1 Überblick

 

Rz. 1

Kaufleute müssen ihrer Buchführungspflicht und der Pflicht zur Aufbewahrung der Unterlagen nicht ausschl. in Papierform nachkommen. Die Unterlagen können auf Datenträgern geführt (§§ 238 Abs. 2, 239 Abs. 4 HGB) und teilweise als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden (§ 257 Abs. 3 HGB; gilt nicht für Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse). § 261 HGB konkretisiert ergänzend die Vorlage solcher ausschließl. auf Bild- oder Datenträgern dokumentierten Unterlagen durch den Kaufmann. Diesen Speicherformen gleichzusetzen sind neuere Speicherungsformen, wie das Speichern von Daten in einer Cloud. Die Vorschrift setzt eine Vorlagepflicht nach anderen Vorschriften voraus. Ihr Anwendungsbereich ist aber nicht auf eine gerichtlich angeordnete Vorlagepflicht nach § 258 HGB beschränkt, sondern gilt auch bei anderen Vorlagepflichten.[1] Die Vorschrift soll den Rechtsverkehr erleichtern und die Kostenübernahme klären. Dazu verpflichtet sie den vorlagepflichtigen Kaufmann zur Bereitstellung der Unterlagen in lesbarer Form und ggf. zur Anfertigung von Ausdrucken bzw. Reproduktionen und sie verpflichtet ihn zur Übernahme der dazu anfallenden Kosten.

[1] Vgl. BT-Drs. IV/2865 v. 19.12.1964 S. 9.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

§ 261 HGB konstituiert keine Vorlagepflichten für Kaufleute. Die Vorschrift setzt diese voraus (Rz 3). Die Pflichten und Rechte aus § 261 HGB beziehen sich nur auf solche vorzulegenden Unterlagen, die beim Kaufmann ausschl. auf einem Bild- oder Datenträger und nicht in anderer Form, insb. auf Papier, vorliegen. Von den nach § 257 Abs. 1 HGB aufzubewahrenden Unterlagen kann dies Lageberichte, Konzernlageberichte, Inventare, Handelsbücher, zu ihrem Verständnis notwendige Arbeitsanweisungen und sonstige Organisationsunterlagen, empfangene Handelsbriefe sowie Wiedergaben abgesandter Handelsbriefe und Buchungsbelege betreffen (§ 257 Abs. 3 HGB). Eröffnungsbilanzen, Jahres- und Konzernabschlüsse betrifft die Vorschrift nicht. Sie sind zur Erfüllung der Aufbewahrungspflichten nach § 257 Abs. 1 HGB nicht ausschl. auf Bild- oder Datenträgern verwahrbar (§ 257 Abs. 3 Satz 1 HGB). Vorlagepflichten treffen auch solche Unterlagen, die nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen noch vorhanden sind (z. B. § 258 Rz 8; zur Kostentragung in diesen Fällen s. Rz 6).

 

Rz. 3

Unabhängig von der gesetzessystematischen Nähe ist § 261 HGB nicht auf die Vorlagepflichten des § 258 HGB beschränkt. Die Pflicht zur Vorlage von Unterlagen eines Kaufmanns kann auf zivil- oder prozessrechtlichen Rechtsgrundlagen beruhen. § 261 HGB findet auch auf Vorlagepflichten außerhalb gerichtlicher Verfahren Anwendung.[1] Strittig ist die Anwendbarkeit des § 261 HGB auf Strafprozesse. Der Streitpunkt bzgl. strafprozessrechtlicher Vorlagevorschriften bezieht sich insb. auf eine etwaige Kostenübernahmepflicht des Kaufmanns.[2]

[1] Vgl. BT-Drs. IV/2865 S. 9; sowie z. B. m. w. N. Reich/Szczesny/Voß, in Heidel/Schall, HGB Handkommentar, 2. Aufl. 2015, § 261 HGB Rn 2.
[2] Siehe weiterführend m. w. N. Pöschke, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2014, § 261 HGB Rn 5 f.

3 Mitwirkungspflichten

 

Rz. 4

Bewahrt ein Kaufmann Unterlagen ausschl. auf einem Bild- oder Datenträger auf, hat er nach § 261 HGB Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die die Unterlagen für den Einsichtnehmenden lesbar gestalten. § 261 HGB verpflichtet den Kaufmann, die Lesbarkeit am Erfüllungsort der Vorlagepflicht (im Prozess regelmäßig vor dem Prozessgericht)[1] sicherzustellen. Mit welchen Hilfsmitteln der Kaufmann dies erreicht, regelt die Vorschrift nicht. Einzelfallabhängig sind alle erforderlichen technischen und personellen Hilfsmittel vom Kaufmann bereitzustellen. Bei einer EDV-basierten Buchführung betrifft dies bspw. die Bereitstellung von Speichermedien und entsprechender Wiedergabegeräte (z. B. Notebook mit gespeicherten Daten oder Zugangsschnittstellen zum Speichermedium wie bspw. CD-Laufwerken oder USB-Schnittstellen). Zur Bedienung der technischen Hilfsmittel hat der Kaufmann in hinreichender Zahl ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen. Eine Vorlage der Originale schreibt § 261 HGB nicht ausdrücklich vor. Bei der Wiedergabe von Reproduktionen hat der Vorlegende aber auf seine Kosten den Nachweis zur Übereinstimmung von Reproduktion und Original zu erbringen.[2] Der Kaufmann hat auch sämtliche Hilfsmittel aufzubringen, um einem Einsichtsberechtigten oder einem hinzugezogenen Sachverständigen nach deren Willen lesbare Unterlagen in seinen Geschäftsräumen zur Verfügung zu stellen.

 

Rz. 5

Sofern Ausdrucke oder Reproduktionen der Unterlagen oder Inhalte daraus erforderlich sind, hat der Kaufmann diese anzufertigen (§ 261 2. Hs. HGB). Auch sie müssen lesbar sein. Ihre Notwendigkeit und die Anzahl der Reproduktionen bzw. Ausdrucke ist einzelfallabhängig. Insb. zur vollständigen Führung von Gerichtsakten ist in gerichtlichen Rechtsstreitigkeiten die Bereitstellung von Ausdrucken oder ohne Hilfsmittel lesbaren Reproduktionen im Regelfall notwendig.[3] Sie können z. B...

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