Rz. 64

Vorräte dienen dem eigentlichen Geschäftszweck des Unt, also unmittelbar der Produktion oder dem Handel. Die Vorräte sind gem. § 266 Abs. 2 B. I. HGB in der Reihenfolge des betrieblichen Produktionsprozesses in folgende Unterposten aufzugliedern:

  1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
  2. Unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen
  3. Fertige Erzeugnisse und Waren
  4. Geleistete Anzahlungen

Als problematisch gilt in manchen Fällen die Abgrenzung zwischen den einzelnen Vorratsarten, denn viele Rohstoffe können ebenso wie unfertige Erzeugnisse und unfertige Leistungen, statt weiterverarbeitet zu werden, in einem unfertigen Zustand verkauft werden. Ein ähnliches Problem ergibt sich bei der Vermischung von selbst erstellten Erzeugnissen und hinzugekaufter Ware. Ein VG ist nicht mehr als Roh- oder Hilfsstoff auszuweisen, wenn die Produktion begonnen hat. Derartige Zuordnungsprobleme können umgangen werden, indem durch eine nachvollziehbare Zuordnung gesonderte Posten geschaffen werden, wie bspw. die Zusammenfassung von unfertigen und fertigen Erzeugnissen zu Erzeugnissen.[1]

 

Rz. 65

Innerhalb der Vorräte sind Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen i. S. d. § 10ff. Zuteilungsverordnung[2] (sog. "Treibhausgas-Emissionsrechte" oder CO2-Zertifikate) trotz ihrer drei- bis fünfjährigen Gültigkeitsdauer (§ 6 Abs. 4 TEHG[3]) auszuweisen.[4] Ein Ausweis innerhalb der sonstigen VG ist vorzunehmen, wenn die Emissionsrechte nicht für Produktionszwecke verwendet werden.[5] Bei wesentlichen Beträgen ist ein gesonderter Ausweis zu empfehlen.[6]

[1] Vgl. Waubke/Schubert, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 266 HGB Rz 98 f.
[2] Vgl. Verordnung über die Zuteilung von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2013 bis 2020 (Zuteilungsverordnung 2020–ZuV 2020) v. 26.11.2011, BGBl I S. 1921.
[3] Vgl. Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen v. 8.7.2004, BGBl I S. 1578, und v. 21.7.2011, BGBl I S. 1475.
[4] Vgl. Rogler, KoR 2005, S. 261.
[5] Vgl. Wulf/Lange, IRZ 2011, S. 486.
[6] Vgl. IDW RS HFA 15.7, WPg 2006, S. 575; Klein/Völker-Lehmkuhl, DB 2004, S. 334.

3.2.2.1 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Abs. 2 B. I. 1.)

 

Rz. 66

Rohstoffe sind entweder Stoffe der Urerzeugung (wie Erze, Holz, Rohöl oder Gase) oder erworbene Fertigungserzeugnisse aus vorgelagerten Produktionsstufen. Sie gehen im Produktionsprozess unmittelbar be- oder unverarbeitet als Hauptbestandteile in das Produkt ein bzw. in dem Produkt auf.

 
Praxis-Beispiel

In der Automobilproduktion werden ganze Baugruppen von Zulieferbetrieben gekauft und ohne weitere Verarbeitung verwendet; damit gelten sie als Rohstoffe. Als weitere Beispiele sind Bleche, Motoren, Pumpen, Batterien, Reifen, allgemein verwendbare Ersatzteile oder Radsätze im Waggonbau zu nennen.

 

Rz. 67

Hilfsstoffe hingegen sind im Produktionsprozess nur von untergeordneter Bedeutung. Das Abgrenzungskriterium ist quantitativer Art, also ob der jeweilige Gegenstand mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des Erzeugnisses wesentlichen Einfluss hat.[1]

 
Praxis-Beispiel

Nägel, Schrauben, Lacke oder auch Farb- und Konservierungsstoffe (bei Lebensmitteln) gelten ebenso wie das Verpackungsmaterial als Hilfsstoffe.

 

Rz. 68

Betriebsstoffe werden unmittelbar oder mittelbar im Produktionsprozess verbraucht und gehen somit nicht in dem Produkt oder der Leistung auf. Allerdings werden sie benötigt, damit die Betriebsmittel betriebsbereit sind.

 
Praxis-Beispiel

Brennstoffe, Energie, Reinigungs- und Schmiermaterial zählen zu den Betriebsstoffen. Auch werden dieser Position nicht ausgegebenes Büromaterial und Werbemittelbestände zugeordnet.[2]

[1] Vgl. Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 266 HGB Rz 74, Stand: 7/2022.
[2] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 266 HGB Rz 104 f.

3.2.2.2 Unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen (Abs. 2 B. I. 2.)

 

Rz. 69

Es wird teilweise die Auffassung vertreten, dass es sich bei diesem Posten lediglich um eine Bilanzierungshilfe oder um eine periodengerechte Aufwandsabgrenzung handelt. Allerdings hat der BFH geurteilt, dass unfertige Erzeugnisse und Leistungen einen VG darstellen und bilanzrechtlich auch entsprechend auszuweisen sind.[1] Zu den unfertigen Erzeugnissen gehören alle noch nicht verkaufsfähigen Produkte, für die im Unt durch Be- oder Verarbeitung bereits Aufwendungen entstanden sind.

 
Praxis-Beispiel

Langfristige Fertigungsaufträge (z. B. Bauten) werden bis zur Abnahme durch den Kunden und die Ausstellung der Endabrechnung unter den unfertigen Erzeugnissen erfasst. Ebenso gelten Erzeugnisse, die einem Reifeprozess unterliegen, bspw. Holz, Wein, Whiskey oder Käse, als unfertige Erzeugnisse. Gleiches gilt für unfertige immaterielle VG, z. B. zur Veräußerung bestimmte EDV-Software oder noch nicht fertige Filme bei reiner Auftragsproduktion, wobei aus Gründen der Übersichtlichkeit ein gesonderter Ausweis als Programm- bzw. Filmvermögen vorgenommen werden kann.[2]

 

Rz. 70

Typischerweise zählen zu den unfertigen Leistungen u. a. noch nicht abgeschlossene Beratungsleistungen einer Unternehmensberatung oder unfertige Bauten, die von BauUnt auf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge