Rz. 140

Obwohl mit dem BilMoG erhebliche Änderungen der Bilanzierungsvorschriften für latente Steuern eingeführt wurden, sieht das EGHGB keine Beibehaltungs- oder Fortführungswahlrechte für nach der Altfassung angesetzte Steuerlatenzen vor. Während seit der Neufassung des § 274 HGB das international gebräuchliche bilanzorientierte temporary-Konzept anzuwenden ist, schrieb die Altfassung die Anwendung des GuV-orientierten timing-Konzepts vor. Die Steuerabgrenzung orientierte sich nach der Altfassung an Differenzen, die sich aus der unterschiedlichen Periodisierung von Aufwendungen und Erträgen bei der Ermittlung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses im Verhältnis zur steuerlichen Gewinnermittlung ergaben. § 274 HGB i. d. F. vor BilMoG erfasste allein die sich in der GuV auswirkenden Abweichungen zwischen dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss und dem zu versteuernden Gewinn. Das Verbot zur erfolgsneutralen Erfassung von Wertänderungen führte dazu, dass aus dem Übergang vom GuV-orientierten zum bilanzorientierten Konzept für die Aufstellung des HGB-JA keine nennenswerten Effekte für den handelsrechtlichen Jahresabschluss folgen. Durch den Übergang von den Vorschriften der Altfassung auf jene der Neufassung sollte die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im handelsrechtlichen Jahresabschluss verbessert und letztlich die Informationsinteressen der Abschlussadressaten gestärkt werden.[1] Entsprechend sind auch nach der Altfassung angesetzte aktive oder passive latente Steuern nach Maßgabe des § 274 HGB i. d. F. vor BilMoG zu behandeln.

 

Rz. 141

Allerdings führen eine Vielzahl der Änderungen der Ansatz- und Bewertungsvorschriften durch das BilMoG sowie die übrigen Übergangsvorschriften des Art. 67 EGHGB zur Bildung latenter Steuern. Für Aufwendungen oder Erträge aus der erstmaligen Anwendung des § 274 HGB schaffte der Gesetzgeber mit Art. 67 Abs. 6 Satz 1 EGHGB eine Übergangsvorschrift, die vorsieht, dass diese unmittelbar in die Gewinnrücklagen einzustellen sind. Gleiches gilt gem. Art. 67 Abs. 6 Satz 2 EGHGB für Aufwendungen und Erträge nach § 274 HGB, die aus der unmittelbaren Verrechnung mit den Gewinnrücklagen gem. Art. 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 4 Satz 2 EGHGB resultieren.

 

Rz. 142

Die in den Übergangsvorschriften vorgesehene erfolgsneutrale Erfassung von Aufwendungen und Erträgen nach § 274 HGB konnte dabei der Logik der Art. 66 und 67 EGHGB folgend – und in Bezug auf die Erstanwendungserträge bzw. -aufwendungen ohnehin bereits der Formulierung von Art. 67 Abs. 6 Satz 1 EGHGB zu entnehmen – nur im ersten auf den Umstellungszeitpunkt folgenden Jahresabschluss erfolgen. Die Inanspruchnahme der Fortführungs- und Beibehaltungswahlrechte von Art. 67 EGHGB führt jedoch dazu, dass bei einem späteren Wechsel zur Bilanzierung nach dem HGB i. d. F. nach BilMoG ein erfolgswirksamer Vorgang entsteht, was gleichermaßen in Bezug auf etwaige latente Steuern gilt. In diesem Kontext ist die Ausnahme des Art. 67 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 EGHGB von der zur Beibehaltung alternativen Einstellung in die Gewinnrücklagen des Art. 67 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 EGHGB für Aufwandsrückstellungen zu beachten, die vorsieht, dass Beträge, die der Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 HGB i. d. F. vor BilMoG im letzten vor dem 1.1.2010 beginnenden Gj zugeführt wurden, nicht erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen eingestellt werden dürfen. Unter der Voraussetzung, dass für diese Aufwandsrückstellung latente Steuern nach § 274 HGB i. d. F. vor BilMoG gebildet wurden, können sich daraus Auswirkungen in Form der Auflösung latenter Steuern ergeben (§ 274 Rz 122).

 

Rz. 143

Sofern im Zeitpunkt der Umstellung von der Alt- zur Neuregelung das Aktivierungswahlrecht des § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB in Anspruch genommen wurde, war ein evtl. bestehender steuerlicher Verlustvortrag i. S. d. § 274 Abs. 1 Satz 4 HGB (innerhalb der nächsten 5 Jahre zu erwartende Verlustverrechnung) erfolgsneutral zu berücksichtigen.

 

Rz. 144

Etwaige infolge des Übergangs von der Bilanzierung nach der Alt- auf die Neufassung des HGB erfolgswirksam zu behandelnde latente Steuern sind unter Anwendung des Stetigkeitsgebots entweder als "Steuern vom Einkommen und vom Ertrag" oder bis in vor dem 1.1.2016 beginnende Gj hinein unter Anwendung des Art. 67 Abs. 7 EGHGB als "ao Erträge bzw. Aufwendungen" zu erfassen, wenngleich das außergewöhnliche Ergebnis eigentlich keine – der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zurechenbare – Steueraufwendungen respektive -erträge umfasst (§ 274 Rz 125).[2] Entsprechende Auswirkungen können sich aufgrund des Wahlrechts zur ratierlichen Zuführung von Pensionsrückstellungen bis in das ab dem 1.1.2024 beginnende Gj in Jahresabschlüssen zeigen.

 
Praxis-Beispiel

Folgende Situation bzgl. Pensionsverpflichtungen bzw. latenten Steuern war zum Übergangszeitpunkt von der Alt- zur Neubewertung (31.12.2009/1.1.2010) im Unt gegeben:

 
  Pensionsverpflichtungen nach bisheriger Bewertungsmethode (§ 6a EStG)

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