2.1 Täterkreis

 

Rz. 8

Der Täter i. S. d. § 334 HGB kann nur einem eingeschränkten Personenkreis angehören; es handelt sich daher um echte Sonderdelikte. § 334 Abs. 1 HGB erfasst das Handeln von unternehmensinternen natürlichen Personen. Handelnder kann nur das Mitglied des vertretungsberechtigten Organs (§ 331 Rz 10 ff.) oder des Aufsichtsrates der KapG (§ 331 Rz 26 ff.) sein. Letztere können nur ordnungswidrig handeln, wenn sie für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständig sind. Dies ist bei Mitgliedern eines obligatorischen Aufsichtsrats immer der Fall. Den Mitgliedern eines fakultativen Aufsichtsrats dagegen muss die Kompetenz zur Feststellung i. R. d. Gesellschaftsvertrags erteilt worden sein, da eine Vorschrift wie § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG für das Ordnungswidrigkeitenrecht fehlt.[1]

 

Rz. 9

Im Ordnungswidrigkeitengesetz wird nicht nach Tätern und Beteiligten unterschieden. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG gilt die sog. Einheitstäterlösung, derzufolge jede Teilnahme als Täterschaft gewertet wird. Selbst wenn bei einem Tatbeteiligten die besonderen persönlichen Merkmale fehlen, die eine Ahndung erst begründen können, kann in der Person die tatbeteiligte Täterschaft gegeben sein, sofern die entsprechenden Merkmale bei einem der Täter vorliegen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 OWiG). Damit reicht es aus, wenn nur einer der Täter zum Personenkreis des § 334 Abs. 1 HGB gehört.

[1] Vgl. Tschesche, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 334 HGB Rz 21, Stand: 6/2018; Grottel/Hoffmann, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 334 HGB Rz 10; Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, § 334 HGB Rn 34.

2.2 Tathandlungen

 

Rz. 10

Die Tathandlungen erfolgen bei § 334 Abs. 1 HGB bei der Aufstellung oder Feststellung des Jahresabschlusses (§ 334 Abs. 1 Nr. 1 HGB), der Aufstellung des Konzernabschlusses (§ 334 Abs. 1 Nr. 2 HGB), der Aufstellung des Lageberichts oder der Erstellung eines gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 334 Abs. 1 Nr. 3 HGB), der Aufstellung des Konzernlageberichts oder der Erstellung eines gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 334 Abs. 1 Nr. 4 HGB), der Offenlegung, Veröffentlichung oder Vervielfältigung (§ 334 Abs. 1 Nr. 5 HGB) sowie bei Verstoß gegen eine Rechtsverordnung gem. § 330 Abs. 1 Satz 1 HGB (§ 334 Abs. 1 Nr. 6 HGB).

 

Rz. 11

Die Regelung des § 334 Abs. 1 HGB ist abschließend. Verletzungen von Vorschriften außerhalb des Katalogs des Abs. 1 können daher nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.[1] Auch Zuwiderhandlungen in der Eröffnungsbilanz sowie bei sonstigen Abschlüssen und i. R. d. Buchführung außerhalb der Bilanz sind nicht von § 334 HGB erfasst.[2]

[1] Vgl. Grottel/Hoffmann, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 334 HGB Rz 17 ff. mit ausführlicher Begründung und Auflistung der nicht nach § 334 HGB mit Bußgeld bewehrten Bilanzierungsvorschriften.
[2] Vgl. Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 334 HGB Rz 9; Tschesche, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 334 HGB Rz 23, Stand: 6/2018.

2.2.1 Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rz. 12

Durch § 334 Abs. 1 Nr. 1 HGB sind Verstöße gegen die meisten zwingenden Vorschriften der Aufstellung (§ 264 Abs. 1 HGB) und der Feststellung (§ 172 AktG, § 46 Nr. 1 GmbHG) des Jahresabschlusses mit Bußgeld belegt. § 334 Abs. 1 Nr. 1 HGB differenziert die Tathandlungen nach Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über die Form und den Inhalt (lit. a), die Bewertung (lit. b), die Gliederung von Bilanz und GuV (lit. c) und die in der Bilanz oder im Anhang zu machenden Angaben (lit. d).

2.2.1.1 Vorschriften über Form und Inhalt (Abs. 1 Nr. 1 lit. a)

 

Rz. 13

Es werden folgende Vorschriften über Form und Inhalt geschützt:

 
§ 243 Abs. 1 HGB: GoB; wegen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes nur, soweit es eindeutig anerkannte, unbestrittene Grundsätze sind[1]
§ 243 Abs. 2 HGB: Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit
§ 244 HGB: Sprache und Währung
§ 245 HGB: Unterzeichnung
§ 246 HGB: Vollständigkeit und Verrechnungsverbot
§ 247 HGB: Inhalt der Bilanz
§ 248 HGB: Bilanzierungsverbote
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB: Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen
§ 249 Abs. 2 HGB: Analogieverbot für Rückstellungen und Auflösungsverbot von Rückstellungen
§ 250 Abs. 1 HGB: Aktive Rechnungsabgrenzungsposten
§ 250 Abs. 2 HGB: Passive Rechnungsabgrenzungsposten
§ 251 HGB: Haftungsverhältnisse
§ 264 Abs. 2 HGB: Grundsatz des true and fair view und besondere Angabepflicht im Anhang
Zusätzlich für Gj ab 2016:  
§ 264 Abs. 1a HGB (BilRUG): Firma, Sitz, Registergericht, HR-Nummer und ggf. Liquidation oder Abwicklung
[1] Vgl. Dannecker, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2012, § 334 HGB Rn 41; Klinger, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 334 HGB Rz 24.

2.2.1.2 Vorschriften über die Bewertung (Abs. 1 Nr. 1 lit. b)

 

Rz. 14

Es werden folgende Vorschriften über die Bewertung geschützt:

 
§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB: Bewertung von Vermögensgegenständen
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB: Bewertung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen
§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB: Bewertung von bestimmten Pensionsrückstellungen
§ 253 Abs. 1 Satz 4 HGB: Bewertung von Planvermögen
§ 253 Abs. 1 Satz 5, 6 HGB: Verbot der Fair-Value-Bewertung für KleinstKapGes
§ 253 Abs. 2 Sätze ...

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