3.3.6.1 Grundlagen

 

Rz. 159

Zur Abgrenzung der Verbindlichkeitsrückstellung aus Erfüllungsrückstand von den Drohverlustrückstellungen bei Dauerschuldverhältnissen vgl. Rz 132. Als Dauerschuldverhältnisse werden solche Vertragsverhältnisse bezeichnet, bei denen die Leistung über einen längeren Zeitraum erbracht und realisiert wird (zeitraumbezogene Leistungserbringung). Beispiele hierfür sind:

  • Miet-, Pacht- und Leasingverträge,
  • Verleihverträge,
  • Kredit- und Darlehensverträge,
  • Arbeitsverträge.
 

Rz. 160

Zu den Dauerschuldverhältnissen rechnen auch Sukzessivlieferverträge. Hierunter sind solche Verträge zu verstehen, bei denen der Abnehmer nach Bedarf Leistungen zu fest vereinbarten Konditionen abnehmen kann (z. B. Wasser, Gas, Strom, Abrufverträge für Rohstoffe und Waren). Kennzeichen derartiger Sukzessivlieferverträge ist, dass es sich um Rahmenkaufverträge handelt, bei denen die abzunehmende Menge bei Vertragsschluss unbekannt ist, im Extremfall sogar 0 betragen kann. Die eigentliche Leistungserbringung erfolgt durch Teillieferungen, die auf Abruf bzw. durch konkludentes Handeln (z. B. Verbrauch von Strom) des Abnehmers erfolgen.

 

Rz. 161

Bei tw. Erbringung einer einzelnen Sachleistung ist danach zu differenzieren, ob eine abschnittsweise Abrechnung (z. B. monatlich) vorgesehen ist oder nicht. Ist eine solche abschnittsweise Abrechnung vorgesehen, endet der Schwebezustand für den erbrachten Leistungsaustausch mit der Teilleistung. Sieht der Vertrag hingegen eine abschnittsweise Abrechnung nicht vor und kann eine derartige auch im Auslegungswege nicht ermittelt werden, ist der gesamte Vertrag im Schwebezustand.

3.3.6.2 Beschaffungsgeschäfte

 

Rz. 162

Eine Rückstellung für drohende Verluste kommt nur für den Teil eines Dauerschuldverhältnisses in Betracht, der am Abschlussstichtag noch nicht erfüllt ist.[1]

 

Rz. 163

Eine Drohverlustrückstellung ist für den schwebenden Teil des Dauerbeschaffungsgeschäfts nur dann zu bilden, wenn ein Verlust droht. Eine Rückstellung wegen entgangener Gewinne kommt demgegenüber nicht in Betracht (Rz 152).

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt schließt im März 01 einen Darlehensvertrag mit einer Bank zu einem zu diesem Zeitpunkt marktüblichen Festzinssatz von 7,5 %. Bei Aufstellung des Jahresabschlusses auf den 31.12.01 ist der Marktzinssatz infolge einer im vierten Quartal 01 einsetzenden Finanz- und Wirtschaftskrise auf 6,0 % gesunken.

Die Absenkung des Zinsniveaus bedeutet nicht automatisch, dass dem Unt in Zukunft Verluste drohen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass nicht zukünftig entgehende Gewinne vorliegen. Vielmehr ist der zukünftige Beitrag des Kreditvertrags zum Unternehmenserfolg mit den zukünftig noch zu zahlenden Aufwendungen zu vergleichen. Die Tatsache, dass der Kreditgeber das Darlehen voraussichtlich bis Laufzeitende im Unt belässt, kann dabei auch einen nicht zu unterschätzenden Erfolgsbeitrag für das Unt bedeuten. Eine Rückstellung für drohende Verluste ist nicht zu bilden.

 

Rz. 164

In den Fällen, in denen die Gegenleistung für das Unt objektiv wertlos ist (Fehlmaßnahmen), ist eine Drohverlustrückstellung zu bilden. Ein Ansatz von Drohverlustrückstellungen bei Dauerschuldverhältnissen erfordert die Widerlegung der für schwebende Geschäfte geltenden Ausgeglichenheitsvermutung.

 
Praxis-Beispiel

Ein norddeutsches Unt beabsichtigt, eine neue Zweigniederlassung in München zu errichten. Zu diesem Zweck wird im Oktober 01 ein Mietvertrag über Büroräumlichkeiten in München mit einer 5-jährigen Laufzeit, beginnend ab dem 1.1.02, abgeschlossen. Im Dezember 01 entscheidet die Geschäftsführung des Unt wegen eingetrübter Konjunkturaussichten, die Zweigniederlassung doch nicht zu errichten, da man sich auf den norddeutschen Kernmarkt konzentrieren möchte.

Im Jahresabschluss zum 31.12.01 ist eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden.

 

Rz. 165

Aber nicht nur für Fehlmaßnahmen kommt eine Drohverlustrückstellung in Betracht. Für den schwebenden Teil eines Dauerschuldverhältnisses ist dann eine Drohverlustrückstellung erforderlich, wenn die eigene Leistungsverpflichtung die zu empfangenden Leistungen übersteigt (Verpflichtungsüberschuss), auch wenn über die gesamte Laufzeit des Dauerschuldverhältnisses Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sein mögen.[2] Es ist alleinig auf den noch schwebenden Teil des Geschäfts abzustellen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt hat am 1.7.01 ein Swapgeschäft mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen. Das Swapgeschäft stellt annahmegemäß kein Sicherungsgeschäft i. S. e. Bewertungseinheit nach § 254 HGB dar. In den Jahren 01 und 02 hat das Swapgeschäft gute Erträge für das Unt abgeworfen, da der Referenzzins (EURIBOR) ständig gestiegen ist. Gegen Ende des Jahrs 03 sinkt das Markzinsniveau dramatisch. Zwar weist die GuV für das Jahr 03 insgesamt noch einen positiven Ergebnisbeitrag aus dem Swapgeschäft aus; am Abschlussstichtag 31.12.01 (und annahmegemäß auch im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung) ist der Marktwert (ermittelt nach der Mark-to-market-Methode) des Swapgeschäfts jedoch negativ i. H. v. 100 GE.

Es ist eine Rück...

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