Rz. 21

Die Vermerkpflicht betrifft Verbindlichkeiten aus "Gewährleistungsverträgen". Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Als Gewährleistungsvertrag i. S. d. § 251 HGB ist jede vertragliche Verpflichtung zu verstehen, "die das Einstehen für einen geschuldeten oder sonstigen Erfolg oder eine Leistung bzw. den Nichteintritt eines Erfolgs, eines bestimmten Nachteils oder Schadens zum Gegenstand hat und nicht schon unter Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln oder Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften fällt."[1] Die Gewährleistung kann für eigene Leistungen oder für Leistungen eines Dritten bestehen oder eine sonstige Leistung oder einen sonstigen Erfolg betreffen.

 

Rz. 22

Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich stets um einen Vertrag handeln. Hieraus ergibt sich, dass gesetzliche Gewährleistungen sowie die Haftung für fremde Verbindlichkeiten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht unter die Vermerkpflicht fallen. Vermerkpflichtig sind nur Gewährleistungsverträge, die eine Eventualverbindlichkeit oder ein Haftungsverhältnis über das Ausmaß der gesetzlichen Haftung hinaus begründen. Bestehen besondere Haftungsverhältnisse, die auf gesetzlichen Bestimmungen aufgrund von Verträgen beruhen, so besteht keine Vermerkpflicht, da der Adressat des Jahresabschlusses mit diesen Risiken auch ohne gesonderten Vermerk zu rechnen hat.[2] Dies gilt auch für vertragsbedingte gesetzliche Haftungen, die ihrer Natur nach ungewöhnlich sind,[3] da eine sinnvolle Abgrenzung für solche Fälle nicht möglich ist und darüber hinaus nicht dem Gesetzeswortlaut entspricht.

 

Rz. 23

Die Vermerkpflicht ist unabhängig davon, ob eine Gewährleistung für fremde Verbindlichkeiten vom Kfm. unmittelbar übernommen wird oder ob der Kfm. einen Dritten beauftragt, eine solche Gewährleistung an seiner Stelle zu übernehmen und er aus diesem Auftrag haftet, d. h., auch eine indirekte Garantie ist entsprechend zu berücksichtigen.[4] Sofern die indirekte Garantie fremde Leistungen betrifft, ergibt sich stets eine Vermerkpflicht i. H. d. möglichen Rückgriffsanspruchs desjenigen, der die Garantie erklärt hat. Betrifft diese Garantie dagegen eigene Leistungsverpflichtungen des Kfm. gegenüber Vertragspartnern, so ist i. d. R. kein Vermerk vorzunehmen, da die eigenen Leistungsverpflichtungen des Kfm. entweder bereits passiviert (Gewährleistungsrückstellung) oder als schwebendes Geschäft nicht zu bilanzieren sind.

 

Rz. 24

Nicht unter die Vermerkpflicht fallen die sog. Negativerklärungen, in denen der Kfm. seinem Kreditgeber zusagt, bestimmte Vermögensgegenstände (VG) nicht zu veräußern oder über bestehende Belastungen hinaus nicht weiter zu belasten oder aber Dritten keine weiteren Sicherheiten zu gewähren o. Ä., da es sich lediglich um Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit bereits passivierten Verbindlichkeiten handelt.[5]

[1] Grottel/Berberich, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz 55.
[2] Vgl. Grottel/Berberich, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz 55; Karrenbrock, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 251 HGB Rz 23, Stand: 01/2020; Fey/Klönne, in Küting/Weber, HdR-E, § 251 HGB Rz 21, Stand: 05/2023.
[3] Vgl. Grottel/Berberich, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz 5; einschränkend: Roß, DB 2011, S. 2219.
[4] Vgl. Wiehn, in Castan u. a., Beck HdR, B 250 Haftungsverhältnisse Rn 96, Stand: 05/2010.
[5] Vgl. Grottel/Berberich, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz 58.

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