Rz. 69

Es wird teilweise die Auffassung vertreten, dass es sich bei diesem Posten lediglich um eine Bilanzierungshilfe oder um eine periodengerechte Aufwandsabgrenzung handelt. Allerdings hat der BFH geurteilt, dass unfertige Erzeugnisse und Leistungen einen VG darstellen und bilanzrechtlich auch entsprechend auszuweisen sind.[1] Zu den unfertigen Erzeugnissen gehören alle noch nicht verkaufsfähigen Produkte, für die im Unt durch Be- oder Verarbeitung bereits Aufwendungen entstanden sind.

 
Praxis-Beispiel

Langfristige Fertigungsaufträge (z. B. Bauten) werden bis zur Abnahme durch den Kunden und die Ausstellung der Endabrechnung unter den unfertigen Erzeugnissen erfasst. Ebenso gelten Erzeugnisse, die einem Reifeprozess unterliegen, bspw. Holz, Wein, Whiskey oder Käse, als unfertige Erzeugnisse. Gleiches gilt für unfertige immaterielle VG, z. B. zur Veräußerung bestimmte EDV-Software oder noch nicht fertige Filme bei reiner Auftragsproduktion, wobei aus Gründen der Übersichtlichkeit ein gesonderter Ausweis als Programm- bzw. Filmvermögen vorgenommen werden kann.[2]

 

Rz. 70

Typischerweise zählen zu den unfertigen Leistungen u. a. noch nicht abgeschlossene Beratungsleistungen einer Unternehmensberatung oder unfertige Bauten, die von BauUnt auf fremdem Grund und Boden errichtetet wurden. Als genauere Postenbezeichnung können z. B. "nicht abgerechnete Bauten" oder "unfertige Bauten und Leistungen" verwendet werden.[3]

 

Rz. 71

Im Produktionsprozess entstandene Abfallstoffe sind ebenfalls als unfertige Leistung aufzufassen, sofern sie erneut dem Produktionsprozess zugeführt werden. Bei Verkaufsabsicht gelten sie als "fertige Erzeugnisse".[4] In Veredelungsprozessen werden die dem Veredeler gelieferten Rohstoffe beim Auftraggeber unverändert aktiviert. Der Veredeler selbst weist unfertige Erzeugnisse oder unfertige Leistungen aus, wenn selbst beschafftes Material in einem großen Umfang eingesetzt wurde. Ist er wirtschaftlicher Eigentümer des zu bearbeitenden Materials, wird das Material entweder als Rohstoff oder als unfertiges Erzeugnis aktiviert; gleichzeitig wird die Lieferverpflichtung in selbiger Höhe passiviert.[5]

[2] Vgl. Forster, WPg 1988, S. 321 ff.; Wriedt/Fischer, DB 1993, S. 1684 ff.
[3] Vgl. Hofer, DStR 2001, S. 636.
[4] Vgl. Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 266 HGB Rz 76 f., Stand: 7/2022, ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 266 HGB Rz 108.
[5] Vgl. Labrenz/Schmidt, in Castan u. a., Beck HdR, B 214 Rz 16, Stand: 1/2023.

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