Rz. 61

§ 318 Abs. 3 Satz 1 HGB besagt, dass das Gericht einen anderen AP zu bestellen hat, wenn dies aus einem in der Person des gewählten AP liegenden Grund geboten erscheint, insb. wenn ein Ausschlussgrund

besteht (§ 318 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. HS HGB). Durch das AReG wurden die Antragsgründe um die Ausschlussgründe

erweitert.

Durch das FISG wurde zum 1.7.2021 § 318 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Hs HGB n. F. redaktionell an die Aufhebung von § 319a HGB angepasst.

Der Antrag an das Gericht muss die Gründe erläutern, derentwegen die Bestellung eines anderen AP verlangt wird. Die Antragsgründe müssen Zweifel begründen, dass der AP eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung im Interesse der Gesellschaft und der Öffentlichkeit gewährleistet.[1]

Das Gesetz verlangt ausdrücklich, dass nur in der Person des Prüfers liegende Gründe die gerichtliche Ersetzung rechtfertigen. Der in § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB genannte Begriff "Befangenheit" ist dabei als umfassender, generalisierter Tatbestand zu interpretieren.[2]

 

Rz. 62

Der in § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB verwendete Begriff der Besorgnis der Befangenheit findet sich ebenfalls in der WPO und der BS WP/vBP.

Dort wird auf "nahe Beziehungen" zu einem Beteiligten oder zum Gegenstand der Beurteilung abgestellt. Der AP muss nach § 49 WPO seine Tätigkeit versagen, wenn ein unabhängiger Dritter bei objektiver Betrachtung Zweifel an der Unbefangenheit des AP haben könnte. Dabei kommt es also nicht darauf an, ob der Prüfer sich subjektiv für befangen hält, sondern darauf, ob die Besorgnis der Befangenheit bei anderen zu Recht besteht. Eine gerichtliche Ersetzung muss damit aus der Sicht eines verständigen Dritten geboten sein.[3]

 

Rz. 63

Anhaltspunkte, die bei objektiver Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, können etwa freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen mit den gesetzlichen Vertretern des zu prüfenden Unt, geschäftliche Interessen oder wirtschaftliche Abhängigkeiten sein.

 

Rz. 64

Wird ein Unt in jährlich aufeinanderfolgenden Prüfungen von demselben Prüfer geprüft, so liegt dagegen keine Besorgnis der Befangenheit vor.[4] Gleiches gilt, wenn der AP gleichzeitig TU oder Konkurrenzunternehmen prüft.[5]

 

Rz. 65

Ob mangelnde fachliche Qualifikation, fehlende Spezialkenntnisse des AP, mangelnde personelle oder sachliche Ausstattung seine Befangenheit begründen, richtet sich danach, ob der AP objektiv in der Lage ist, die Durchführung der Abschlussprüfung zu überwachen und sich das Prüfungsergebnis zu eigen macht, auch wenn er zulässigerweise sachkundige Dritte oder andere Hilfskräfte hinzuzieht.[6]

 

Rz. 66

Berufsgerichtliche Verfahren, die zu einer schweren Bestrafung des AP geführt haben, ohne dass ein Berufsausschluss erfolgt ist, können ein Antragsgrund sein, soweit ernsthaft zu erwarten ist, dass die berufsgerichtliche Bestrafung im Zusammenhang mit anderen Gründen zu einer Beeinträchtigung der Abschlussprüfung führt.[7]

 

Rz. 67

Durch das BilMoG ist § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB um einen Verweis auf § 319b HGB ergänzt worden. Hintergrund ist die Ausdehnung von Ausschlussgründen auf Netzwerkmitglieder in dem in das HGB eingefügten § 319b HGB.

Mit der Ergänzung des § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB wurden die Antragsgründe des gerichtlichen Ersetzungsverfahrens erweitert. Das Gericht hat auch dann einen neuen AP zu bestellen, wenn die Voraussetzungen des § 319b HGB vorliegen, also ein Mitglied des Netzwerks des AP einen der Ausschlussgründe nach §§ 319 HGB erfüllt, der den Ausschluss des AP von der Abschlussprüfung nach sich zieht.

 

Rz. 68

§ 318 Abs. 3 Satz 1 HGB hat bereits früher konkretisiert, wann ein wichtiger Grund für eine gerichtliche Abberufungsmöglichkeit besteht. Durch die Neufassung der Ausschlussgründe durch die EU-Verordnung Nr. 537/2014 wurde der Katalog des § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB insoweit um Verstöße gegen die Vorgaben zum Auswahl- oder Bestellungsverfahren nach den Art. 16 und 17 Verordnung (EU) Nr. 537/2014, die verbotene Erbringung von Nichtprüfungsleistungen (Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 Verordnung (EU) Nr. 537/2014) sowie die Fortsetzung der Abschlussprüfung entgegen den Vorgaben des Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 537/2014 erweitert (Umsetzung ist erfolgt durch das AReG, § 318 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 2. HS und Nr. 2 HGB). Ausweislich der Regierungsbegründung führen diese Verstöße nicht zur Nichtigkeit der Bestellung des AP.[8]

[1] Vgl. Justenhoven/Heinz, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 318 HGB Rz 93.
[2] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR-E, § 318 HGB Rn 99, Stand: 10/2010.
[3] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehme...

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