Rz. 30

Auch solche Verpflichtungen, bei denen kein rechtlich durchsetzbarer Leistungszwang besteht, sind rückstellungspflichtig. Voraussetzung hierfür ist, dass ein faktischer Leistungszwang für den Bilanzierenden besteht, d. h., er sich der Erfüllung nicht entziehen kann oder will.[1] Die Ursache des faktischen Leistungszwangs besteht zumeist in geschäftlichen, moralischen oder sittlichen Erwägungen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt kommt wegen Umweltverunreinigungen (Abwasserverschmutzung) in die öffentliche Diskussion, da sich Anwohner belästigt fühlen. Obwohl das Unt die maßgeblichen Grenzwerte einhält und rechtlich nicht belangt werden kann, führt der öffentliche Druck dazu, dass entsprechende Umweltschutzmaßnahmen zur Verminderung der Verschmutzung durchgeführt werden.

Weitere Fälle faktischer Verpflichtungen sind z. B.

  • Verpflichtungen aus fehlerhafter Gesellschaft oder
  • Verpflichtungen aus nichtigen, aber durchgeführten Verträgen.[2]
 

Rz. 31

Zu den faktischen Verpflichtungen zählen insb. auch die Kulanzrückstellungen (Rz 191), die explizit gesetzlich geregelt sind.

Eine allzu extensive Interpretation der Rückstellungspflicht für faktische Verpflichtungen ist allerdings abzulehnen.

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 28.1.1991, II ZR 20/90, BB 1991 S. 507.
[2] Vgl. Madauß, DB 1996, S. 637.

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