Rz. 34

Das Erläuterungsrecht des Abschlussprüfers stellt eine gesetzliche Ausnahme von der ansonsten bestehenden Verschwiegenheitsverpflichtung des Abschlussprüfers gem. § 323 Abs. 1 und 3 HGB dar. Der Abschlussprüfer benötigt kraft der gesetzlichen Regelung hierfür keine Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung durch die Unternehmensorgane. Diese können auch nur i. R. ihres Widerspruchsrechts nach Abs. 3 Satz 1 dagegen vorgehen (Rz 39 ff.).

 

Rz. 35

Ziel des Erläuterungsrechts ist, dem Abschlussprüfer die Möglichkeit der Entlastung zu geben, wenn z. B. i. R. öffentlicher Berichterstattung Zweifel an der Qualität der durchgeführten Abschlussprüfung bzw. der Berichterstattung darüber geäußert werden. Der Abschlussprüfer erhält dieses Erläuterungsrecht erst, wenn das Einsichtnahmerecht gem. Abs. 1 Satz 1 ausgeübt wird, und es besteht auch nur gegenüber den Einsichtnehmenden. Es handelt sich um ein Recht des Abschlussprüfers, nicht um eine Verpflichtung, auch wenn dies von den Einsichtnehmenden gewünscht wird.

 

Rz. 36

Da gem. Abs. 3 Satz 3 die Verschwiegenheitspflicht "im Übrigen" bestehen bleibt, wird das Erläuterungsrecht des Abschlussprüfers so zu verstehen sein, dass sich der Abschlussprüfer auf Berichtsteile beschränkt, die ggf. missverständlich oder die zum Verständnis der für die im Prüfungszeitpunkt bestandenen wirtschaftlichen Situation der geprüften Ges. erforderlich sind. Nicht zulässig wäre es somit, den gesamten Prüfungsbericht zu kommentieren oder ihn sogar den Einsichtnehmenden zu überlassen.[1]

 

Rz. 37

Das Erläuterungsrecht des Abschlussprüfers wird weiter beschränkt durch das Widerspruchsrecht gem. Abs. 3 Satz 1 (Rz 39 ff.); es empfiehlt sich daher für den Abschlussprüfer, sich vor Ausübung des Erläuterungsrechts mit den Widerspruchsberechtigten abzustimmen, ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben.

 

Rz. 38

Da auch der Prüfungsbericht den Einsichtnehmenden nicht überlassen oder in Kopie zur Verfügung gestellt werden darf (Rz 22), ist das Erläuterungsrecht ausschl. mündlich auszuüben.[2] Bei den Erläuterungen kann sich der Abschlussprüfer an den berufsüblichen Grundsätzen für die mündliche Berichterstattung an den Aufsichtsrat orientieren.[3] Durch die Wahrnehmung des Erläuterungsrechts entsteht kein Auskunftsvertrag oder sonstiges Schuldverhältnis zwischen Abschlussprüfer und Einsichtsberechtigten. Gleichwohl erscheint es für den Abschlussprüfer zweckmäßig, vor einer Erläuterung des Prüfungsberichts Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen mit dem Einsichtnehmenden zu vereinbaren.[4]

[1] Vgl. Forster/Gelhausen/Möller, WPg 2007, S. 199.
[2] A. A. Forster/Gelhausen/Möller, WPg 2007, S. 199, die auch eine schriftliche Erläuterung für zulässig erachten.
[3] Vgl. IDW PS 470 n. F.; gl. A. Justenhoven/Deicke, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 321a HGB Rz 11.
[4] Vgl. Orth, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 321a HGB Rz 8, Stand: 7/2022, der in außergewöhnlichen, sachverhaltsabhängigen Ausnahmefällen einen Dritthaftungsanspruch für möglich hält.

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