Rz. 92

Die ergänzenden Vorschriften für KapG und KapCoGes brauchen von einem TU in der Rechtsform einer KapG, das in einen Konzernabschluss eines MU mit Sitz innerhalb eines Mitgliedstaats der EU oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den EWR einbezogen ist, unter bestimmten Voraussetzungen nicht beachtet zu werden. Damit besteht eine umfangreiche Erleichterung in Angleichung des Kreises der erleichterungsberechtigten TU an die Regelung des § 264b HGB für PersG, ohne dass dieser jedoch komplett deckungsgleich wäre (§ 264b Rz 1 ff.). Mit dem FISG[1] wurde § 264 Abs. 3 Satz 1 HGB nun explizit so geändert, dass kapitalmarktorientierte Tochterunternehmen die Befreiung nicht nutzen können, was allerdings aufgrund der Zustimmungserfordernis der Minderheitsgesellschafter und der Vorgabe des § 114 WpHG bereits vorher nicht denkbar war.

 

Rz. 93

Nachdem die Erleichterungen für TU in den letzten Jahren bereits mehrfach geändert wurden, sah der Gesetzgeber sich mit Umsetzung der Bilanzrichtlinie erneut zu einer kompletten Neuformulierung von Abs. 3 und 4 genötigt. Dabei erfolgte nun eine 1:1-Umsetzung der entsprechenden Regelung der RL 2013/34/EU, die für Gj, die nach dem 31.12.2015 beginnen, gelten.[2]

 

Rz. 94

Zudem wird die mit dem MicroBilG völlig offene Formulierung "Eine Kapitalgesellschaft, die in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union…" mit § 264 Abs. 3 HGB dahingehend konkretisiert, dass der Konzernabschluss im Einklang mit der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU (neu eingefügt nun in der Form der letzten Änderung durch Richtlinie (EU) 2021/2101 (ABl. L 429 vom 1.12.2021, S. 1))[3] aufgestellt und im Einklang mit der Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EG (neu eingefügt nun in Form der letzten Änderung durch die Richtlinie 2014/56/EU (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 196))[4] geprüft sein muss. Es reicht somit ein freiwillig erstellter Konzernabschluss aus, wenn er diese strengen Voraussetzungen erfüllt. Durch die vorgenommene Einfügung der Einbeziehung "als Tochterunternehmen" wird klargestellt, dass eine schon bislang umstrittene Selbstbefreiung des MU nicht infrage kommt.[5]

 

Rz. 95

Der Inhalt der Befreiung ist unverändert geblieben. Es entfällt etwa die Pflicht zur Aufstellung eines Anhangs und eines Lageberichts (§ 289 HGB) sowie die Pflicht zur Prüfung (§§ 316324 HGB) und Offenlegung (§§ 325329 HGB) und generell die Notwendigkeit der Beachtung der ergänzenden Vorschriften der §§ 264289f HGB. Der Verzicht auf den Anhang impliziert auch, dass alle rechtsformspezifischen Angabepflichten entfallen können, wie z. B. die aus § 160 AktG. Es bleibt aber bei der Aufstellungspflicht des Jahresabschlusses gem. § 242 HGB für alle Kfl. sowie auch ggf. bei einer separaten Konzernrechnungslegungspflicht gem. § 290 HGB für den Fall, dass das TU gleichzeitig MU ist.[6]

 

Rz. 96

In § 264 Abs. 4 HGB, der ursprünglich durch das KapCoRiLiG eingefügt wurde, wird diese Erleichterung unter bestimmten Voraussetzungen auch auf TU ausgeweitet, die in einen Konzernabschluss einbezogen sind, zu dem das MU gem. § 11 PublG verpflichtet ist. Dazu muss im Konzernabschluss § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB bzgl. der Angaben zu den Organbezügen trotz des Wahlrechts nach § 13 Abs. 3 Satz 1 PublG beachtet worden sein.

 

Rz. 97

Die nur für KapG geltende Regelung wird auf bestimmte PersG gem. § 264a HGB durch die in § 264b HGB übernommene und etwas weiter gefasste Formulierung ausgeweitet (§ 264b Rz 1). Die geringfügig weitere Formulierung führt in der Praxis jedoch zu zwei gewaltigen Unterschieden, da § 264b HGB keine Verpflichtung zur Verpflichtungsübernahme erfordert und außerdem eine Selbstbefreiung des MU unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Im Ergebnis kommen TU in der Rechtsform der PersG faktisch immer in die Befreiungsregelung, während bei KapG mangels Vorliegens einer Erklärung zur Verpflichtungsübernahme die Regelung oft nicht angewendet werden kann.

 

Rz. 98

Eine Einschränkung des Anwenderkreises der Befreiung des § 264 Abs. 3 und 4 HGB ergibt sich für Unt, die als Inlandsemittent Wertpapiere begeben, da diese stets nach § 114 WpHG einen Jahresfinanzbericht erstellen müssen, der zu prüfen und offenzulegen ist. Eine Erleichterung kommt für diese Unt daher generell nicht in Betracht, was mit Wirkung für das Gj 2021 nun auch im Gesetzestext durch die explizite Ausnahme von kapitalmarktorientierten Unt als TU bei diesen Befreiungsnormen so verankert wurde.

 

Rz. 99

Aufgrund branchenbezogener Spezialregelungen existieren Einschränkungen bzgl. der Inanspruchnahme der Erleichterungen, wobei hier nur die zentralen aufgeführt sind:

  • Kreditinstitute und VersicherungsUnt dürfen aus aufsichtsrechtlichen Gründen lediglich auf die Offenlegung des Jahresabschlusses verzichten (§ 340a Abs. 2 Satz 4 HGB sowie § 341a Abs. 2 Satz 4 HGB).
  • EnergieversorgungsUnt sind unabhängig von ihrer Rechtsform zur Erstellung eines Jahresabschlusses unter Beachtung der ergänzenden Vorschriften gem. § 6b Abs. 1 EnWG[7] verpflic...

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