Rz. 150

Grds. keine Ausnahmefälle i. S. d. § 252 Abs. 2 HGB stellen die Spezialvorschriften dar (Rz 155 ff.; s. zur Norm-Rangfolge auch Rz 18).[1] Im Kontext der Bewertungsmethoden stehen bspw. folgende Spezialvorschriften der Stetigkeit entgegen bzw. verhindern eine Anwendung des der Spezialvorschrift nachgelagerten Grundsatzes:

  • Außerplanmäßige Abschreibungen bei VG des AV bei voraussichtlich dauernder Wertminderung;
  • Außerplanmäßige Abschreibungen bei FAV auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung;
  • Abschreibungen von VG des UV auf den niedrigeren Wert, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt;
  • Wegfall der Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten i. S. d. § 254 HGB (etwa Wegfall des Kriteriums der Vergleichbarkeit oder des Ausgleichs);
  • Verkürzung der Restlaufzeit von auf fremde Währung lautenden VG und Schulden auf ein Jahr oder weniger mit der Konsequenz der möglichen Abkehr vom AHK-Prinzip (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) sowie von § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB (Rz 109 ff.).

Die Änderung der voraussichtlichen Nutzungsdauer bei VG als Ausfluss der Spezialvorschrift des § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB ohne Änderung der Ermittlungsmethodik etwa stellt dagegen ohnehin keine Abkehr vom Grundsatz der Bewertungsmethodenstetigkeit bzw. Verhinderung der Anwendung des der Spezialvorschrift nachgelagerten Grundsatzes dar. In diesen Fällen ändert sich zwar die Bewertung, nicht jedoch die Bewertungsmethode.

 

Rz. 151

In Konsequenz der seit Einführung des BilRUG gebotenen engeren Auslegung des Anwendungsbereichs der Ausnahmeregelung (Rz 155 ff.) kommt eine Anwendung des § 252 Abs. 2 HGB nur in Betracht, wenn eine Beibehaltung der Bewertungsgrundsätze der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unt entgegenstehen würde oder mit Blick auf den Grundsatz der Wesentlichkeit und/oder jenen der Wirtschaftlichkeit auf eine Beibehaltung dieser verzichtet werden kann und daraus zumindest keine Verschlechterung der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage resultiert.

Ausnahmen von der stetigen Anwendung von Bewertungsmethoden i. S. d. § 252 Abs. 2 HGB, d. h. in begründeten Einzelfällen, kommen insofern u. E. grds. in Betracht, sofern die Beibehaltung von Bewertungsmethoden der Einhaltung der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB zuwider läuft oder (erst) die Durchbrechung zu einem klaren und übersichtlichen Jahresabschluss führt.[2]

 

Rz. 152

Als unstrittige begründete Ausnahmefälle sind im Schrifttum (nicht abschließend) folgende Sachverhalte aufgeführt[3]:

  • Änderungen bei den Bilanzierungsvorschriften bzw. Gesetzen;
  • Änderungen in der Rechtsprechung;
  • Anpassung an die Ergebnisse einer steuerlichen Außenprüfung;
  • Änderungen bei der Konzernzugehörigkeit;
  • Einleitung von Sanierungsmaßnahmen;
  • Aufgabe der Unternehmensfortführung;[4]
  • Wesentliche Veränderungen der Gesellschafterstruktur;
  • Wechsel des Managements unter Wechsel auch der Unternehmensstrategie;
  • Wesentlich veränderte Einschätzung der Unternehmensentwicklung;
  • Inanspruchnahme oder Wegfall der Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren;
  • (ggf. wesentliche) technische Änderungen/Neuerungen;
  • (ggf. wesentliche) Änderungen der Finanz- und Kapitalstruktur;
  • (ggf. wesentliche) Veränderungen des Beschäftigungsgrades;
  • (ggf. wesentliche) Produktions- und Sortimentsumstellungen;[5]
  • (ggf. wesentliche) Absatzmarktverschlechterungen;[6]
  • Änderungen im System der Kostenrechnung.[7]
 

Rz. 153

Das IDW[8] geht davon aus, dass begründete Ausnahmefälle bzw. "sachlich gerechtfertigte Abweichungen" nur in folgenden Fällen vorliegen:

  • Änderung der rechtlichen Gegebenheiten (insb. Änderung von Gesetz und Satzung, Änderung der Rechtsprechung);
  • Bessere Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage;
  • Inanspruchnahme von Bewertungsvereinfachungsverfahren;
  • Anpassung an konzerneinheitliche Bilanzierungsrichtlinien;
  • Verfolgung steuerlicher Ziele.

Diese Limitierung ist vor dem Hintergrund der (bewusst) fehlenden Deckelung entsprechender Ausnahmefälle in § 252 Abs. 2 HGB und der entsprechend offenen Regelung i. V. m. der Sinnhaftigkeit der Berücksichtigung rechtlicher, wirtschaftlicher und organisatorischer Sachverhalte im Kontext der Verbesserung der Vergleichbarkeit, Klarheit und Übersichtlichkeit (bessere Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist auch vom IDW vorgesehen) weder zweckmäßig noch begründbar.[9] Hinsichtlich der Verfolgung von steuerlichen Zielen geht das IDW allerdings über andere Auffassungen im Schrifttum hinaus (Rz 154).

 

Rz. 154

Umstritten dagegen sind Durchbrechungen unter Rückgriff auf § 252 Abs. 2 HGB in folgenden Fällen:

  • Steuerliche Ziele: Während deren Verfolgung mitunter nicht limitiert wird,[10] wird anderenorts nur die Nutzung eines anderenfalls entfallenden Verlustvortrags, nicht d...

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