1 Überblick

1.1 Inhalt und Regelungszweck

 

Rz. 1

§ 290 HGB beinhaltet die Bestimmung der Voraussetzungen für die Pflicht zur Konzernrechnungslegung einer KapG sowie die Vorgabe der Aufstellungspflicht des Konzernabschlusses. Dabei orientiert sich der Gesetzgeber an dem Vorliegen bestimmter Unternehmensbeziehungen. Ein MU mit Sitz in Deutschland ist konkret nach Abs. 1 zur Aufstellung eines Konzernabschlusses innerhalb von fünf Monaten nach Abschluss des Gj verpflichtet, wenn es ein TU direkt oder indirekt beherrschen kann. In Abs. 2 wird definiert, in welchen Fällen ein beherrschender Einfluss besteht. Abs. 3 und 4 dienen der Operationalisierung der einzelnen Kriterien bzgl. der Zuordnung der Rechte und der Berechnung der Stimmrechte. Abs. 5 enthält die Klarstellung zum Entfall der Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, wenn die einzubeziehenden TU alle unter die Einbeziehungswahlrechte des § 296 HGB fallen und diese Wahlrechte genutzt werden.

 

Rz. 2

Obwohl der Jahresabschluss einer KapG gem. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat, reicht dieser zur Beurteilung der tatsächlichen Lage oftmals nicht aus, wenn es sich um ein verbundenes Unt handelt. In diesem Fall der auf die juristische Einheit Unt bezogenen Rechnungslegung kommt es zu Fehlabbildungen, wenn das Unt nicht isoliert, sondern im Verbund mit anderen Wirtschaftssubjekten zielorientiert handelt. So unterstellt das HGB, dass AK als Preis für einen VG in einem Prozess am Markt zustande gekommen sind und damit zumindest näherungsweise als objektiver Wertmaßstab für den Gegenstand verstanden werden können. Wenn aber das Geschäft von zwei rechtlich zwar selbstständigen, aber betriebswirtschaftlich verbundenen Unt abgewickelt wurde, ist es möglich, Gewinn, Vermögen und Finanzsituation weitgehend in der Darstellung zu gestalten, ohne dass die Regelungen des Handels- oder Steuerrechts verletzt würden.[1] Auch könnten bewusst handelsrechtliche Regelungen unterlaufen werden. So ist es etwa denkbar, dass zwei Unternehmen durch den Austausch zwischen ihren F&E-Abteilungen das Aktivierungsverbot für Forschungsaufwendungen gem. § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB i. V. m. Abs. 2a HGB unterlaufen. Der Abschlussprüfer müsste im Jahresabschluss das auf dieser Basis ermittelte, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage unter Beachtung der GoB testieren. Somit können einem KonzernUnt Bilanzvermögen oder nicht bilanziertes wirtschaftliches Potenzial entzogen und auf ein anderes Unt übertragen oder im umgekehrten Fall zugerechnet werden, was den Jahresabschluss verzerren kann.

 

Rz. 3

Durch vertikale Verbundbeziehungen, die darauf beruhen, dass ein Unt ein anderes Unt gründet oder kauft, entsteht eine weitere Problematik. Das eingesetzte Eigenkapital (EK) des gegründeten TU besteht aus Kapital des auf der übergeordneten Ebene angesiedelten MU. So kommt es zu einem Mehrfachausweis von Kapital, sodass z. B. die Funktion des EK als Verlustpuffer untergraben wird und es insb. bei mehrfach gestuften Konzernen bei Auftritt einer Krisensituation zu einem Kaskadeneffekt kommen kann.

 

Rz. 4

Weitere mögliche Verbundbeziehungen sind zum einen finanzielle Verflechtungen, d. h. das Verleihen und Entleihen von Geldbeträgen, was bei dem verleihenden Unt als Aktivposten unter den Ausleihungen oder Forderungen auszuweisen wäre und bei dem empfangenden Unt als Schuldenposition auf der Passivseite der Bilanz. Zum anderen können Lieferungs- und Leistungsverflechtungen bestehen, d. h., die Erträge des liefernden Unt entsprechen Aufwendungen des empfangenden Unt im Konzern.

 

Rz. 5

Die Konzernrechnungslegung hat die Prämisse, dass das "Konzern" genannte Gebilde verbundener, d. h. wirtschaftlich zusammengehörender, aber juristisch getrennter Unt so in einem Abschluss abgebildet wird, als würde es sich um ein einzelnes Unt handeln (Einheitstheorie).[2] Demnach müssen alle Verflechtungen zwischen den Unt aufgedeckt und eliminiert werden, was i. R. d. Konzernrechnungslegung "Konsolidierung" genannt wird. Dies betrifft die KapKons (§ 301 HGB), die SchuldenKons (§ 303 HGB), die Zwischenergebniseliminierung (§ 304 HGB) und die Aufwands- und ErtragsKons (§ 305 HGB).[3]

 

Rz. 6

Die Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung fußt auf dem auch in international anerkannten Rechnungslegungssystemen angewandten Beherrschungssystem, das letztlich dem Control-Konzept entspricht.[4] Die in § 290 Abs. 2 HGB angegebenen, einen beherrschenden Einfluss i. S. d. Control-Konzepts begründenden Kriterien beinhalten explizit Regelungen zur konzerntypischen Beherrschung von ZweckGes. Die Konsolidierungspflicht für ZweckGes. wird dabei über eine wirtschaftliche Betrachtungsweise erreicht.

 

Rz. 7

Konzeptionell ergeben sich aus der Formulierung von Abs. 1 und Abs. 2 Probleme für die Bestimmung des Mutter-Tochter-Verhältnisses über die Prüfung des Vorliegens einer Beherrschungsmöglichkeit. Abs. 1 stellt i. S...

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