Rz. 8

Bei der Analyse des Anteilsbegriffs wird über § 271 Abs. 1 Satz 2 HGB zunächst verdeutlicht, dass Anteile nicht zwingend in Wertpapieren verbrieft sein müssen. Damit kommen grds. als Anteile neben Aktien (die grds. verbrieft sind) und GmbH-Geschäftsanteilen auch Anteile von Gesellschaftern an einer PersG in Betracht. Dabei ist es unerheblich, ob der Gesellschafter als Komplementär oder Kommanditist in Erscheinung tritt. Gleiches gilt auch für Anteile an einer GbR, sofern ein entsprechendes Gesamthandsvermögen im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.

 

Rz. 9

Von entscheidender Bedeutung ist zum einen die Frage, ob die durch das Fachschrifttum[1] formulierten Kriterien zur Annahme materiellen Eigenkapitals erfüllt sind, und zum anderen die Frage, ob demjenigen, der die Beteiligung in seiner Bilanz aktiviert, im Gegenzug sowohl Vermögens- als auch Verwaltungsrechte eingeräumt wurden. Ausschl. Gläubigerrechte können keinen Anteil i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB begründen. Die Kriterien, die für eine Annahme materiellen Eigenkapitals entwickelt wurden, sind zunächst eine Verlustteilnahme, eine Nachrangigkeit, eine Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung und eine Gewinnabhängigkeit der Vergütung. Zu den Vermögensrechten gehören Ansprüche am Gewinn und am Liquidationserlös. Zu den Verwaltungsrechten gehören hingegen u. a. Mitsprache-, Kontroll- und Informationsrechte.[2]

 

Rz. 10

Die Problematik der Abgrenzung von Anteilen i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB von Nicht-Anteilen folgt der Abgrenzungsproblematik zwischen EK und FK. Wenn das bereitgestellte Kapital aus der Perspektive des Unt, an dem die Beteiligung gehalten wird, als EK zu qualifizieren ist, dann liegt aus dem Blickwinkel des Unt, das die Beteiligung hält, grds. ein Anteil i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB vor. Wenn das bereitgestellte Kapital im Jahresabschluss des empfangenen Unt aufgrund der Abreden, die im Zuge der Überlassung des Kapitals vereinbart wurden,[3] als FK ausgewiesen werden muss, so kann es sich im Gegenzug beim beteiligten Unt nicht um einen Anteil i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB handeln. Durch die Kopplung der Problematik der Differenzierung von Anteilen und Nicht-Anteilen an die Problematik der Abgrenzung von EK und FK wird das Abgrenzungsproblem im Zusammenhang mit der Bestimmung von Anteilen allerdings nicht vollständig entschärft, d. h., es gibt zweifellos eine Rückwirkung des "Graubereichs" i. R. d. Abgrenzung von EK und FK, insb. bei einigen speziellen Finanzierungsformen (z. B. Mezzanine-Kapital in der Form von Genussrechten oder stillen Beteiligungen),[4] der sich auf die Identifikation von Anteilen niederschlägt.

 

Rz. 11

Nach Auffassung in Teilen der Literatur[5] ist die Frage der Beurteilung als Anteil oder Nicht-Anteil unabhängig von der Frage einer geleisteten Kapitaleinlage zu sehen.

[1] Vgl. Stellungnahme IDW/HFA 1/1994, WPg 1994, S. 420.
[2] Vgl. Keitz von, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 271 Rz 13, Stand: 5/2023.
[3] Vgl. zu den Kriterien für materielles Eigenkapital: Weller, Ausgewählte Aspekte der Bilanzierung von Mezzanine-Kapital in der Krise der GmbH, 2007, S. 7 ff.
[4] Vgl. Weller, Ausgewählte Aspekte der Bilanzierung von Mezzanine-Kapital in der Krise der GmbH, 2007, S. 34 ff.
[5] Vgl. Keitz von, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 271 HGB Rz 15, Stand: 5/2023.

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