Rz. 279

Gem. § 253 Abs. 4 HGB sind bei VG des UV Abschreibungen vorzunehmen, wenn sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ein niedrigerer Wert ergibt (Satz 1). Ist kein Börsen- oder Marktpreis feststellbar, bildet der niedrigere beizulegende Wert den relevanten Vergleichsmaßstab (Satz 2). Diese unter dem Begriff strenges Niederstwertprinzip bekannte Bewertungsanweisung gilt für sämtliche VG des UV. Die Abgrenzung zwischen AV und UV ist damit nicht nur für den Ausweis von Bedeutung, sie zieht auch unterschiedliche Bewertungsfolgen nach sich (zur Abgrenzung AV/UV vgl. § 247 Rz 17; zum Begriff des UV vgl. § 266 Rz 63).

 

Rz. 280

VG des UV sind nach § 253 Abs. 1 HGB zu AHK anzusetzen (§ 255 Rz 1 und Rz 79). Zu ihrer Ermittlung sind bestimmte Bewertungsvereinfachungen nach § 240 Abs. 3 HGB (Festwert), § 240 Abs. 4 HGB (Gruppenbewertung) bzw. § 256 HGB (Verbrauchsfolgeverfahren, Lifo oder Fifo) vorgesehen. Eine planmäßige Abschreibung kommt nicht in Betracht. Eine außerplanmäßige Abschreibung ist vorzunehmen, wenn der relevante Vergleichswert am Abschlussstichtag niedriger ist. Optionale Abschreibungen sieht § 253 Abs. 4 HGB nicht vor.

 

Rz. 281

Abs. 4 findet gem. § 253 Abs. 1 Satz 4 HGB keine Anwendung auf VG, die als saldierungspflichtiges Deckungsvermögen i. S. v. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zu behandeln sind (Rz 118). VG des UV, die als Grundgeschäfte oder Sicherungsinstrumente zu einer Bewertungseinheit i. S. v. § 254 Satz 1 HGB gehören, unterliegen einzeln nur im Hinblick auf nicht abgesicherte Risiken dem Niederstwertprinzip (zu den Voraussetzungen für eine Qualifikation als Bewertungseinheit vgl. § 254 Rz 10).

 

Rz. 282

Bewertungszeitpunkt ist der jeweilige Abschlussstichtag. Später eintretende Änderungen der relevanten Vergleichswerte sind wertbegründend und vermögen weder eine außerplanmäßige Abschreibung zum Abschlussstichtag zu begründen noch zu verhindern (zur Abgrenzung wertbegründender und werterhellender Tatsachen vgl. § 252 Rz 62). Eine andere Beurteilung ist nur denkbar, wenn es sich bei den am Abschlussstichtag festgestellten Börsen-, Markt- oder sonstigen Preisen um Zufallskurse handelt (Rz 285).

 

Rz. 283

Einen gesonderten Ausweis außerplanmäßiger Abschreibungen auf VG des UV in der GuV oder ihre Angabe im Anhang, wie dies für das AV in § 277 Abs. 3 HGB vorgeschrieben ist, verlangt das Gesetz nicht. Lediglich bei Anwendung des GKV ist der Teilbetrag der Abschreibungen gesondert in der GuV auszuweisen, der das bei der Ges. übliche Maß übersteigt (§ 275 Rz 122).

5.1.1 Börsen- oder Marktpreis

 

Rz. 284

Unter dem Börsenpreis ist der Kurs zu verstehen, der an einer amtlich anerkannten Börse am Abschlussstichtag festgestellt wird.[1] Auch im Freiverkehr[2] sowie an ausländischen Börsen festgestellte Kurse sind unter diesen Begriff zu fassen.[3] Börsenpreise lassen sich am ehesten für Wertpapiere ermitteln. Verschiedentlich existieren auch Börsen für commodities (Rohstoffbörsen).

 
Praxis-Beispiel

An der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig werden u. a. CO2-Emissionsberechtigungen gehandelt. Auch wenn hier ein von einem privaten Unt betriebener Handelsplatz vorliegt, gelten die festgestellten Kurse als Börsenkurse i. S. v. § 253 Abs. 4 Satz 1 HGB.

 

Rz. 285

Unter Marktpreis ist derjenige Preis zu verstehen, der an einem Handelsplatz für Waren einer bestimmten Gattung von durchschnittlicher Art und Güte zu einem bestimmten Zeitpunkt im Durchschnitt festzustellen ist.[4] Maßgebend sind Preisfeststellungen an dem für den Bilanzierenden maßgeblichen Handelsplatz; auch internetbasierte elektronische Handelsplattformen können die Voraussetzungen eines Markts i. S. v. Abs. 4 Satz 1 erfüllen.[5] Ergeben sich signifikant vom allgemeinen Kursniveau abweichende Zufallskurse, sind diese nicht bewertungsrelevant; in derartigen Fällen sind Durchschnittskurse zu verwenden. Das gilt unabhängig davon, ob die Kurse nach oben oder unten verzerrt sind.

 

Rz. 286

Börsen- oder Marktpreise stellen nicht den unmittelbaren Vergleichswert zum Buchwert dar, sondern geben lediglich den Ausgangspunkt der Wertermittlung ab. Abs. 4 Satz 1 verlangt die Abschreibung auf einen niedrigeren Wert, "der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt". Die Ableitung aus einem Börsen- oder Marktpreis erfolgt durch Berücksichtigung von Transaktionskosten. Bei einer beschaffungsmarktorientierten Bewertung sind diese hinzuzurechnen, bei einer absatzmarktorientierten Bewertung abzuziehen.

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 253 HGB Rz 504.
[2] Vgl. Pfirmann/Lorson/Hell/Metz, in Küting/Weber, HdR-E, § 253 HGB Rn 277, Stand: 5/2020.
[3] Vgl. Thiele/Prigge, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 253 HGB Rz 396, Stand: 9/2002.
[4] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 253 HGB Rz 508.
[5] Vgl. Thiele/Prigge, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 253 HGB Rz 397, Stand: 9/2002.

5.1.2 Beizulegender Wert

 

Rz. 287

Das Gesetz enthält keine Definition des beizulegenden Werts. Indem er auf den betriebsindividuelle...

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