Leitsatz

1. Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung der Agentur für Arbeit kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG zu.

2. Entscheidend für den Kindergeldanspruch ist vielmehr, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet hat bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte für ihre im Juli 1985 geborene Tochter (T) Kindergeld bezogen. Nach der Ausbildung war T von Juli 2004 bis 26.09.2005 bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet. Im November und Dezember 2005 nahm sie eine geringfügige Nebentätigkeit auf (unter 15 Stunden pro Woche). Laut einem Computerausdruck hatte sie zuletzt am 24.06.2005 vorgesprochen. Nach einer Aktennotiz vom 29.09.2005 erschien T zum vereinbarten Termin nicht. Da sie ihr Arbeitsgesuch nicht nach spätestens drei Monaten erneuert hatte, wurde sie am 27.09.2005 bei der Arbeitsvermittlung abgemeldet und dort nicht mehr als Arbeitsuchende geführt. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung von Oktober 2005 bis März 2006 auf und forderte den überzahlten Betrag zurück.

Das FG gab der Klage mit doppelter Begründung statt (FG Nürnberg, Urteil vom 11.04.2007, V 130/2006, Haufe-Index 1755568). Zum einen wirke die Meldung von T am 24.06.2005 länger als drei Monate fort. Zum anderen gelangte es nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass T in den streitigen Monaten arbeitsuchend gewesen sei. Sie habe sich vor Ablauf der Drei-Monats-Frist im September 2005 telefonisch mit der Agentur in Verbindung gesetzt. Der Kontakt zum Sachbearbeiter sei verweigert, ihr andererseits aber versichert worden, dass sie weiterhin als arbeitsuchend geführt werde. Die automatische Löschung als Arbeitsuchende bei der Agentur für Arbeit führe nicht zwingend zum Wegfall des Kindergeldanspruchs.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die Meldung vom 24.06.2005 wirke zwar entgegen der Ansicht des FG nicht länger als drei Monate fort. Die vom FG festgestellte telefonische Meldung genügte hingegen, um sie weiterhin als Arbeitsuchende anzusehen.

 

Hinweis

1. Arbeitsuchende Kinder werden über die Volljährigkeit hinaus bis zum 21. Lebensjahr berücksichtigt. Dazu brauchen sie nicht arbeitslos i.S.d. SGB III zu sein, sondern es genügt, dass sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei einer Arbeitsagentur im Inland gemeldet sind. Eine geringfügige Beschäftigung gem. § 8 SGB IV ist unschädlich.

2. Die Meldung wirkt nur drei Monate fort und muss  danach erneuert werden (BFH, Urteil vom 19.06.2008, III R 68/05, BFH/NV 2008, 1610, BFH/PR 2008, 433). Eigene Bemühungen um eine Stelle nützen nichts. Dies ist anders als bei der Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG: Die Ausbildungswilligkeit kann außer durch die Meldung als ausbildungsuchend auch durch Nachweis der eigenen Bewerbungen geführt werden (BFH, Urteil vom 19.06.2008, III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740, BFH/PR 2008, 464).

3. Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit kommt keine Tatbestandswirkung zu. Sie genügt zwar als Nachweis der Registrierung. Kindergeldanspruch bzw. Freibetrag hängen aber von der Bescheinigung nicht ab. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Kind tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung gemeldet bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat.

4. Die Arbeit der Familienkasse wird hierdurch geringfügig erschwert, da die fehlende Registrierung nicht zwingend zur Versagung des Kindergeldanspruchs führt; die Überprüfung einer von der Agentur nicht aufgezeichneten Meldung kann in der Praxis Probleme bereiten.

5. Stellt das FG fest, dass das Kind tatsächlich Kontakt zur Arbeitsvermittlung aufgenommen hat, so bindet dies den BFH als Revisionsgericht, falls die Würdigung des FG nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, selbst wenn seine Wertung nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (§ 118 Abs. 2 FGO).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.09.2008, III R 91/07

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