Rz. 95

Aufwendungen für bezogene Leistungen erfordern einen von dem Posten "Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren" getrennten Ausweis. Unter diesem Posten sind insb. die in die Herstellung eingeflossenen Fremdleistungen, wie z. B. die von Dritten durchgeführte Lohnverarbeitung oder -bearbeitung von zur Verfügung gestellten Werkstoffen und unfertigen Erzeugnissen zu subsumieren (z. B. Umschmelzen von Metallen, Härten von eigenen Erzeugnissen, Stanzarbeiten).[1] Aber auch die Aufwendungen für fremdbezogene Energie (z. B. Strom, Gas, Fernwärme) und für fremd durchgeführte Produktentwicklungen oder die Inanspruchnahme von Fertigungslizenzen sind hier auszuweisen.[2] Aufgrund ihrer Betriebsstoffeigenschaft kommt für Strom oder Gas allerdings auch ein Ausweis unter Nr. 5a in Betracht.[3] Für Verkehrsbetriebe stellt dies im Hinblick auf den Fahrstrom den Regelfall dar. Auch der Energiebezug durch Versorgungsbetriebe ist als Materialaufwand auszuweisen.

 

Rz. 96

Die Aufwandszuordnung zu diesem Posten richtet sich danach, ob es sich um Aufwendungen handelt, die ihrem Wesen nach für die Erzeugung bzw. Be- oder Verarbeitung von Erzeugnissen und Waren angefallen sind oder durch die Erbringung von Dienstleistungen i. S. d. Umsatzerlösdefinition veranlasst sind.[4] Gleichwohl gilt analog zu den Aufwendungen für RHB und für bezogene Waren auch hier, dass für die in den nicht herstellungsbezogenen Funktionsbereichen (z. B. Vertrieb und Verwaltung, F&E) angefallenen Aufwendungen für bezogene Leistungen ein alternativer Ausweis unter dem Posten "sonstige betriebliche Aufwendungen" zulässig ist.[5] Voraussetzung für einen Ausweis bezogener Fremdleistungen als "bezogene Leistungen" ist, dass diese nicht nur in einem losen Zusammenhang zur Leistungserbringung stehen, sondern als ein wesentlicher Bestandteil in die Produkte und Dienstleistungen des Unt einfließen, aus denen das Unt seine Umsatzerlöse generiert.[6]

 

Rz. 97

 
Praxis-Beispiel

Keine Aufwendungen für bezogene Leistungen stellen Lager- und Transportkosten (soweit nicht Anschaffungsnebenkosten von RHB), Fremdlagerkosten, Prüfungshonorare, Sachversicherungsprämien, Sachverständigenhonorare und Kosten für Werbung dar. Diese entsprechen in ihrem Charakter nicht den Materialkosten und stellen keinen prägenden Teil einer auf die Umsatzerlöserzielung abzielenden Dienstleistung dar.

Dies mag in vielen Fällen auch für Beratungshonorare und Mieten gelten, kann aber aufgrund der veränderten Umsatzerlösdefinition nicht generalisiert unterstellt werden. So stellen Mieten für Werkswohnungen im Falle der Weitervermietung an die Beschäftigten bezogene Leistungen dar.

Bei der Erbringung von Baudienstleistungen stellen Dritthonorare für extern bezogene Ingenieurdienstleistungen oder Beratungsleistungen i. R. d. Bautätigkeit bezogene Leistungen dar. Erzielt das Unt neben den Umsatzerlösen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auch Umsatzerlöse aus der laufenden Unterlizenzierung, so sind die diesen Umsatzerlösen gegenüberstehenden Aufwendungen für die zu tragenden Lizenzgebühren als bezogene Leistungen auszuweisen.

 

Rz. 98

Die Aufwendungen für Fremdreparaturen sind unter dem Posten Nr. 5b auszuweisen, sofern diese überwiegend von den Aufwendungen für den Materialverbrauch anstatt vom Lohnteil beeinflusst werden. Zwar wird dieser Sachverhalt einer Beurteilung in Einzelfällen nur schwer zugänglich sein, es erweist sich aber als maßgeblich für die Entscheidung, ob ein Ausweis unter Nr. 5b oder unter den "sonstigen betrieblichen Aufwendungen" vorzunehmen ist.[7]

 

Rz. 99

Mietaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Umsatzerzielung durch Weitervermietung stehen, sind aufgrund der durch das BilRUG geänderten Umsatzerlösdefinition ebenfalls als bezogene Leistungen auszuweisen.

Lizenzgebühren sind dann als bezogene Leistungen auszuweisen, wenn ein wesentlicher Zusammenhang zwischen der zu erbringenden Leistung besteht und diese zu Umsatzerlösen führt. Besteht keine wesentliche Verbindung zu den Umsatzerlösen ist ein Ausweis als sonstiger betrieblicher Aufwand erforderlich. Die Beurteilung, ob die Nutzung der Lizenzrechte einen wesentlichen Bestandteil der umsatzbezogenen Leistungserbringung darstellen, ist einzelfallabhängig zu treffen.

[1] Vgl. Kirsch/Ewelt-Knauer, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 277 HGB Rz 121, Stand: 10/2015.
[2] Vgl. Justenhoven/Kliem/Müller, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 275 HGB Rz 120; 1; IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. F Tz 820; a. A. hierzu vgl. Budde, in Küting/Weber, HdR-E, § 275 HGB Rz 53, Stand: 05/2017; Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 275 HGB Rn 49.
[3] Vgl. Justenhoven/Kliem/Müller, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 275 HGB Rz 120.
[4] Vgl. Justenhoven/Kliem/Müller, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 275 HGB Rz 120.
[5] Vgl. Kirsch/Ewelt-Knauer, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 275 HGB Rz 122, Stand: 12/2015.
[6] Vgl. Justenhoven/Kliem/Müller, in Beck Bil-Komm., 13....

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