Rz. 50

Abs. 8 wurde aufgrund des Vorsichtsprinzips und i. S. d. Gläubigerschutzes im Zuge des BilMoG ergänzt, um eine Ausschüttung i. H. d. noch nicht realisierten Erträge aus der Aktivierung bestimmter Vermögensposten oder aus der Bewertung bestimmter Aktiva zum beizulegenden Zeitwert jeweils abzgl. der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern zu vermeiden. Im Einzelnen betrifft die Ausschüttungssperre Erträge, die aus den folgenden Bilanzierungsvorschriften resultieren:[1]

  1. Nutzung des Ansatzwahlrechts für selbst geschaffene immaterielle VG des AV (§ 248 Rz 10 ff.);
  2. Nutzung des Ansatzwahlrechts für aktive latente Steuern (§ 274 Rz 119 ff.), Ausnahme: kleine Gesellschaften (§ 274a Nr. 5 HGB) sowie
  3. Buchgewinne aus aktivierten Vermögensgegenständen i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB, die der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen und ähnlichen Verpflichtungen dienen (§ 246 Rz 107 ff.).

Ausschüttungsgesperrt sind die jeweiligen Beträge der drei genannten Posten. Allerdings sind bei Posten Nr. 1 und 3 die gebildeten (nicht notwendigerweise ausgewiesenen) passiven latenten Steuern abzuziehen.

Zudem dürfen Gewinne nach § 253 Abs. 6 HGB nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags mindestens dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Bilanzansatz der Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen (bewertet mit einem Durchschnittszinssatz auf Basis der letzten zehn Jahre) und einer Bewertung mit dem Durchschnittszinssatz der letzten sieben Geschäftsjahre entsprechen. Auch in § 272 Abs. 5 HGB ist die Bildung einer ausschüttungsgesperrten Rücklage vorgeschrieben, sofern der auf eine Beteiligung entfallende Teil des Jahresüberschusses in der GuV die erhaltene oder rechtswirksam beschlossene Dividende oder den Gewinnanteil übersteigt. Ebenso schreibt § 30 GmbHG eine Ausschüttungssperre vor, wonach Auszahlungen an die Gesellschafter verboten sind, die zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich sind.

 

Rz. 51

Zentraler Zweck der Ausschüttungssperre ist es, Erträge, die noch nicht realisiert sind, nicht an Anteilseigner auszuschütten bzw. abzuführen. Die Ausschüttungssperre stellt damit eine Verbindung von der informationsorientierten zur ausschüttungsorientierten Bilanzdarstellung dar.[2] Sofern selbst geschaffene immaterielle VG des AV und aktive latente Steuern – jeweils unter Nutzung des Ansatzwahlrechts – in der Bilanz ausgewiesen werden, darf der Gewinn nicht vollständig ausgeschüttet werden. Gleiches gilt bei einer Durchbrechung des Realisationsprinzips, wenn bei einer Zeitwertbilanzierung von Zweckvermögen für Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern die Erhöhungen der Vermögensposition noch nicht durch den Umsatzakt realisiert wurden.

 

Rz. 52

Abs. 8 steht in Zusammenhang mit der in § 285 Nr. 28 HGB geforderten Aufgliederung des ausschüttungsgesperrten Gesamtbetrags in Erträge aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Anlagen und latenter Steuern wie auch aus der Bewertung von aktivierten VG zum beizulegenden Zeitwert. Die Anhangangaben dienen somit als Erl. zur Regelung des Abs. 8, um die Zusammensetzung des Gesamtbetrags für Bilanzleser nach der Herkunft erkennbar und nachvollziehbar machen zu können.[3]

 

Rz. 53

Die Ausschüttungssperre gilt nur für KapG und KapCoGes. Bei unbeschränkter Haftung ergäbe sich für Unt keine praktische Konsequenz.[4] Allerdings haften Kommanditisten einer KG nicht unbeschränkt, vielmehr ist deren Haftung auf die Einlage beschränkt (§ 172 Abs. 1 HGB). Dementsprechend wurde § 172 Abs. 4 HGB so ergänzt und kodifiziert, dass im Hinblick auf eine stärker informationsorientierte Bilanzierung Erträge im Jahresüberschuss ausgewiesen sein können, die nach Abs. 8 ausschüttungs- bzw. nach § 301 AktG abführungsgesperrt sind. Bei KG gibt es keine strengen Entnahmegrenzen, jedoch ist ein Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten möglich, sofern ein Kommanditist Gewinne entnimmt und sein Kapitalanteil durch Verluste unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder durch die Entnahme unter diesen Betrag herabgemindert wird. Zur Beantwortung der Frage nach dem Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten sind ausschüttungs- und abführungsgesperrte Erträge i. S. d. Abs. 8 nicht zu berücksichtigen. Klarstellend wurde § 172 Abs. 4 HGB um den Satz ergänzt, dass bei der Berechnung des Kapitalanteils Beträge i. S. d. Abs. 8 nicht zu berücksichtigen sind.[5] Damit wurde auf die Kritik reagiert,[6] dass der mit der Ausschüttungssperre für KapG bezweckte Gläubigerschutz bei der Ermittlung der wiederauflebenden Haftung des Kommanditisten fehle.

 

Rz. 54

Gewinne dürfen bei den genannten Bilanzierungssachverhalten nur in der Höhe ausgeschüttet werden, dass die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags mindestens den aktivierten Beträgen der genannten Positionen – abzgl. der...

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