Rz. 23

Ausgeschlossen ist die Bildung einer Steuerlatenz aus dem erstmaligen Ansatz eines GoF bzw. eines passiven Unterschiedsbetrags im Konzernabschluss (§ 306 Satz 3 HGB). Da der GoF die Residualgröße der Kaufpreisallokation darstellt, führt der Ansatz passiver latenter Steuern zu einer Erhöhung des GoF, was wiederum eine zusätzliche Abgrenzung latenter Steuern bedingen würde. Der Verzicht auf die Abgrenzung latenter Steuern auf den GoF dient der Vermeidung dieser iterativen GoF-Ermittlung.[1]

 

Rz. 24

In diesem Punkt offenbart sich ein Bruch zur Regelung des § 274 HGB. Übernimmt ein Erwerber alle Aktiva und Passiva eines anderen Unt im Wege eines asset deals, richtet sich die Bildung latenter Steuern nach § 274 HGB. Das gilt auch für einen etwaigen nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB anzusetzenden GoF. Wird der Erwerb als share deal abgewickelt, verbietet § 306 Satz 3 HGB einen Ansatz latenter Steuern für den sich ergebenden Konsolidierungsgoodwill (DRS 18.27a (2021)).

 
Praxis-Beispiel

Das Unt U, eine AG, ist das MU des U-Konzerns. U will den Konkurrenten T übernehmen. Zwei Szenarien zieht U in Betracht, nämlich den Erwerb sämtlicher Anteile an der T AG (share deal) und den Erwerb aller Aktiva und Passiva (asset deal) der T AG. Das in der HB erfasste Nettovermögen der T AG beträgt 20 Mio. EUR. Es umfasst keine stillen Reserven und keine stillen Lasten. Zu den Schulden gehört eine Drohverlustrückstellung i. H. v. 1 Mio. EUR. Da diese steuerlich keine Anerkennung gefunden hat, beläuft sich das Betriebsvermögen der T AG auf 21 Mio. EUR. U ist bereit, unabhängig von der Transaktionsstruktur einen maximalen Kaufpreis von 25 Mio. EUR zu zahlen.

Erfolgt die Übernahme von T im Wege eines share deal, ermittelt sich im Konzernabschluss ein GoF von 5 Mio. EUR. Im Fall eines asset deal ergibt sich zunächst ebenfalls, wenn auch auf der Ebene des Jahresabschlusses von U, ein GoF von 5 Mio. EUR. Da dieser in der Steuerbilanz wegen der Nichtpassivierung der Drohverlustrückstellung um 1 Mio. EUR niedriger ausgewiesen wird, liegt eine zu versteuernde temporäre Differenz von 1 Mio. EUR vor, für die passive latente Steuern zu berücksichtigen sind. Diese erhöhen ihrerseits wiederum den GoF, was Anlass zu einer erneuten Anpassung der latenten Steuern gibt. Der letztlich anzusetzende Betrag passiver latenter Steuern ermittelt sich nach folgender Formel:

 
  Temporäre Differenz in Bezug auf den GoF × Steuersatz  
(1 – Steuersatz)

Er beträgt im Beispiel 428.571 EUR. Das ergibt einen GoF in der HB von 5.428.571 EUR.

Das Ergebnis ist unbefriedigend. Obwohl der Erwerb im Konzernabschluss wie ein asset deal abgebildet wird, weicht die bilanzielle Abbildung von jener des Jahresabschlusses ab. Das ist allein die Folge der abweichenden tatsächlichen Transaktionsstruktur. Hiergegen mag man einwenden, auch bei Existenz stiller Reserven oder stiller Lasten führe ein asset deal zu einer anderen bilanziellen Darstellung als ein share deal. Hier geht es allerdings allein um die abweichende Behandlung des GoF. Im Konzernabschluss sollen für ihn keine latenten Steuern gebildet werden, weil er eine Residualgröße darstelle. Für den Jahresabschluss lässt § 274 HGB dieses Argument dagegen nicht gelten. Das erscheint wertungswidersprüchlich. Ursächlich für diesen Konflikt ist die mangelnde inhaltliche Abstimmung der Regelungen über latente Steuern im Jahresabschluss und Konzernabschluss. Eine einheitliche Regelung entsprechend dem Vorbild von IAS 12 würde derartige Verwerfungen vermeiden.

 

Rz. 25

Diese Kritik aufgreifend sollte mit DRS 18.27b i. d. F. E-DRÄS 11 das Ansatzverbot nach § 306 Satz 3 HGB auch für latente Steuern auf Buchwertdifferenzen aus dem erstmaligen Ansatz eines GoF nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB – mithin im Zuge eines asset deals – angewendet werden dürfen. Diese Regelung wurde jedoch nicht in die endgültige Fassung des DRÄS 11 übernommen. Stattdessen erwähnt nur noch die Begründung zu dem neu gefassten Standard die in der Literatur tw. vertretene analoge Anwendung des § 306 Satz 3 HGB. Dieser defensivere Umfang mit der GoF-Thematik ist der fehlenden gesetzlichen Regelung geschuldet. Die sich daraus ergebenden Auslegungsvarianten sollten durch DRS 18 (2021) nicht eingeschränkt werden.[2]

 

Rz. 26

DRS 18.25 fordert in der bisherigen Fassung im Fall eines steuerlich abzugsfähigen GoF die Berücksichtigung latenter Steuern. Ob die Ermittlung der latenten Steuern mit oder ohne Berücksichtigung der Iteration erfolgt, ist wohl im Einzelfall unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (§ 274 Rz 90 ff.).[3]

Eine Klarstellung sollte durch DRS 18.27c (2021) insoweit erfolgen, als für Buchwertdifferenzen beim GoF bzw. passiven UB, soweit sie auf einem steuerlich abzugsfähigen GoF oder einem steuerlich zu berücksichtigenden passiven UB zurückzuführen sind, latente Steuern zu berücksichtigen sind. Dies entspricht der gängigen Auffassung zu temporären Differenzen aus der Folgebewertung eines GoF aus einem asset deal. Auch diese Regelung wurde nicht in die endgü...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge