Rz. 157

Der Abschlussprüfer kann den Bestätigungsvermerk unter eine Bedingung stellen. Dabei kommt nur eine aufschiebende Bedingung in Betracht. Eine auflösende Bedingung, d. h. eine nachträglich wegfallende Wirksamkeit, ist im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks und aufgrund bestehender Rechtsfolgewirkungen (Feststellung des Jahresabschlusses) als unzulässig anzusehen.[1]

 

Rz. 158

Eine Erteilung des Bestätigungsvermerks unter einer aufschiebenden Bedingung kommt dann in Betracht, wenn im geprüften Jahresabschluss Sachverhalte berücksichtigt wurden, die erst nach dem Ende der Abschlussprüfung abgeschlossen werden, entsprechend dem Stichtagsprinzip aber noch für das abgelaufene Geschäftsjahr Bedeutung haben.[2]

 

Rz. 159

Voraussetzungen für die Erteilung eines aufschiebend bedingten Bestätigungsvermerks sind, dass[3]

  • der noch nicht wirksame Sachverhalt nach Eintritt der Voraussetzung für seine Wirksamkeit auf den geprüften Jahresabschluss zurückwirkt,
  • die zum Abschluss noch nicht erfüllte Bedingung in einem formgebundenen Verfahren inhaltlich bereits festgelegt ist und
  • die anstehende Erfüllung der Voraussetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.
 

Rz. 160

Anwendungsfälle für aufschiebend bedingte Bestätigungsvermerke können z. B. folgende Konstellationen darstellen:

 

Rz. 161

Ausstehende Feststellung des Vorjahresabschlusses: Wurde der Vorjahresabschluss noch nicht festgestellt, steht dies jedoch an (und ist auch zu erwarten), so kann der Bestätigungsvermerk unter einer aufschiebenden Bedingung erteilt werden. Die Bedingung ist nicht erforderlich, wenn mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der noch nicht festgestellte Vorjahresabschluss ohne Feststellung beibehalten werden soll.[4]

 

Formulierungs-Beispiel[5]

Unter der Bedingung, dass der Jahresabschluss zum … [Datum] in der Fassung festgestellt wird, die diesem Jahresabschluss zugrunde gelegt worden ist, erteile ich/erteilen wir den nachstehenden Bestätigungsvermerk:

Bestätigungsvermerk des unabhängigen Abschlussprüfers …

Erfolgt die Feststellung des Jahresabschlusses des laufenden Jahres (dessen Bestätigungsvermerk unter der aufschiebenden Bedingung der Feststellung des Vorjahresabschlusses steht) wird damit konkludent auch der Vorjahresabschluss festgestellt, sodass diesbzgl. Rechtssicherheit besteht.[6]

 

Rz. 162

Sanierungen: Eine Bedingung kommt bzgl. der bei einer beabsichtigen Sanierung vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich der Beurteilung der Annahme der Fortführung der Ges in Betracht. Da die Maßnahmen zwar in der Bilanz berücksichtigt, tatsächlich aber bei Erteilung des Bestätigungsvermerks noch nicht rechtlich vollzogen worden sind, kann dies über eine Bedingung kenntlich gemacht werden. Der Inhalt der Sanierungsmaßnahmen muss aber schon feststehen und ihre Rechtswirksamkeit darf nur noch von der Erfüllung formaler Voraussetzungen abhängen.[7]

 

Formulierungs-Beispiel[8]

Unter der Bedingung, dass die beschlossene, im Jahresabschluss berücksichtigte vereinfachte Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen wird, erteile ich/erteilen wir den nachstehenden Bestätigungsvermerk:

Bestätigungsvermerk des unabhängigen Abschlussprüfers …

 

Rz. 163

Ein unter einer aufschiebenden Bedingung erteilter Bestätigungsvermerk ist schwebend unwirksam, d. h., er kann keine Rechtskraft entfalten und somit kann der Jahresabschluss auch nicht festgestellt werden. Erst mit Bedingungseintritt ist der Bestätigungsvermerk erteilt und der Jahresabschluss geprüft.[9] Der Nachweis des Bedingungseintritts ist durch die Gesellschaft zu führen. Der Abschlussprüfer ist nicht verpflichtet, den Bedingungseintritt zu prüfen und zu bestätigen.[10] Zur Offenlegung eines unter einer aufschiebenden Bedingung erteilten Bestätigungsvermerks vgl. Rz 214.

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 322 HGB Rz 50.
[2] Vgl. Elkart/Naumann, WPg 1995, S. 363.
[3] Vgl. IDW PS 400.96 n. F.
[4] Vgl. IDW PS 400.A93 n. F.
[5] IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. M Tz 1299.
[6] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 322 HGB Rz 58.
[7] Vgl. Justenhoven/Küster/Bernhardt, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 322 HGB Rz 268; IDW PS 400.A91 n. F.
[8] Vgl. IDW PS 400.A95 n. F.
[9] Vgl. IDW PS 400.A90 n. F.
[10] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. M Tz 1296.

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