Rz. 124

Der durch das ESEF-UmsG[1] vom 12.8.2020 neu geschaffene Abs. 3a[2] sieht eine Erweiterung der Abschlussprüfung von Inlandsemittenten vor. Danach hat der Abschlussprüfer bzw. Konzernabschlussprüfer i. R. d. Prüfung auch zu beurteilen, ob die für Zwecke der Offenlegung erstellten elektronischen Wiedergaben des Jahres- bzw. Konzernabschlusses und die für Zwecke der Offenlegung erstellten elektronischen Wiedergaben des (Konzern-)Lageberichts (sog. "ESEF-Unterlagen") den Vorgaben des § 328 Abs. 1 HGB in allen wesentlichen Belangen entsprechen ("ESEF-Prüfung").

 

Rz. 125

Inlandsemittenten sind solche Unt, die Wertpapiere auf einem regulierten Markt begeben. § 328 Abs. 1 Satz 4 HGB verpflichtet diese Unt, ihren Jahresabschluss, Konzernabschluss, Lagebericht, Konzernlagebericht und sowie ihre Bilanz- und Lageberichtseide in dem einheitlichen elektronischen Berichtsformat (European Single Electronic Format (ESEF) im XHTML-Format) und weitergehend ihren IFRS-Konzernabschluss zudem mit Auszeichnungen (sog. Tags) nach Maßgabe der Artikel 4 und 6 ESEF-VO offenzulegen.

 

Rz. 126

Ausweislich des Gesetzestextes ist die Prüfung der ESEF-Konformität der ESEF-Unterlagen Bestandteil der gesetzlichen Abschlussprüfung von Emittenten, die nach den vom IDW festgestellten deutschen Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) durchzuführen sind. Prüfungen nach den GoA haben jedoch stets historische Finanzinformationen zum Gegenstand. Demgegenüber erstreckt sich die Prüfung der ESEF-Konformität auf die Beurteilung, ob die betroffenen Einzelinformationen des Abschlusses und des Lageberichts unter Beachtung bestimmter Vorgaben in allen wesentlichen Belangen ordnungsgemäß in ein elektronisches Wiedergabeformat (XHTML-Darstellung) überführt – ohne dass ein Prüfungsurteil über die in den ESEF-Unterlagen enthaltenen Informationen abgegeben wird – und zusätzlich, ob die betroffenen Einzelinformationen des IFRS-Konzernabschlusses nach bestimmten Vorgaben in allen wesentlichen Belangen ordnungsgemäß elektronisch ausgezeichnet worden sind.[3]

Demzufolge muss die Abschlussprüfung insoweit unter Zugrundelegung des ISAE 3000 (Revised) erfolgen. Aufgrund des weiten sachlichen Anwendungsbereichs des ISAE 3000 sind Konkretisierungen der dort sehr allgemein dargestellten Prüfungsanforderungen notwendig, um den betroffenen Abschlussprüfern Hilfestellung bei Durchführung und Berichterstattung dieses Teils der Abschlussprüfung zu gewähren. Mit dem zuletzt am 20.6.2022 verabschiedeten IDW PS 410 liegt eine solche Konkretisierung vor.

 

Rz. 127

Der Abschlussprüfer hat bei Prüfung der ESEF-Unterlagen dieselben deutschen handelsrechtlichen und berufsrechtlichen Unabhängigkeitsvorschriften, dieselben Unabhängigkeitsvorschriften der EU-Abschlussprüferverordnung sowie dieselben sonstigen deutschen Berufspflichten einzuhalten, die auch für die Prüfung des Abschlusses und des Lageberichts gelten.[4]

 

Rz. 128

Da es sich bei der Prüfung um eine gesetzliche Erweiterung der gesetzlichen Abschluss- bzw. Konzernabschlussprüfung handelt, bedarf die Prüfung der ESEF-Unterlagen keiner eigenständigen Bestellung, einschl. Beauftragung.[5]

 

Rz. 129

Bei der Prüfungsplanung und -durchführung hat eine enge Abstimmung mit der Planung und Durchführung der Prüfung des Abschlusses und Lageberichts zu erfolgen. Insb. sind folgende Aspekte zu beachten:[6]

  • Festlegung einer Prüfungsstrategie, wie z. B. Nutzung der Arbeit eines für den Abschlussprüfer tätigen Sachverständigen, Umgang mit freiwillig vorgenommenen iXBRL-Auszeichnungen;
  • Wesentlichkeitsüberlegungen (technische Gültigkeit der geprüften ESEF-Unterlagen ist notwendige Voraussetzung für die ESEF-Konformität, Orientierung an den für die Prüfung von Abschluss und Lagebericht festgelegten Wesentlichkeitsgrenzen);
  • Erlangung eines Verständnisses von den Umständen der Prüfung (interne Kontrollen zur Erfüllung der Vorgaben der ESEF-VO an die technische Gültigkeit der geprüften Unterlagen, interne Kontrollen zur Erstellung einer inhaltsgleichen XHTML-Wiedergabe des geprüften Abschlusses und Lageberichts);
  • Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher Verstöße (Verstöße hinsichtlich der technischen Gültigkeit der ESEF-Unterlagen, der XHTML-Wiedergabe sowie der iXBRL-Auszeichnung, wenn einschlägig);
  • Erlangung von ausreichenden geeigneten Prüfungsnachweisen für die Wirksamkeit der internen Kontrollen bzgl. der Erstellung der ESEF-Unterlagen;
  • Andere Prüfungshandlungen zur Reaktion auf die beurteilten Risiken wesentlicher Verstöße (Beurteilungen der technischen Gültigkeit der ESEF-Unterlagen, der XHTML-Wiedergabe und der iXBRL-Auszeichnung);
  • Auswertung der Prüfungsfeststellungen und Bildung eines Prüfungsurteils;
  • Berichterstattung (gesonderter Vermerk im Bestätigungsvermerk, Ergänzung des Prüfungsberichts);
  • Kommunikation mit den für die Überwachung Verantwortlichen;
  • Nachträgliche Ereignisse (angemessene Reaktion auf Sachverhalte die dem Abschlussprüfer erst nach dem Tag der Erteilung des Bestätigungsvermerks bekannt werden).
[1]...

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