Rz. 45

Beim Erwerb eines VG auf Rentenbasis bestimmt sich die Höhe des Anschaffungspreises durch den Barwert der eingegangenen Rentenverpflichtung (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB) im Zeitpunkt des Erwerbs (§ 253 HGB).[1]

 

Rz. 46

Zur Ermittlung des Barwerts der eingegangenen Rentenverpflichtung ist regelmäßig der restlaufzeitkongruente durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Gj heranzuziehen (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB); bei einem größeren Bestand solcher Rentenverpflichtungen ist – aus Vereinfachungsgründen – auch eine Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt, zulässig (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB). Die im Einzelnen anzuwendenden Abzinsungssätze werden von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben (§ 253 Abs. 2 Satz 4 HGB).[2]

 

Rz. 47

Bei Rentenzahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines VG lassen sich grds. zwei Formen von Renten unterscheiden. Zum einen kann für den erworbenen VG die Zahlung einer Rente über einen vorher fest vereinbarten begrenzten Zeitraum erfolgen (Zeitrente).[3] In diesem Fall ermittelt sich der Barwert der eingegangenen Rentenverpflichtung durch Abzinsung aller vereinbarten Zahlungen auf den Erwerbszeitpunkt. Zum anderen ist die Kopplung der Rentenzahlungen an die Lebenszeit einer Person – regelmäßig an die des Verkäufers – möglich und üblich (Leibrente). In einem solchen Fall ist die Ermittlung des Barwerts der eingegangenen Rentenverpflichtung nur unter Zuhilfenahme versicherungsmathematischer Verfahren unter Einbeziehung der Lebenserwartung des Begünstigten der Rente möglich. Hierfür ist die Lebenserwartung der jeweils aktuellsten Version der Sterbetafel zu entnehmen; dabei sind jegliche individuellen Faktoren außer Acht zu lassen.[4]

 

Rz. 48

Erhöhungen der Rentenzahlung, die dem Beschaffungsvorgang nachgelagert sind, sind bei der Ermittlung der AK nur dann zu berücksichtigen, wenn diese bereits beim Erwerb vertraglich vereinbart und nicht vom Eintritt bestimmter zukünftiger Ereignisse abhängig gemacht wurden.[5] In allen anderen Fällen der nachträglichen Erhöhung der Rente, z. B. auch bei vereinbarten Wertsicherungsklauseln, begründet sich die Anpassung nicht mehr aus dem Erwerb des VG, sondern aus dem der Beschaffung nachgelagerten Finanzierungsgeschäft, sodass von einer solchen Anpassung nur noch die Höhe der Kaufpreisverbindlichkeit, nicht aber die AK selbst betroffen sind.[6]

 
Praxis-Beispiel

A führt seit 30 Jahren in X-Stadt erfolgreich einen großen Weinhandel. Im Alter von 65 Jahren verkauft er dieses Geschäft gegen die Gewährung einer lebenslangen Rente (Leibrente) an seinen Konkurrenten B. Beide vereinbaren eine jährliche Rente i. H. v. 36 TEUR. Außerdem beinhaltet der Vertrag eine Bestimmung, die besagt, dass

  • Fall 1: die Leibrente um 2 % p. a. zum Ausgleich der Inflation steigen soll;
  • Fall 2: die Leibrente um 2 % p. a. zum Ausgleich der Inflation steigen soll, solange der Umsatz nicht unter 90 % des zuletzt von A erreichten Werts sinkt.

Nach einer anerkannten Sterbetafel ergibt sich für A eine Lebenserwartung von 75 Jahren. Der Diskontierungszinssatz beträgt 6 %.

Beurteilung

Der Vertrag beinhaltet im Fall 1 eine unbedingte und im Fall 2 eine bedingte Anpassung der Rente:

  • Fall 1: Die fest vereinbarte Rentenanpassung erfordert eine Berücksichtigung der zukünftigen Steigerungen im Zeitpunkt der Begründung der Kaufpreisverbindlichkeit und somit auch eine Berücksichtigung i. R. d. Ermittlung der AK des B für den Weinhandel des A. Der Barwert der Rentenverpflichtung beträgt im gegebenen Fall rund 277.177 EUR.
  • Fall 2: Da die jährliche Anpassung der Rente nur unter der Bedingung eines (nahezu) gleichbleibenden Umsatzes erfolgt, sind die zukünftig möglichen Rentensteigerungen bei der Anschaffungskostenermittlung außer Acht zu lassen. Der Barwert der Rentenverpflichtung und die AK des Weinhandels betragen somit für B rund 264.963 EUR.
[1] Vgl. auch Knop u. a., in Küting/Weber, HdR-E, § 255 HGB Rn 81 i. V. m. Rn 77, Stand: 11/2016.
[2] Vgl. auch Bieg u. a., Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – Bilanzierung, Berichterstattung und Prüfung nach dem BilMoG, 2009, S. 81 ff.
[3] Vgl. hierzu und nachfolgend Wohlgemuth/Radde, in Böcking u. a., Beck HdR, B 162 Rz 38, Stand: 12/2018.
[5] Vgl. Wohlgemuth/Radde, in Böcking u. a., Beck HdR, B 162 Rz 41, Stand: 12/2018.
[6] Vgl. Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap. E. III., Rn 522.

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