Rz. 133

Bei einer börsennotierten AG (§ 3 Abs. 2 AktG) umfasst der Prüfungsgegenstand gem. § 317 Abs. 4 HGB auch die dem Vorstand nach § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Maßnahmen (Risikofrüherkennungssystem). Abs. 4 der Vorschrift verpflichtet den Abschlussprüfer, in einem gesonderten Abschnitt des Prüfungsberichts auszuführen, ob der Vorstand die nach § 91 Abs. 2 AktG erforderlichen Maßnahmen getroffen, insb. ein Risikofrüherkennungssystem eingerichtet hat, und ob das Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann. Zur Prüfung des Risikofrüherkennungssystems vgl. § 317 Rz 131.

 

Rz. 134

Die Berichterstattungspflicht betrifft somit die Prüfungsberichte von börsennotierten AG. Da sich die Vorschrift auf die geprüfte Gesellschaft bezieht und folglich das Risikofrüherkennungssystem lediglich Bestandteil der Jahresabschlussprüfung ist, ist ein Abschnitt im Prüfungsbericht lediglich zur Jahresabschlussprüfung dieser Ges. zwingend, auch wenn die Ausgestaltung des Risikofrüherkennungssystems konzernweit zu erfolgen hat. Insb. bei börsennotierten AG, die zugleich MU eines (Teil-)Konzerns sind, braucht der Konzern-Abschlussprüfer im Prüfungsbericht zum (Teil-)Konzernabschluss grds. keine Feststellungen zum Risikofrüherkennungssystem des MU zu treffen.[1]

 

Rz. 135

Der Abschlussprüfer hat festzustellen, ob das Risikofrüherkennungssystem geeignet ist, den Fortbestand der Ges. gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, und ob Maßnahmen zu dessen Verbesserung erforderlich sind. Konkrete Verbesserungsvorschläge sind nicht Gegenstand der Berichterstattung, es sind lediglich die betreffenden Bereiche zu benennen.[2] Der Abschlussprüfer hat auch keine Darstellung des Risikofrüherkennungssystems vorzunehmen.

 

Rz. 136

Soweit keine Beanstandungen festgestellt werden, empfiehlt sich folgende Formulierung:[3]"Unsere Prüfung hat ergeben, dass der Vorstand die nach § 91 Abs. 2 AktG geforderten Maßnahmen, insb. zur Einrichtung eines Überwachungssystems, in geeigneter Weise getroffen hat und dass das Überwachungssystem geeignet ist, Entwicklungen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden, frühzeitig zu erkennen."

 

Rz. 137

Soweit das Risikofrüherkennungssystem offenkundig völlig unzureichende Maßnahmen des Vorstands umfasst, handelt es sich um eine sonstige Unregelmäßigkeit, über die gem. § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB zu berichten ist (Rz 77).[4]

 

Rz. 138

Diese Redepflicht besteht für alle AG, da die Vorschrift des § 91 Abs. 2 AktG keine Differenzierung hinsichtlich Börsennotierung nach § 3 Abs. 2 AktG vornimmt.

 

Rz. 139

Nach h. M. entfaltet § 91 Abs. 2 AktG eine Ausstrahlungswirkung auf Ges. anderer Rechtsform, da die Implementierung eines angemessenen Überwachungssystems zu den Sorgfaltspflichten der gesetzlichen Vertreter zu zählen ist.[5] Eine Berichterstattung als Unregelmäßigkeit bei diesen Ges. kann dann in Betracht kommen, wenn die Geschäftsführung i. R. d. Risikoberichts bzw. Prognoseberichts als Teil des Lageberichts (vgl. DRS 20) keine angemessenen Instrumentarien zur Risikofrüherkennung implementiert hat und der Lagebericht deshalb in den genannten Bereichen unvollständig sein kann.

[1] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. M Tz 468, 667.
[2] Vgl. IDW PS 450.106 n. F.
[3] Vgl. IDW PS 450.105 n. F.
[4] Vgl. IDW PS 450.107 n. F.
[5] Vgl. Orth/Schäfer, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 321 HGB Rz 119, Stand: 7/2018, m. w. N.

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