Rz. 74

Trotz der begrifflichen Verkürzung auf den Ertrag statt auf den Erfolg können unter der Ertragslage die Gesamtheit der die Ertragskraft bestimmenden Parameter und ihrer Auswirkungen auf Erfolgsindikatoren verstanden werden.[1] Die Ertragskraft ist die Fähigkeit des Unt, gegenwärtig und in Zukunft Gewinne zu erwirtschaften. Im Jahresabschluss ist die GuV, ergänzt um entsprechende Informationen im Anhang, das Instrument zur Darstellung der Ertragslage des Unt. Die Berichterstattung umfasst die Ermittlung des Periodenerfolgs und die Beschreibung zentraler erfolgsbestimmender Komponenten und Faktoren, wobei mit dem GKV und dem UKV in § 275 Abs. 2 und 3 HGB zwei unterschiedliche Darstellungsweisen für die GuV geboten werden (§ 275 Rz 1 ff.).

 

Rz. 75

Aus Sicht der Abschlussadressaten stellen sich bei der Analyse der Ertragslage von Unt auf dieser Basis grundlegende Probleme. Zum einen soll die Fähigkeit der Unt, zukünftig Gewinne zu erzielen, vermittelt werden.[2] Die veröffentlichte GuV und die entsprechenden Anhanginformationen liefern aber lediglich eine auf eine vergangene Periode gerichtete Darstellung. Daher verbleibt bei der externen Erfolgsanalyse nur die Möglichkeit, von den vergangenen auf die zukünftigen Ergebnisse zu schließen, wofür prospektive Erfolgsanalysen, approximative Hochrechnungen oder Prognosen erforderlich sind. Eine umfassende retrospektive Erfolgsanalyse legt jedoch mit differenzierten Erkenntnissen zu Erfolgshöhe, -zusammensetzung, -ursachen und -interpretation wesentliche Grundlagen für die prospektive Einschätzung der Erfolgsentwicklung von Unt, wobei auch die Informationen des Lageberichts in die Analyse einbezogen werden können. Zum anderen kann das in der GuV ausgewiesene Jahresergebnis nicht als betriebswirtschaftlich zutreffender Indikator für den Erfolg einer vergangenen Periode selbst angesehen werden. Die Größe entspricht wegen bilanzpolitischer Eingriffe sowie der zwangsläufig aus den GoB und den Einzelnormen zu Ansatz und Bewertung resultierenden stillen Reserven und Lasten manchmal nicht annähernd dem betriebswirtschaftlich als tatsachengemäß einzuschätzenden Jahresergebnis.

 

Rz. 76

Für eine ausgewogene Analyse der Ertragslage von Unt ist demnach eine umfassende retrospektive und prospektive Erfolgsbetrachtung erforderlich, in deren Rahmen detaillierte Analysen im Hinblick auf Höhe und Zusammensetzung des Erfolgs sowie dessen Entstehung nach Ergebnisquellen und -komponenten notwendig sind. Weitere Aussagen über die Ertragslage von Unt liefern Rentabilitätsanalysen, wertorientierte Performanceanalysen, Cashflow- und Wertschöpfungsanalysen sowie kapitalmarktorientierte Aktienkennzahlen.[3]

[1] Baetge/Commandeur/Hippel, in Küting/Weber, HdR-E, § 264 HGB Rn 26, Stand: 12/2013, daher mit dem Vorschlag, den Begriff "Ertragslage" durch den Begriff "Erfolgslage" zu ersetzen.
[2] Vgl. Müller, in Kußmaul/Müller, HdB, Bilanzanalyse in der HGB- und IFRS-Rechnungslegung, Rz 56 ff., Stand: 19.7.2022.
[3] Vgl. Lachnit/Müller, Bilanzanalyse, 2. Aufl. 2017, S. 167.

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