Rz. 21

Seit dem Gj 2016 haben kleine KapG und Ges. nach § 264a HGB im Anhang den Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen anzugeben, da die Befreiung im § 288 Abs. 1 HGB mit dem BilRUG gestrichen wurde. Die Art. 16 Abs. 1d der RL 2013/34/EU umsetzende Angabepflicht nach Nr. 3a zielt somit bis auf die KleinstKapG (für die jedoch ggf. eine Angabepflicht aus § 264 Abs. 2 HGB resultieren könnte) für alle anhangerstellenden Unt darauf, die für die Finanzlage wesentlichen finanziellen Verpflichtungen aufzudecken, die sich nicht schon aus der Bilanz ergeben.[1] Hiernach sind die im Jahresabschluss nicht enthaltenen Angaben über "sonstige finanzielle Verpflichtungen" im Anhang aufzuführen. Bei diesen Verpflichtungen geht es um solche, die nicht schon als Verbindlichkeit oder als Rückstellung in der Bilanz passiviert wurden und auch nicht gem. § 251 HGB als Haftungsverhältnisse unter der Bilanz vermerkt (§ 251 Rz 1 ff.) bzw. unter § 268 Abs. 7 HGB aufzuführen, mit § 285 Nr. 3 HGB zu beschreiben und unter § 285 Nr. 19 HGB im Zusammenhang mit nicht zum beizulegenden Zeitwert bilanzierten derivativen Finanzinstrumenten zu nennen sind. Insofern stellt sich diese Angabepflicht als eine Auffangvorschrift dar.[2] Die mit dem BilRUG vorgenommene Veränderung von Nr. 3a resultiert aus Folgeänderungen der Darstellung der finanziellen Verpflichtungen (Haftungsverhältnisse) (Rz 27). Um angesichts der Überschneidung des sachlichen Anwendungsbereichs mit § 285 Nr. 3 HGB mögliche Doppelerfassungen auszuschließen, sollen hier nur Angaben aufgenommen werden, die nicht schon dort enthalten sind. Zur Vermeidung einer Doppelerfassung ist stets eine Einzelfallprüfung geboten.[3]

 

Rz. 22

Eine Legaldefinition der "finanziellen Verpflichtung", die nicht mit dem Rechtsbegriff der "Verbindlichkeit" identisch ist, existiert nicht. Daher sind darunter solche zum Bilanzstichtag bestehenden Verpflichtungen zu verstehen, die erst in der Zukunft zu Ausgabepflichten führen werden, ohne dass es sich dabei zwingend um vertragliche oder gesetzliche Pflichten handelt. In der Gesetzesbegründung zum BilMoG werden finanzielle Verpflichtungen als solche Verpflichtungen bezeichnet,

  • die aus schwebenden Rechtsgeschäften oder gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen folgen,
  • die zu einer wesentlichen Belastung der Finanzlage eines Unt führen können sowie
  • Verpflichtungen aus öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen, die sich noch nicht in einer Weise verdichtet haben, die einen Bilanzausweis rechtfertigen.[4]

Des Weiteren werden als Beispiele für sonstige finanzielle Verpflichtungen (soweit nicht bereits unter § 285 Nr. 3 HGB oder nach § 251 HGB benannt)

  • zwangsläufige Folgeinvestitionen bereits begonnener Investitionsvorhaben,
  • mehrjährige Verpflichtungen aus Miet- und Pachtverträgen oder anderen Dauerschuldverhältnissen,
  • notwendig werdende Umweltschutzmaßnahmen auf Basis öffentlich-rechtlicher Vorgaben,
  • ungewöhnlich hohes Bestellobligo oder andere schwebende Geschäfte,
  • sonstige Haftungsverhältnisse für fremde Verbindlichkeiten, z. B. Konsortialhaftungen, gesetzliche Gesamtschuldverhältnisse, …,
  • bedingte Verbindlichkeiten, z. B. für bedingt rückzahlbare Zuwendungen/Zuschüsse, …, und
  • künftige für das Unt unabwendbare Großreparaturen, bei denen noch keine vertraglichen Vereinbarungen vorliegen

genannt.[5]

 
Praxis-Beispiel

Sonstige finanzielle Verpflichtungen[6]

„Operating Lease: Der Nutzung von Kfz, Gabelstaplern, IT-Hardware, Gebäude sowie Kopierern liegen teilweise Operating-Leasingverträge zugrunde. Der Abschluss von Leasingverträgen dient der Verringerung der Kapitalbindung und verlagert das Risiko der Verwertung auf den Leasinggeber. Die Leasingverträge haben Laufzeiten bis maximal 2024. Die Gesamtverpflichtung aus diesen Leasingverträgen beträgt 11.164 TEUR (Vj. 11.580 TEUR). Den wesentlichen Anteil hierin haben die Mietverpflichtungen für Gebäude über 9.517 TEUR (Vj. 9.287 TEUR). Darüber hinaus bestehen Verpflichtungen aus Umlagen gegenüber verbundenen Unternehmen aus Management-Fee-Verträgen. In 2021 resultierten hieraus Verpflichtungen in Höhe von 2.854 TEUR (Vj. 3.237 TEUR).

Die übrigen sonstigen finanziellen Verpflichtungen liegen im Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs”.

 

Rz. 23

Der Begriff der "finanziellen Verpflichtungen" i. S. v. Nr. 3a ist dabei enger gefasst als der Begriff "Risiko" i. S. v. Nr. 3. Ist eine "finanzielle Verpflichtung" im Regelfall mit einem Ressourcenabfluss verknüpft, umfasst der Begriff "Risiko" auch unwahrscheinliche Ressourcenabflüsse.[7] In der Literatur wird als Abgrenzungskriterium vorgeschlagen, dass unter Nr. 3 die Geschäfte zu nennen sind, bei denen durch Nebenabreden oder besonderen Vereinbarungen bewusste Gestaltungsüberlegungen des Managements in Bezug auf die Finanzlage umgesetzt wurden, während unter Nr. 3a dies nicht erfolgte.[8]

Für die sich aus den beispielhaft aufgezählten Dauerschuldverhältnissen ergebenden finanziellen Verpflichtungen wird sich eine Einstufung als für die Beurteilung der Finanzlage bedeut...

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