Rz. 239

Die in den §§ 230ff. HGB geregelte stille Ges. entsteht dadurch, dass sich der stille Gesellschafter gegen Gewährung einer Beteiligung am Gewinn mit einer Vermögenseinlage am Betrieb des Handelsgewerbes eines anderen beteiligt.[2] Die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters geht dabei in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts über (§ 230 Abs. 1 HGB). Demgemäß entstehen zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Inhaber des Handelsgewerbes auch keine vermögensrechtlichen, sondern nur schuldrechtliche Beziehungen. Ihrer Rechtsnatur nach ist die stille Ges. eine Innengesellschaft, die nicht am Rechtsverkehr teilnimmt und daher selbst auch nicht Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Die Geschäfte werden im Außenverhältnis im Namen des Inhabers des Handelsgewerbes geführt und im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung. Als Korrektiv zu der fehlenden Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis verfügt der stille Gesellschafter über kommanditistengleiche Kontrollrechte (§ 233 HGB), die auch nicht ausgeschlossen werden können. Wird die stille Ges. aufgelöst (§ 234 HGB), hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB).

 

Rz. 240

Ein Ausweis der Vermögenseinlage innerhalb des EK kommt nicht in Betracht, wenn die Ausgestaltung der stillen Ges. den dispositiven gesetzlichen Vorschriften folgt, denn danach kann der stille Gesellschafter im Insolvenzfall wegen der Vermögenseinlage, soweit sie den Betrag des auf ihn fallenden Anteils am Verlust übersteigt, eine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen (§ 236 Abs. 1 HGB).[3] Der Umstand der Verlustteilnahme allein kann einen Ausweis innerhalb des EK nicht rechtfertigen.[4] Hinzutreten muss, dass die Verluste vorrangig mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters verrechnet werden, bevor die übrigen Gläubiger herangezogen werden.

 

Rz. 241

Sind hingegen von den dispositiven gesetzlichen Vorschriften abweichende vertragliche Vereinbarungen getroffen worden, ist ein EK-Ausweis vorzunehmen, soweit die für die EK-Klassifizierung erforderlichen Kriterien vorliegen, die stille Einlage mithin nachrangig ist und bis zur vollen Höhe an den Verlusten teilnimmt.[5] Dies setzt in jedem Fall voraus, dass der stille Gesellschafter auch im Insolvenzfall hinter die Gläubiger zurücktritt, also § 236 Abs. 1 HGB ausgeschlossen ist.

 

Rz. 242

Ist die stille Vermögenseinlage als EK zu klassifizieren, ist sie, ebenso wie das Genussrechtskapital, innerhalb des EK vor dem Posten "Gewinnvortrag/Verlustvortrag" in einem gesonderten Posten "Stille Vermögenseinlage" auszuweisen. In der GuV des Inhabers des Handelsgeschäfts sind die Gewinn- und Verlustanteile des stillen Gesellschafters aufwandswirksam zu erfassen.[6] Die Berichtspflichten für das Genussrechtskapital gelten für die stille Vermögenseinlage entsprechend (Rz 235 ff.).

 

Rz. 243

Kommt der stillen Vermögenseinlage kein Eigenkapitalcharakter zu oder lässt sich diese Frage nicht zweifelsfrei beantworten, ist ein Ausweis unter den Verbindlichkeiten geboten, wobei insb. der Posten "C. 8. Sonstige Verbindlichkeiten" in Betracht kommt, der dann ggf. weiter zu untergliedern ist (§ 265 Abs. 5 Satz 1 HGB). Handelt es sich bei dem stillen Gesellschafter um einen Aktionär oder Gesellschafter, mit dem eine Verbundbeziehung oder ein Beteiligungsverhältnis besteht, hat der Ausweis unter den Posten "C. 6." oder "C. 7." zu erfolgen. Auch hier ist erforderlichenfalls weiter zu untergliedern oder aber ein Davon-Vermerk vorzusehen. Für die GmbH ist zudem § 42 Abs. 3 GmbHG zu beachten.

[1] Von der stillen Ges. ist die Unterbeteiligungsges. zu unterscheiden, bei der sich ein oder mehrere Unterbeteiligte an der Gesellschafterstellung eines OHG- oder KG-Gesellschafters so beteiligen, dass Gewinne und Verluste oder nur die Gewinne zwischen diesem Gesellschafter und den Unterbeteiligten aufgeteilt werden. Sie ist keine stille Ges., weil die Unterbeteiligten sich nicht am Betrieb eines Handelsgewerbes beteiligen.
[2] Vom partiarischen Darlehen unterscheidet sich die stille Ges., abgesehen von einer möglichen Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich dem Betrieb des Handelsgewerbes. Dies ist in jedem Fall gesondert anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
[3] Vgl. ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 246 HGB Rz 90.
[4] Vgl. Westerfelhaus, DB 1988, S. 1175; Reusch, BB 1989, S. 2359; wohl auch Küting/Kessler/Hayn, in Küting/Weber, HdR-E, § 272 HGB Rn 248, Stand: 04/2011, die das gesetzliche Regelstatut der stillen Ges. als qualifiziertes Kreditverhältnis einstufen.
[5] Weicht die Ausgestaltung einer stillen Ges. vom gesetzlichen Regelstatut ab, liegt eine atypische stille Ges. vor. Deren Bedeutung liegt vorrangig im Steuerrecht. Während der typisch stille Gesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, wird der atypisch stille Gesellschafter regelmäßig als Mitunternehmer ange...

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