicht mehr zu prüfen.

2. Nach der Entscheidung des I. Senats handelt es sich bei der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. "Spin-off" stets um eine im Inland zu besteuernde Sachausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Unerheblich ist, ob die Bezüge zulasten des Gewinns oder zulasten der Vermögenssubstanz der Gesellschaft erfolgen.

3. Das FG hatte nach dem Zurückverweisungsbeschluss des I. Senats im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob die Übertragung der Aktien zulasten des Gewinns der Gesellschaft oder als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. Wäre Letzteres der Fall gewesen, wäre die Zuteilung der Aktien über den Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG hinaus nicht steuerbar.

4. Die nach der Zurückverweisung vom FG zum US-amerikanischen Recht getroffenen Feststellungen hat der BFH als unzulänglich angesehen, sodass er nicht an sie gebunden war. Sie ließen bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung keine Schlüsse darüber zu, ob es sich bei der Zuteilung der Aktien um Auszahlungen von Jahresüberschüssen der Gesellschaft oder um die Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen handelte. Die Frage, ob eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr vorliegt, ist nach den Maßstäben des deutschen Steuerrechts zu beurteilen.

Eine Vergleichbarkeit der Sachausschüttung mit einer Dividende i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt u. a. dann vor, wenn sie aus vorhandenen – laufenden oder in früheren Jahren angesammelten – Jahresüberschüssen der Gesellschaft (earnings und profits) gezahlt wird.

Die Voraussetzungen für eine Einlagenrückgewähr können danach u.a. dann vorliegen, wenn die Leistungen der Kapitalgesellschaft im Wirtschaftsjahr das Nennkapital und den im laufenden und im Vorjahr festgestellten ausschüttbaren Gewinn übersteigen. Eine Einlagenrückgewähr kann sich auch aus der nach aus­ländischem Recht aufgestellten Bilanz der ausschüttenden Gesellschaft ergeben. Die vom FG festgestellte Steuerfreiheit des "Spin-off" nach US-amerikanischem Recht gibt hierüber jedoch keinen Aufschluss.

5. Den Parteien bleibt danach ein dritter Rechtsgang zur Klärung der Frage, ob eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr vorliegt, nicht erspart. Das diesbezügliche Nachweisrisiko trifft den Kläger, da die Einlagenrückgewähr zu einem Steuervorteil führt.

6. Sollte es sich nach den Feststellungen des FG im dritten Rechtsgang um eine steuerbare Gewinnausschüttung handeln, wäre diese nach der "Segelanleitung" des BFH dem Kläger zuzurechnen. Da der Kläger im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile Aktionär der Gesellschaft war, gilt dies unabhängig davon, ob nach US-amerikanischem Recht ein Gewinnverteilungsbeschluss i.S.d. § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG vorlag oder nicht.

7. Zur Besteuerung des Spin-off nach dem Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren s. BFH, Urteil vom 13.7.2016, VIII R 47/13, Hau...

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