Rz. 19

Der Begriff der Treuhand ist gesetzlich nicht geregelt. Ein Treuhandverhältnis liegt vor, wenn aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung oder Kraft Gesetz die Befugnisse an einem VG vom Treugeber an den Treunehmer (Treuhänder) übertragen wird. Es handelt sich mithin um die anvertraute Verfügung über Sachen und Rechten, die im Interesse einer anderen Person ausgeübt werden soll. Neben der Übertragung des rechtlichen Eigentums vereinbaren die Parteien hierbei, dass der Treuhänder über den VG (Treugut) zwar im eigenen Namen, aber nur für Rechnung des Treugebers verfügen darf. Bei einem Treuhandverhältnis verwaltet der Treuhänder das Treugut im Interesse und für Rechnung des Treugebers. Der Treuhänder erhält für seine Tätigkeit i. d. R. lediglich eine Vergütung.

Bei einer rechtsgeschäftlichen Treuhand fallen das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum i. d. R. auseinander. Die bilanzielle Behandlung des Treuguts richtet sich nach dem wirtschaftlichen Eigentum (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB). Eine Ausnahme stellt die ausdrückliche Regelung für Institute (Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute) sowie Zweigstellen i. S. d. § 1 RechKredV[1] in § 6 RechKredV dar, wonach das Treugut immer in der Bilanz eines Instituts, allerdings unter gesonderter Bezeichnung bzw. unter der Bilanz einer Kapitalanlagegesellschaft auszuweisen ist.

Grds. wird das Treugut in der Bilanz des Treugebers (i. d. R. rechtlicher Eigentümer) aktiviert. Das gilt auch dann, wenn der Treuhänder das Treugut zu treuen Händen für den Treugeber selbst hergestellt oder erworben hat.[2] Im Wesentlichen lassen sich drei Formen der Treuhand unterscheiden:

 

Rz. 20

Eine Vollrechtstreuhand (auch als fiduziarische bzw. echte Treuhand bekannt) liegt vor, wenn der Treuhänder das zivilrechtliche Eigentum an dem Treugut erwirbt. Trotz des rechtlichen Eigentumsübergangs sehen die vertraglichen Regelungen vor, dass die Risiken des Untergangs sowie die Nutzungen und Lasten beim Treugeber verbleiben. Darüber hinaus hat der Treugeber ggü. dem Treuhänder einen Anspruch auf Rückübertragung des treuhänderisch gehaltenen Vermögens. Damit tritt zwar der Treuhänder im Rechtsverkehr nach außen als Eigentümer auf, im Innenverhältnis ist jedoch allein der Treugeber weiterhin berechtigt und verpflichtet.[3] Der Treugeber verfügt somit auch weiterhin wirtschaftlich über das Treugut. In diesem Fall sind die übertragenen VG dem Treugeber zuzurechnen und in seiner Bilanz zu aktivieren.

 

Rz. 21

Dagegen bleibt i. R. d. Ermächtigungstreuhand (unechte Treuhand) der Treugeber Vollrechtsinhaber. Er ermächtigt lediglich den Treuhänder i. R. d. § 185 BGB, das Treugut zu verwalten. Somit liegt im Unterschied zur Vollrechtstreuhand neben dem wirtschaftlichen auch das rechtliche Eigentum beim Treugeber. Der Treuhänder wird weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich zum Eigentümer. In diesem Fall ist das Treugut (erst recht) bei dem Treugeber zu aktivieren.

 

Rz. 22

Bei einer doppelseitigen Treuhand wird das Treugut vom Gläubiger und Schuldner (beide sind Treugeber) auf einen Dritten (Treuhänder) übertragen. Dieser verwaltet das Treugut im Interesse beider Treugeber. Diese Art der Treuhand kommt insb. im gerichtlichen Vergleichsverfahren oder im außergerichtlichen Liquidationsvergleich vor. Wachsende Bedeutung haben in diesem Zusammenhang auch die sog. Contractual Trust Arrangements (CTA) zur bilanziellen Auslagerung von Pensionsverpflichtungen. Bei der doppelseitigen Treuhand ist regelmäßig von den Parteien gewünscht, das wirtschaftliche Eigentum an dem Treugut aufrechtzuerhalten, sodass es bei einem Treugeber zu bilanzieren ist. Wer von den beiden Treugebern bilanzieren muss, hängt innerhalb dieser Beziehung ebenfalls vom wirtschaftlichen Eigentum ab. Da sich das Interesse des Gläubigers weitgehend auf die Befriedigung seiner Forderungen beschränkt, wird dies i. d. R. der Schuldner sein, der weiterhin Nutzen und Lasten aus dem übertragenen Treugut behalten will.[4]

 

Rz. 23

Umstritten ist die Frage, ob das Treugut in Anlehnung an § 6 Abs. 1 RechKredV trotz der Zurechnung zum Treugeber ebenfalls in der Bilanz des Treuhänders zu erfassen ist. Nach dieser Vorschrift haben die betroffenen Institute das Treugut in der Bilanz zu aktivieren und eine Herausgabeverpflichtung ggü. dem Treugeber als Treuhandverbindlichkeit zu passivieren. Mangels gesetzlicher Regelung bleibt für alle anderen Fälle unklar, ob der offene Ausweis analog § 6 Abs. 1 RechKredV ebenfalls auf die anderen Treuhänder Anwendung findet. Dies könnte noch am ehesten auf die Vollrechtstreuhand zutreffen, da der Treuhänder hier juristisch zum Eigentümer wird. Die h. M. geht jedoch weiterhin davon aus, dass der Treuhänder das Treugut nicht in der eigenen Bilanz zu aktivieren hat, jedoch zumindest ein Hinweis im Jahresabschluss, bspw. als Vermerk im Anhang einer KapG, erfolgen muss.[5] Eine völlige Nichtberücksichtigung der Treuhand ließe die tatsächlich bestehenden Rechtsbeziehungen des Treuhänders außer Acht (z. B. die Eintragung im Grundbuch). E...

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