Rz. 11

Als absicherungsfähige Grundgeschäfte kommen nach § 254 Satz 1 HGB

  • VG,
  • Schulden,
  • schwebende Geschäfte und
  • mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen

in Betracht, sofern diese Posten oder Transaktionen risikobehaftet sind. Das abgesicherte Grundgeschäft kann während des Bestehens einer Hedge-Beziehung wechseln. So verhält es sich bei hoch wahrscheinlichen Warenbeschaffungsgeschäften in Fremdwährung, die bis zur Begleichung der Kaufpreisschuld gegen das Fremdwährungsrisiko abgesichert werden. Das Grundgeschäft bildet hier – bei entsprechender Dokumentation – zunächst die hochwahrscheinliche Transaktion, sodann das schwebende Beschaffungsgeschäft und nach Lieferung der Waren schließlich die bilanzierte Schuld gegenüber dem Lieferanten.

Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte und mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen, die kein absicherungsfähiges Risiko in sich tragen, können nicht Grundgeschäft einer Bewertungseinheit sein.[1] Allein schon aufgrund der fehlenden Vermögensgegenstandseigenschaft qualifiziert sich der originäre GoF ebenfalls nicht als Grundgeschäft einer Bewertungseinheit.[2]

Als absicherungsfähige Risiken kommen sowohl Wertänderungsrisiken (Fair-Value-Risiko) als auch Zahlungsstromrisiken (Cashflow-Risiko) in Betracht.[3] Das Wertänderungsrisiko bezeichnet das Risiko einer für den Bilanzierenden nachteiligen Änderung des beizulegenden Zeitwerts eines Grundgeschäfts in einem bestimmten Zeitraum. Das Zahlungsstromrisiko beschreibt das Risiko einer nachteiligen Veränderung der aus dem Grundgeschäft erwarteten Zahlungsströme.

 
Praxis-Beispiel

U hat eine Forderung aus Lieferungen und Leistungen i. H. v. 4 Mio. USD durch ein Devisentermingeschäft (Verkauf von 4 Mio. USD per Fälligkeit der Forderung) gegen währungsbedingte Wertschwankungen abgesichert.

Abgesichert wird der beizulegende Zeitwert eines einzelnen VG (Forderung aus Lieferungen und Leistungen). Die Absicherung betrifft das währungsbedingte Wertänderungsrisiko (Micro-Hedge als Fair-Value-Hedge). Wird der Fokus auf die Absicherung der künftigen Einzahlungen aus der Forderung gegen währungsbedingte Schwankungen gelegt, kann die Bewertungseinheit auch als Cashflow-Hedge interpretiert werden.

Zu den Risiken, denen ein Grundgeschäft ausgesetzt sein kann, zählen u. a.:[4]

  • Zinsänderungsrisiken: Sie betreffen sowohl festverzinsliche als auch variabel verzinsliche, als Grundgeschäft designierte Finanzinstrumente. Bei festverzinslichen Anleihen tritt das Zinsänderungsrisiko als Wertänderungsrisiko, bei variabel verzinslichen Anleihen als Zahlungsstromrisiko in Erscheinung.
  • Währungsrisiken: Der Wert eines Grundgeschäfts oder Zahlungsstroms aus einem Grundgeschäft kann durch eine Wechselkursänderung sinken. Typische, einem Währungsrisiko ausgesetzte Grundgeschäfte sind Fremdwährungsforderungen, Fremdwährungsverbindlichkeiten und schwebende Absatz- oder Beschaffungsgeschäfte, die in fremder Währung zu erfüllen sind.
  • Ausfall- oder Adressenrisiken: Risiko der nicht vollständigen oder nicht fristgerechten Leistung vertraglich geschuldeter Zahlungen durch einen Schuldner. Darunter fällt insb. das bonitätsbedingte Wertänderungsrisiko einer Forderung.
  • Preisänderungsrisiken: Sie umfassen andere Wertänderungsrisiken von VG und Schulden, etwa in Form von Warenpreisrisiken oder Aktienkursrisiken.

Das Gesetz zieht den Kreis der für bilanzielle Zwecke absicherungsfähigen Grundgeschäfte bewusst weit. Dem Gesetzgeber war daran gelegen, die aus den allgemeinen GoB abgeleitete Bilanzierungspraxis nicht zu beschneiden. Insb. die in der Praxis übliche Absicherung antizipativer Grundgeschäfte wird von der Regelung des § 254 HGB erfasst.[5]

 

Rz. 12

Für erwartete Transaktionen (antizipative Grundgeschäfte)[6] muss eine hohe Wahrscheinlichkeit für den tatsächlichen Abschluss des Rechtsgeschäfts bestehen, er muss mithin "so gut wie sicher"[7] sein. Davon ist auszugehen, wenn dem Abschluss "allenfalls noch außergewöhnliche Umstände entgegenstehen, die außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens liegen".[8] Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist anhand nachprüfbarer Fakten darzulegen; bloße Absichtserklärungen reichen nicht aus. Aktuelle Business-Pläne können die Absehbarkeit einer geplanten künftigen Transaktion untermauern.[9] Die Beurteilung der Verlässlichkeit von Business-Plänen hat sich u. a. auf folgende Indikatoren zu stützen:[10]

  • prozentualer Anteil von in der Vergangenheit designierten antizipativen Grundgeschäften, bei denen der tatsächliche Erwerb in der Folge nicht stattgefunden hat (Plan-Ist-Analyse);[11]
  • Art des designierten Grundgeschäfts; routinemäßigen Transaktionen, die im Zuge des normalen Liefer- und Leistungsverkehrs des Unt getätigt werden sollen, ist eine höhere Wahrscheinlichkeit zuzusprechen als einmaligen Transaktionen;[12]
  • finanzielle Situation des Unt; sie kann Aufschluss darüber geben, ob für die Durchführung der erwarteten Transaktion überhaupt genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen;
  • Möglichkeit zur Al...

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