Rz. 19

Als Sicherungsinstrumente i. S. d. § 254 HGB qualifizieren sich nur Finanzinstrumente. In Betracht kommen originäre und derivative Finanzinstrumente. Originäre Finanzinstrumente sind solche, die keinen derivativen Charakter aufweisen. Zu ihnen rechnen Forderungen, Verbindlichkeiten, Bankguthaben und Wertpapiere. Ausgeschlossen sind erhaltene und geleistete Anzahlungen, da sie nicht auf den Ab- bzw. Zufluss liquider Mittel gerichtet sind und daher keine Finanzinstrumente darstellen.

 

Rz. 20

Ein derivatives Finanzinstrument definiert der Gesetzgeber als

  • „schwebendes Vertragsverhältnis,
  • dessen Wert auf Änderungen des Werts eines Basisobjekts – bspw. eines Zinssatzes, Wechselkurses, Rohstoffpreises, Preis- oder Zinsindexes, der Bonität, eines Kreditindexes oder einer anderen Variablen – reagiert,
  • bei dem Anschaffungskosten nicht oder nur in sehr geringem Umfang anfallen und
  • das erst in der Zukunft erfüllt wird.”[1]

Als Grundformen der Derivate gelten unbedingte Termingeschäfte, Optionen und Swaps. Unbedingte Termingeschäfte zeichnen sich durch das Recht und die Verpflichtung des Käufers (Halter) aus, ein Basisobjekt zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Verkäufer (Stillhalter) zu einem festgelegten Preis zu erwerben. Zu unterscheiden sind börsengehandelte standardisierte Termingeschäfte (Futures) und Geschäfte, deren Bedingungen frei zwischen den Parteien vereinbart werden (Forwards). Optionen gewähren in ihrer einfachsten Form (Plain-Vanilla-Optionen) dem Käufer (Inhaber) das Recht, ein Basisobjekt innerhalb eines festgelegten Zeitraums (amerikanische Option) oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (europäische Option) zu einem bestimmten Preis vom Verkäufer (Stillhalter) zu erwerben (Call) oder an den Verkäufer zu veräußern (Put). Werden Zahlungsströme aus zwei Basisobjekten während eines bestimmten Zeitraums getauscht, liegt ein Swap vor. Als Sicherungsinstrumente werden Zinsswaps und Währungsswaps verbreitet eingesetzt. Im ersten Fall werden zumeist feste gegen variable Zinsen auf ein bestimmtes Kapital getauscht. Der Währungsswap sieht einen Tausch in unterschiedlichen Währungen denominierter Kapital- und Zinszahlungen vor. Auch Kombinationen aus diesen Grundformen kommen als Sicherungsinstrumente in Betracht, z. B. Zinsbegrenzungsvereinbarungen (Floors, Caps und Collars) oder Optionen auf Zinsswaps (Swaptions).

 

Rz. 21

Um die in der Praxis gängige Absicherung eines Kaufs oder Verkaufs von Waren gegen Preisrisiken zu ermöglichen, rechnet § 254 Satz 2 HGB ferner Warentermingeschäfte zu den Finanzinstrumenten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Geschäfte eine physische Lieferung vorsehen oder durch Barausgleich glattgestellt werden.[2] Der Begriff der Waren ist mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift weit auszulegen. Er umfasst nicht nur die Waren im handelsbilanziellen Sinne von § 266 Abs. 2 B. I Nr. 3 HGB, sondern sämtliche handelbaren (materiellen und immateriellen) Güter, wie Energie, Metalle oder Emissionsrechte.[3] Termingeschäfte will der Gesetzgeber i. S. v. § 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 1 KWG in der damaligen Fassung verstanden wissen.[4]

 

Rz. 22

Zur Absicherung gegen Wertänderungs- und Zahlungsstromrisiken, denen ein Grundgeschäft ausgesetzt sein kann, eignen sich bspw. folgende Sicherungsinstrumente, sofern sie – im Vergleich zum Grundgeschäft – gegenläufige Wert- oder Zahlungsstromänderungen aufweisen:[5]

  • Zinsänderungsrisiken: Zinsswaps, Zinsfutures, Forward Rate Agreements, Zinsoptionen, Zinsbegrenzungsvereinbarungen
  • Währungsrisiken: Devisentermingeschäfte, Devisenoptionen, Währungs-Swaps
  • Ausfall- oder Adressenrisiken: Credit Default Swaps, Total Return Swaps, Credit Linked Notes, Credit Spread Options
  • (Sonstige) Preisänderungsrisiken: Futures, Forwards oder Optionen

Der Gesetzgeber zieht den Kreis qualifizierender Sicherungsinstrumente weiter als nach den Vorschriften des IAS 39. Der Standard erlaubt die Designation nicht-derivativer Finanzinstrumente als Sicherungsgeschäfte grds. nicht. Einzige Ausnahme bildet die Absicherung eines Währungsrisikos (IAS 39.72).[6]

Im Gegensatz dazu ist die Absicherung eines Währungsrisikos in der Regierungsbegründung nur als ein möglicher Anwendungsfall originärer Finanzinstrumente beschrieben.[7]

Geschriebene Optionen qualifizieren sich nicht zur Absicherung von Grundgeschäften, es sei denn, sie werden zur Glattstellung einer erworbenen Option eingesetzt.[8] Da der mögliche Verlust aus einer geschriebenen Option erheblich höher ausfallen kann als der Wertzuwachs aus dem zugehörigen Grundgeschäft, stellen sie kein Mittel dar, um Verlustrisiken wirksam zu begrenzen.

 

Rz. 23

Der Einsatz von Finanzinstrumenten als Sicherungsgeschäfte i. S. d. § 254 HGB erfordert eine ausdrückliche Designationsentscheidung. Sie kann nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft erfolgen.[9] Die Entscheidung ist nachvollziehbar zu dokumentieren (Rz 48 ff.).

 

Rz. 24

Ebenso wie bei Grundgeschäften besteht auch bei Sicherungsinstrumenten die Möglichkeit einer partiellen Designation. Unproble...

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