2.1 Grundsatz der Wahrheit

 

Rz. 19

In der gesamten Rechnungslegung spielt der Grundsatz der Wahrheit eine dominierende Rolle. Er verlangt eine der Realität entsprechende Darstellung der Angaben im Lagebericht, die intersubjektiv nachprüfbar und willkürfrei ist. Objektiv falsche Angaben, die allein oder zusammen einen falschen Eindruck vermitteln, dürfen nicht gemacht werden. Bei Tatsachenangaben (Verlaufs- und Zustandsangaben) muss die Übereinstimmung mit der Realität nicht dokumentarisch exakt sein, es reicht, wenn die Darstellung in der Tendenz mit der Realität übereinstimmt.

 

Rz. 20

Dies gilt auch in krisenbefangenen Unternehmenssituationen, bei denen die Fortführung gefährdet ist. Berechtigte Interessen und Hoffnungen der Organe treten zurück, sodass ein Verschweigen oder eine Beschönigung der Situation nicht infrage kommt.[1] Insgesamt ist in Bezug auf zukunftsgerichtete Angaben des Lageberichts, die auf Prognosen der Organe beruhen und denen noch kein abgeschlossener Sachverhalt zugrunde liegt, die Anwendung des Grundsatzes der Wahrheit problematisch. Hier müssen die Prognosen jedoch schlüssig und widerspruchsfrei entwickelt und die zugrunde liegenden Annahmen und der Prognosehorizont offengelegt werden.

 

Rz. 21

Der Grundsatz der Wahrheit verlangt eine willkürfreie Berichterstattung. Die Organe haben entsprechend bei Beurteilungsangaben mit der Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsführers für deren Willkürfreiheit Sorge zu tragen.

[1] Vgl. Grottel, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz 27.

2.2 Grundsatz der Vollständigkeit

 

Rz. 22

Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit ist umfassend, unter Ausschöpfung aller erreichbaren Erkenntnisquellen, über die wirtschaftliche Situation des Unt zu berichten. Dieser Grundsatz ist im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Wesentlichkeit zu sehen (quantitative oder qualitative Bedeutung eines betrieblichen Sachverhalts). Für die Auswahl der berichtspflichtigen Sachverhalte sind als Maßstab die schutzwürdigen Informationsinteressen der Lageberichtsadressaten heranzuziehen. Ziel kann nicht die lückenlose Berichterstattung über Geschäftsvorfälle sein, sondern das Übermitteln jener Informationen, die der Adressat für seine Dispositionen in Bezug auf die Ges. benötigt. In der Praxis variiert das Informationsinteresse des Adressaten stark etwa je nach Unternehmensgröße, Branche, wirtschaftlicher Situation und Inanspruchnahme des Kapitalmarktes.[1]

[1] Vgl. Sieben, Offene Fragen bei der Erstellung und Prüfung des Lageberichts, in FS Goerdeler, 1987, S. 588; DRS 20.34.

2.3 Grundsatz der Klarheit

 

Rz. 23

Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit verlangt eine verständliche, prägnante und übersichtliche Darstellung der Lageberichtsinformationen. Dies bedingt, dass die Angaben weder vage noch weitschweifig sein dürfen. Hierzu gehört bereits die Kennzeichnung von Anfang und Ende des Lageberichts im Geschäftsbericht. Eine systematische Gliederung des Lageberichts sollte sich an den gesetzlich in § 289 HGB geforderten Elementen orientieren. In der Form der Darstellung im Lagebericht ist Stetigkeit nach § 265 Abs. 1 HGB zu wahren.[1] Sinngemäß sind weiterhin die folgenden Vorschriften auf die Lageberichterstattung anzuwenden:[2]

 
Praxis-Beispiel

E-DRS 27 enthielt ein Beispiel für die Gliederung eines Konzernlageberichts, das aber nicht in DRS 20 übernommen wurde und aufgrund gesetzlicher Fortentwicklung inzwischen anzupassen ist:

„Um die Klarheit und Übersichtlichkeit zu erhöhen, gliedert Unternehmen A seinen Konzernlagebericht wie folgt:

  1. Grundlagen des Konzerns
  2. Wirtschaftsbericht
  3. Nachtragsbericht (mit dem BilRUG in den Anhang verschoben)
  4. Prognosebericht
  5. Chancen-/Risikobericht
  6. Risikoberichterstattung über die Verwendung von Finanzinstrumenten
  7. Internes Kontroll- und Risikomanagementsystem bezogen auf den Konzernrechnungslegungsprozess
  8. Übernahmerelevante Angaben
  9. Vergütungsbericht
  10. Erklärung zur Unternehmensführung (§ 289f HGB)
  11. Versicherung der gesetzlichen Vertreter (mit CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz: Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs)” (E-DRS 27.A.3.1)
[1] Vgl. Lange, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 289 HGB Rn 38.
[2] Vgl. Grottel, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz 28.

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