Rz. 142

Verbindlichkeiten sind Verpflichtungen eines Unt, die am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach sicher sind, d. h., es liegt eine konkrete Verpflichtung gegenüber Dritten vor, die selbstständig bewertbar ist. Verbindlichkeiten sind passivierungspflichtig (§ 246 Rz 85 ff.) Aufgrund des Vollständigkeitsgebots gem. § 246 Abs. 2 HGB ist eine Saldierung mit Forderungen – abgesehen von besonderen Einzelfällen gem. § 387 BGB – verboten.

 

Rz. 143

Für die Unterteilung der Verbindlichkeiten sind der Grundsatz der Klarheit und der der Stetigkeit maßgeblich. Mittelgroße und große KapG sowie haftungsbeschränkte PersG i. S. d. § 264a HGB müssen die Gliederungsstruktur gem. § 266 Abs. 3 C. HGB beachten. Die Gliederung orientiert sich an unterschiedlichen Kriterien, wie an Eigenschaften des Gläubigers, an den Entstehungsgründen und an bestimmten rechtlichen Besonderheiten. Ein zentrales Kriterium ist die Gliederung nach Unternehmensbeziehungen (verbundene Unt sowie Unt, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht), um analog zu Finanzanlagen und Forderungen die Verbundbeziehungen aufzudecken.[1] Folgende Posten sind grds. gesondert aufzuführen:[2]

  1. Anleihen,

    davon konvertibel

  2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
  3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen
  4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
  5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel
  6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen
  7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht
  8. sonstige Verbindlichkeiten,

    davon aus Steuern,

    davon i. R. d. sozialen Sicherheit

 

Rz. 144

Mittelgroße und große KapG sowie KapCoGes können die genannten Posten zusammenfassen, wenn einzelne Posten entweder gem. § 264 Abs. 2 HGB betragsmäßig nicht erheblich sind oder die Transparenz der Bilanz durch die Zusammenfassung erhöht wird. Im letzten Fall sind im Anhang die jeweiligen Beträge zu nennen (§ 265 Abs. 7 HGB). Kleine Ges. brauchen nur den Posten "Verbindlichkeiten" innerhalb der verkürzten Bilanz ausweisen (§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB).[3]

 

Rz. 145

Zusätzlich ist der Betrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr und einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr in der Bilanz zu vermerken (§ 268 Abs. 5 Satz 1 HGB). Als Restlaufzeit gilt der Zeitraum zwischen Abschlussstichtag und dem gesetzlich oder vertraglich determinierten Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeit; ggf. ist eine Schätzung vorzunehmen.[4] Darüber hinaus sind die Restlaufzeiten von mehr als fünf Jahren für die einzelnen Positionen im Anhang anzugeben (§ 285 Rz 8 ff.), um einen besseren Einblick in die Liquiditätslage zu erreichen. Restlaufzeiten von mehr als fünf Jahren sind in aller Regel nicht für die erhaltenen Anzahlungen relevant, da ihre Restlaufzeit regelmäßig kleiner sein dürfte.[5]

 

Rz. 146

Bei einer GmbH sind ebenfalls Verbindlichkeiten gegenüber GmbH-Gesellschaftern gesondert innerhalb der Verbindlichkeiten auszuweisen oder im Anhang zu benennen (§ 42 Abs. 3 GmbHG). Analog gelten die Ausführungen wie zu Ausleihungen an GmbH-Gesellschafter (Rz 87).

[1] Vgl. Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 266 HGB Rn 105.
[2] Zur praktischen Umsetzung s. Kreipl/Lange/Müller in Haufe HGB Bilanz Kommentar Erfahrungsbericht BilMoG, 2012, Rz 320 ff.
[3] Vgl. Schubert, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 266 HGB Rz 210 f.
[4] Vgl. Baierl, in Castan u. a., Beck HdR, B 234, Rz 48, Stand: 3/2022.
[5] Vgl. Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 266 HGB Rz 232, Stand: 7/2022.

4.5.1 Anleihen, davon konvertibel (Abs. 3 C. 1.)

 

Rz. 147

Anleihen sind definiert als Verbindlichkeiten, die langfristig sind und an öffentlichen Kapitalmärkten im In- oder Ausland aufgenommen und i. d. R. verbrieft wurden.[1] Sie sind reine Gläubigerpapiere. Unter diesen Posten fallen u. a.:

  • Schuldverschreibungen: verbriefte Anleihen;
  • Wandelschuldverschreibungen: Schuldverschreibungen mit Umtauschrecht, auch konvertibel genannt. Die Einstellung auf der Passivseite erfolgt bei marktüblicher Verzinsung i. H. d. Erfüllungsbetrags. Ein Aufgeld ist gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in der Kapitalrücklage auszuweisen;
  • Optionsanleihen: mit einem Bezugsrecht auf Aktien einer AG ausgestattet, auch konvertibel genannt. Bzgl. der Passivierungshöhe und der Behandlung des Aufgelds werden diese wie Wandelschuldverschreibungen behandelt;
  • Gewinnschuldverschreibungen: mit einem festen Zins und einer Gewinnbeteiligung ausgestattet;
  • Als FK eingeordnete Genussrechte (zum Eigen- oder Fremdkapitalausweis s. Rz 128): Anstelle eines Ausweises als Anleihen ist ein gesonderter Ausweis als Genussrechtskapital gem. § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB (§ 265 Rz 20 ff.) innerhalb der Verbindlichkeiten zu empfehlen. Es kann dabei eine weitere Untergliederung bei den Anleihen (§ 265 Abs. 5 Satz 2 HGB) oder ein Davon-Vermerk bei den Anleihen erfolgen.[2]
 

Rz. 148

Konvertible Anleihen, d. h. Anleihen mit Umtausch- oder Bezugsrecht auf Gesellschaftsanteile (§ 221 Abs. 1 Satz 1 AktG), sind als Davon-Vermerk oder in einem eigene...

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