Rz. 85

Gem. § 246 Abs. 1 Satz 3 HGB sind Schulden in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen. Danach sind grds. alle im eigenen Namen eingegangenen Schulden zu passivieren. Das kaufmännische Vorsichtsprinzip erfordert, dass der rechtlich Verpflichtete Verbindlichkeiten stets zu bilanzieren hat, auch wenn wirtschaftlich ein Dritter die Belastung zu tragen hat. Eventuelle Ersatzansprüche an einen Dritten sind zu aktivieren, eine Saldierung ist gem. § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB unzulässig.[1]

Treuhänderisch eingegangene Verbindlichkeiten sind beim Treuhänder auszuweisen, wenn er die Verpflichtungen Dritten ggü. im eigenen Namen eingegangen ist, denn er trägt das Risiko der Inanspruchnahme durch den Dritten auch für den Fall, dass kein Ausgleich zu erlangen ist. Der ihm aus dem Treuhandvertrag zustehende Anspruch gegen den Treugeber auf Freistellung von der Verbindlichkeit oder auf Erstattung seiner Auslagen ist zu aktivieren.[2] Dabei ist eine Kenntlichmachung, dass es sich um Ansprüche und Verbindlichkeiten aus Treuhandgeschäften handelt, zweckmäßig. Der Treugeber hat unabhängig von der Bilanzierung beim Treuhänder aufgrund der wirtschaftlichen Zurechnung ebenfalls die primäre Verbindlichkeit zu bilanzieren.

 

Rz. 86

Bei einer Erfüllungsübernahme hat ein Dritter für den Schuldner die Erfüllung einer Verbindlichkeit übernommen. Sofern im Innenverhältnis eine endgültige Entlastung des Schuldners beabsichtigt ist und der Schuldner ggü. dem Übernehmer eine Gegenleistung erbringt, hat der Übernehmer die Verbindlichkeit als seine eigene zu passivieren. Der Schuldner hat die Verbindlichkeit bis zu ihrer Erfüllung durch den Dritten weiter zu bilanzieren. Der aus der Übernahme folgende Freistellungsanspruch gegen den Dritten ist auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen, da der Gläubiger den Schuldner persönlich in Anspruch nehmen kann.[3] Die Auswirkungen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die Bilanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen hängt von der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall (z. B. Erfüllungsübernahme nur im Innenverhältnis, entgeltliche Übertragung) ab.[4]

 

Rz. 87

Bei Vorliegen einer Gesamtschuld kann der Gläubiger gem. § 421 BGB von jedem der Schuldner die Leistung ganz oder tw. verlangen. Daher hat jeder Schuldner die Verbindlichkeit in voller Höhe in seiner Bilanz auszuweisen. Soweit ein Schuldner die Gesamtschuld beglichen hat, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner nach § 426 BGB auf ihn über. Die wirtschaftliche Belastung des Bilanzierenden kann durch den Rückgriffsanspruch reduziert werden. Eine Saldierung ist unter dem Gesichtspunkt des Verrechnungsverbots grds. nicht vorzunehmen. Besteht jedoch im Innenverhältnis eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Schuldnern, dass jeder die Schuld anteilig zu erbringen hat, genügt es, wenn jeder von ihnen die Verbindlichkeit i. H. seines Anteils ausweist, sofern zu erwarten ist, dass jeder Schuldner seinen Anteil bei Fälligkeit begleichen wird. Der die anteilige Schuld übersteigende Betrag ist als Haftungsverhältnis gem. § 251 HGB zu vermerken. Ist dagegen wahrscheinlich, dass der Bilanzierende mit dem vollen Betrag in Anspruch genommen wird, ist die Verbindlichkeit in vollem Umfang zu passivieren. Die gegen die Mitschuldner bestehenden Ausgleichsansprüche sind zu aktivieren.[5]

 

Rz. 88

Im Fall einer Schuldmitübernahme bzw. eines Schuldbeitritts ist nach deren Zweck zu unterscheiden. Bietet diese dem Gläubiger nur eine zusätzliche Sicherheit, ohne dass eine wirtschaftliche Belastung des Schuldbeitretenden bezweckt ist, ist solange ein Haftungsverhältnis anzunehmen, wie eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger nicht droht. Soll der Beitretende dagegen die Schuld auch wirtschaftlich ganz oder tw. übernehmen, hat er die Schuld wie bei einer Erfüllungsübernahme zu passivieren. Beim ersten Schuldner, der rechtlich zur gesamten Leistung verpflichtet bleibt, darf auf die Bilanzierung der Verbindlichkeit nur verzichtet werden, wenn seine Inanspruchnahme so gut wie ausgeschlossen ist. Ist dies nicht der Fall, sind die Verbindlichkeiten sowie ein Freistellungsanspruch gegen den Übernehmer zu bilanzieren.

[1] Vgl. Lutz/Schlag, in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, Handbuch des Jahresabschlusses (HdJ) III/3, Rz 48, Stand: 3/2017.
[2] Sog. Bruttodarstellung.
[3] Alternativ wird auch eine Absetzung des Freistellungsanspruchs von der Verbindlichkeit in der Vorspalte der Passivseite für zulässig gehalten, vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 246 HGB Rz 417 f.
[4] Vgl. IDW RS HFA 30.96 ff. n. F.
[5] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 246 HGB Rz 419 f.

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