Rz. 12

Die Vermerkpflicht bezieht sich auf das sog. Wechselobligo, d. h. die Haftung aus der Begebung und Übertragung von Wechseln i. S. v. § 1 Wechselgesetz (WG). Angabepflichtig sind alle Wechsel, für die der Kfm. entweder als Aussteller (§ 9 Abs. 1 WG, Begebung von Wechseln) oder als sog. Indossant (§ 15 Abs. 1 WG, Übertragung von Wechseln) haftet. Die Vermerkpflicht umfasst den Gesamtbetrag aller Wechsel, die am Bilanzstichtag noch nicht fällig oder noch nicht eingelöst waren, sodass der Bilanzadressat über den Gesamtumfang der auf den Kfm. möglicherweise zukommenden Haftungsverpflichtungen zum Stichtag informiert wird. Die Bonität des Akzeptanten oder sonstiger in der Kette vorrangig Verpflichteter ist unbeachtlich. Allein das Vorliegen des wechselrechtlichen Obligos löst die Angabepflicht aus. Hieraus ergibt sich, dass bspw. auch Wechsel, die auf die öffentliche Hand gezogen sind, stets in den Vermerk einzubeziehen sind.[1] Die Bonität der übrigen Verpflichteten hat allerdings eine erhebliche Bedeutung für die Frage, ob mit einer wechselrechtlichen Inanspruchnahme tatsächlich zu rechnen ist und dementsprechend anstelle eines Bilanzvermerks die Bilanzierung einer Rückstellung geboten ist.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U hat von seinen Kunden K1 und K2 Wechsel über 500 TEUR (K1) und 300 TEUR (K2) hereingenommen und kurz vor dem Bilanzstichtag seiner Hausbank zur Gutschrift eingereicht. K1 ist bereits seit einiger Zeit aufgrund von Auftragsrückgängen in einer finanziell sehr schwierigen Lage; zu K2 bestehen keine besonderen, insb. keine negativen Erkenntnisse. Für die Verpflichtung aus dem Wechsel von K1 wird mit einer Inanspruchnahme i. H. v. 350 TEUR gerechnet. Es ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten i. H. v. 350 TEUR zu bilden. Unter der Bilanz ist ein Vermerk für Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln i. H. v. 150 TEUR (K1) + 300 TEUR (K2) = 450 TEUR zu machen.

 

Rz. 13

Das wechselrechtliche Obligo erlischt an dem Tag, an dem der Wechsel durch den Bezogenen, den Aussteller oder einen Vorgiranten eingelöst wird. Der Einlösetag ist nicht automatisch der Verfalltag. Der Einlösetag kann grds. auch nach dem Verfalltag liegen. Allerdings ist dem Bilanzierenden, der den Wechsel weitergegeben hat, der Einlösetag i. d. R. nicht bekannt. In der Bilanzierungspraxis wird allgemein davon ausgegangen, dass das Obligo spätestens fünf Tage nach dem Verfall des Wechsels erlischt, sofern dem Wechselverpflichteten kein Protest, der einen Rückgriff erlauben würde, bekannt gemacht worden ist.[2] Damit sind alle Wechsel angabepflichtig, bei denen am Bilanzstichtag die Fünf-Tagefrist noch nicht abgelaufen sowie nicht bekannt ist, dass der Wechsel vor dem Abschlussstichtag tatsächlich eingelöst wurde.[3] Erlangt das Unt bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung Kenntnis davon, dass der Wechsel bereits zum Bilanzstichtag eingelöst war, entfällt die Vermerkpflicht. Wird dagegen im Wertaufhellungszeitraum bis zur Bilanzaufstellung bekannt, dass ein Wechsel zum Protest gegeben wurde und der bilanzierende Kfm. demzufolge mit einer konkreten Inanspruchnahme zu rechnen hat, so ist eine entsprechende Passivierung und gleichzeitige Reduzierung des Bilanzvermerks vorzunehmen.

Die tatsächliche Inanspruchnahme wird aufgrund der relativ kurzen Fristen im Regelfall bis zur Bilanzerstellung bekannt sein. Neben der damit gebotenen Passivierung für den konkreten Einzelfall wird – sofern ein Wechselobligo aus einer größeren Anzahl von Wechseln resultiert – darüber hinaus eine pauschale Rückstellung für mögliche Inanspruchnahmen auch dann zu bilden sein, wenn konkrete Regressansprüche nicht geltend gemacht worden sind. Der entsprechende Betrag ist bei der Ermittlung des in den Vermerk aufzunehmenden Postens in Abzug zu bringen.

 
Praxis-Beispiel

Der Gesamtbetrag der im Bilanzvermerk zu berücksichtigenden Wechsel beträgt zum Bilanzstichtag 800 TEUR. Aufgrund von Erfahrungen der Vergangenheit beträgt die durchschnittliche Inanspruchnahme für nicht im Einzelfall i. R. v. Rückstellungen berücksichtigte Wechsel 4 %. Es wird eine pauschal ermittelte Rückstellung für drohende Wechselinanspruchnahme i. H. v. 32 TEUR gebildet sowie ein Bilanzvermerk i. H. v. 800 TEUR – 32 TEUR = 768 TEUR angegeben.

Die wechselrechtliche Haftung umfasst nicht nur den Nominalbetrag der Wechselsumme, sondern bezieht sich auch auf Nebenkosten wie Zinsen, Kosten des Protests und andere Auslagen. Nach h. M. soll es zulässig sein, diese Nebenkosten nicht in den Bilanzvermerk mit aufzunehmen, sondern sie i. R. d. erwähnten Pauschalrückstellung zu berücksichtigen;[4] abweichende Auffassungen, denen hier nicht gefolgt wird, gehen davon aus, dass Nebenkosten überhaupt nicht von der Vermerkpflicht erfasst werden und somit auch nicht in eine evtl. Pauschalrückstellung einzubeziehen sind.[5]

 

Rz. 14

Nicht ausweispflichtig sind Mobilisierungs- und Kautionswechsel sowie Depotwechsel für eigene Verbindlichkeiten und Gefälligkeitsakzepte. In diesen Fällen lie...

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