Rz. 47

Die sog. Vorwegberichterstattung verlangt, dass der Abschlussprüfer zur Beurteilung der Lage durch die gesetzlichen Vertreter Stellung zu nehmen hat. Dabei ist insb. auf die Beurteilung des Fortbestands und der zukünftigen Entwicklung des Unt unter Berücksichtigung des Lageberichts einzugehen.[1] Außerdem ist i. R. d. sog. Redepflicht über bei der Durchführung der Abschlussprüfung festgestellte Tatsachen zu berichten, die

  • den Bestand des Unt gefährden können,
  • die Entwicklung des geprüften Unt wesentlich beeinträchtigen können,
  • Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften darstellen,
  • schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen.
 

Rz. 48

Die Tatsache, dass der Abschlussprüfer nicht an beliebiger Stelle im Prüfungsbericht, sondern vorweg über die wirtschaftliche Lage sowie über festgestellte Unregelmäßigkeiten zu berichten hat, zeigt, welche Bedeutung der Gesetzgeber diesem Berichtsteil zugemessen und die problemorientierte Sicht des Prüfungsberichts normiert hat.[2] Hiermit wird bezweckt, dass die Berichtsadressaten durch den Abschlussprüfer über eine negative Unternehmensentwicklung oder festgestellte Unregelmäßigkeiten informiert werden, damit rechtzeitig geeignete Maßnahmen eingeleitet werden können. Durch die Stellungnahme eines unabhängigen Dritten zu den möglicherweise subjektiv gefärbten Darlegungen des Vorstands zur Lage des Unt soll dem Berichtsadressaten eine Objektivierung der Lagebeurteilung ermöglicht werden.[3]

[1] Vgl. IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. M Tz 190 ff.
[2] Vgl. BT-Drs. 13/9712 v. 28.1.1998 S. 28.
[3] Vgl. Hommelhoff, BB 1998, S. 2571.

3.2.1 Lage des Unternehmens

3.2.1.1 Stellungnahme zur Lagebeurteilung (Abs. 1 Satz 2)

 

Rz. 49

Der Abschlussprüfer hat in seiner Stellungnahme zur Lagebeurteilung durch die gesetzlichen Vertreter deren wesentliche Aussagen im Lagebericht zu würdigen. Im Vordergrund hierbei steht die Beurteilung des Fortbestands und der zukünftigen Entwicklung des Unt, wie sie im Jahresabschluss und Lagebericht ihren Ausdruck gefunden haben.[1] Gelangt der Abschlussprüfer bei seiner diesbzgl. Prüfung zu keiner anderen Einschätzung als die gesetzlichen Vertreter, so genügt für den Fall einer positiven Fortbestands- und Entwicklungsprognose grds. eine knappe Feststellung im Prüfungsbericht.[2] Bei unsicherer oder negativer Fortbestandsprognose der gesetzlichen Vertreter sind regelmäßig ausführliche Darstellungen des Abschlussprüfers unter expliziter Bezugnahme auf die Angaben und Ausführungen der gesetzlichen Vertreter im Anhang und Lagebericht erforderlich.[3]

 

Rz. 50

In seinen Ausführungen im Prüfungsbericht zur Lagebeurteilung durch die gesetzlichen Vertreter hat der Abschlussprüfer die für die Berichtsadressaten wesentlichen Aussagen des Lageberichts hervorzuheben. Diese Hervorhebungen können durch analysierende Darstellungen wesentlicher Aspekte der wirtschaftlichen Lage ergänzt werden.[4] Grds. sind verbale Ausführungen hierzu ausreichend. Im Einzelfall ist es aber zweckmäßig oder sogar geboten, zahlenmäßige Darstellungen vorzunehmen, wenn diese quantitativen Angaben für die Beurteilung durch die Berichtsadressaten von besonderer Bedeutung sind. Mit der Verwendung von zahlenmäßigen Darstellungen sollte im Einzelfall maßvoll umgegangen werden, um zu vermeiden, dass die Berichtsadressaten mit zu vielen Details belastet werden. Andererseits kann sich eine knapp gehaltene zahlenmäßige Aufbereitung zur Veranschaulichung von Entwicklungstendenzen anbieten. Als Grundlage für die Lagebeurteilung können sich zusammenfassende Übersichten unter Angabe von Vorjahreszahlen zur Struktur von Bilanz und GuV empfehlen.[5]

 

Rz. 51

Die Hervorhebungspflicht des Abschlussprüfers umfasst eine kurze Darstellung der Kernaussagen des Lageberichts zur wirtschaftlichen Lage und zum Geschäftsverlauf. Anhaltspunkte für wesentliche Angaben zur wirtschaftlichen Lage und zum Geschäftsverlauf können z. B. folgende Bereiche betreffen:[6]

  • Entwicklung von Gesamtwirtschaft und Branche sowie Entwicklung des Unt im Branchenvergleich (z. B. Marktanteile, Umsatzwachstum),
  • Umsatz- und Auftragsentwicklung,
  • Produktion (z. B. Änderung von Make-or-buy-Entscheidungen, Änderungen des Produktsortiments, Rationalisierungsmaßnahmen),
  • Beschaffung (z. B. Preisrisiken, Lieferantenabhängigkeiten),
  • Investitionen (durchgeführte und verschobene bzw. gestrichene),
  • Finanzierung (z. B. Kreditlinien, Maßnahmen zur EK- und FK-Beschaffung),
  • Personal- und Sozialbereich (z. B. besondere Vergütungsvereinbarungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen),
  • wichtige Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und deren Entwicklung im Zeitablauf sowie benchmarking,
  • wichtige Segmente/Sparten.
 

Rz. 52

Hervorheben bedeutet Auswahl und Wiedergabe solcher Angaben des Jahresabschlusses und Lageberichts, die wichtige Veränderungen und Entwicklungstendenzen aufzeigen.[7] Analysierende Darstellungen umfassen v. a. vertiefende Erläuterungen wesentlicher Angaben, die Beschreibung v...

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