Rz. 8

§ 256a HGB gilt nur für die Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften zu einem auf die Ersterfassung folgenden Abschlussstichtag. Angesichts der insoweit angeordneten Anwendung des Devisenkassamittelkurses und der Geltung des Anschaffungswertprinzips sollen nach der Regierungsbegründung "laufende Geschäftsvorfälle auch im Zugangszeitpunkt mit dem Devisenkassakurs umzurechnen"[1] sein. Das gilt für VG, Schulden, RAP, latente Steuern, Aufwendungen und Erträge.

Die Regierungsbegründung spricht lediglich von einer Umrechnung zum Devisenkassakurs, nicht – wie in § 256a HGB – vom Devisenkassamittelkurs. Daraus wird verschiedentlich abgeleitet, bei der erstmaligen Umrechnung von Fremdwährungsgeschäften sei – anders als bei der Folgebewertung – zwischen Geldkurs und Briefkurs zu unterscheiden.[2] Andere Autoren wollen dagegen aus Vereinfachungsgründen und wegen der Bewertungskonsistenz auch im Zugangszeitpunkt eine Umrechnung zum Mittelkurs zulassen.[3]

Man wird differenzieren müssen: Geht es um die erstmalige Erfassung eines VG oder einer Schuld aus einem (seiner Art nach) erfolgsneutralen Anschaffungsvorgang und stehen die AK in Euro fest, stellt sich die Frage nach dem Umrechnungskurs nicht. Der betreffende Posten ist mit den tatsächlich in Euro angefallenen AK einzubuchen. Die Ersterfassung des zugegangenen VG bzw. der eingegangenen Schuld mit einem Betrag, der mit einem von den tatsächlichen AK abweichenden Devisenkassamittelkurs umgerechnet wurde, führte zum Ausweis eines Aufwands oder Ertrags. Das verträgt sich nicht mit dem Grundsatz der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen. Die Verwendung des Devisenkassamittelkurses wird man in diesen Fällen unter Praktikabilitätsgesichtspunkten akzeptieren können, wenn sie keine wesentlichen Erfolgseffekte zeigt.[4]

 

Rz. 9

 
Praxis-Beispiel

U überweist unter Einschaltung seiner Hausbank 500.000 USD an einen amerikanischen Lieferanten als Vorauszahlung für eine Warenbestellung. Die Bank belastet U mit dem zum Geldkurs von 1,25 USD je EUR umgerechneten Gegenwert von 400.000 EUR.

Die Forderung gegen den Lieferanten ist mit 400.000 EUR einzubuchen. Der Betrag stellt zugleich den Anschaffungspreis der gelieferten Güter dar. Eine Umrechnung der geleisteten Vorauszahlung zum Devisenkassamittelkurs führte zu einer Einbuchung der Forderung mit einem niedrigeren Betrag und damit zum Ausweis eines "störenden" Aufwands. Verändert sich der Wechselkurs bis zum Abschlussstichtag nicht, bewirkt die für die Folgebewertung angeordnete Umrechnung mit dem Devisenkassamittelkurs allerdings zwangsläufig eine entsprechende Abwertung der Forderung. Dieser Umstand lässt es bei unwesentlichen Effekten vertretbar erscheinen, bereits für Zwecke der Zugangsbewertung den Mittelkurs heranzuziehen.

 

Rz. 10

Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Zugangswert eines Fremdwährungspostens nicht durch eine vom Bilanzierenden gewährte oder empfangene Gegenleistung bestimmt wird. Das betrifft etwa die gewinnrealisierende Einbuchung von Fremdwährungsforderungen aus Absatzgeschäften oder den Erwerb von in fremder Währung fakturierten VG auf Kredit. In diesen Fällen besteht unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten ein Wahlrecht, den Zugangswert des Postens durch Umrechnung mit dem der relevanten Marktseite entsprechenden Kurs oder vereinfachend unter Verwendung des Devisenkassamittelkurses zu ermitteln. Welcher Kurs (Geldkurs oder Briefkurs) bei einer systematisch zutreffenden Verfahrensweise heranzuziehen ist, bestimmt sich danach, ob der Bilanzierende Devisen zur Abwicklung der Transaktion künftig beschaffen muss (dann Geldkurs) oder ob der Sachverhalt einen Umtausch von Devisen in Euro erfordert (dann Briefkurs).[5]

 
Praxis-Beispiel

U hat Waren zum Preis von 120.000 GBP nach Großbritannien geliefert. Zum Zeitpunkt der Forderungseinbuchung sind der Devisenkassamittelkurs der Fremdwährung mit 1,20 GBP je EUR und der Briefkurs mit 1,22 GBP je EUR festgestellt worden.

Die Einbuchung der Forderung zum Devisenkassamittelkurs ergibt einen Zugangswert von 100.000 EUR. Unter Verwendung des Briefkurses betragen die AK der Forderung 98.361 EUR. Die Vereinfachungslösung führt somit zu einem um 1.639 EUR höheren Ansatz der Forderung und der Umsatzerlöse. Der Einwand, die Umrechnung zum Devisenkassamittelkurs widerspreche dem Vorsichtsprinzip, da U beim Umtausch der Devisen in Euro keine 100.000 EUR erhalte, überzeugt nicht. Geht die Forderung noch im gleichen Gj ein, wird der überhöhte Umsatz bei konstantem Wechselkurs der Fremdwährung durch einen entsprechenden Aufwand aus dem Verkauf der Devisen zum Briefkurs kompensiert. Besteht die Forderung am Abschlussstichtag noch und haben sich die Wechselkurse seit ihrer Einbuchung nicht verändert, ist sie auch bei einer vorausgegangenen Einbuchung zum Briefkurs mit 100.000 EUR anzusetzen, da für die Folgebewertung der Mittelkurs heranzuziehen ist.

 
Geschäftsvorfall Einbuchung zum Briefkurs Einbuchung zum Mittelkurs
Umsatz (EUR) s.b.E. /
s.b.A (EUR)
Umsatz (EUR) s.b.E. /
s.b.A (EUR)

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