Rz. 98

Bei Umwandlungsvorgängen (Verschmelzung, Formwechsel, Spaltung) wird steuerlich regelmäßig zur Vermeidung von Steuerzahlungen die Fortführung der Buchwerte des übertragenden Rechtsträgers vereinbart (§ 11 Abs. 1 und 2 UmwStG). Handelsrechtlich gelten die allgemeinen Ansatz- und Bewertungsgrundsätze (§ 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG), sodass grds. der Ansatz zu Anschaffungskosten beim übertragenden Rechtsträger zu erfolgen hat. § 24 UmwG eröffnet allerdings auch das Wahlrecht, die Buchwerte des übernehmenden Rechtsträgers fortzuführen.

Die Ausübung der Wahlrechte zwischen Handels- und Steuerbilanz kann unabhängig voneinander erfolgen, sodass häufig Konstellationen anzutreffen sind, bei denen steuerlich zum Buchwert, handelsrechtlich – z. B. zur Vermeidung von Verschmelzungsverlusten – zum Zeitwert umgewandelt wird. Die hierbei entstehenden Buchwertunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz stellen temporäre Differenzen dar, für die entsprechend latente Steuern zu bilden sind (Rz 17).

 

Rz. 99

Bei Verschmelzungen stellt sich für den übernehmenden Rechtsträger die Frage, wie mit in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers ausgewiesenen Steuerlatenzen umzugehen ist. Erfolgt die Abbildung der Verschmelzung nach dem allgemeinen Anschaffungskostenprinzip, scheidet eine Übernahme dieser Steuerlatenzen aus. Der übernehmende Rechtsträger hat aber zu prüfen, ob aktive und/oder passive Steuerlatenzen nach § 274 HGB auf Basis der übernommenen VG, Schulden und RAP zu bilden sind. Die Bildung derartiger latenter Steuern erfolgt dann erfolgsneutral.[1]

Bei Abbildung der Verschmelzung nach der Buchwertmethode sind die Steuerlatenzen nach den Verhältnissen des übernehmenden Rechtsträgers zu übernehmen, soweit die Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz auch nach der Verschmelzung weiter bestehen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Die T-GmbH wird durch Verschmelzungsvertrag vom 18.8.02 rückwirkend zum 1.1.02 auf die M-AG verschmolzen. Es findet die Buchwertmethode nach § 24 UmwG Anwendung. Die T-GmbH weist in ihrer Schlussbilanz zum 31.12.01 folgende Steuerlatenzen aus:

Aktive latente Steuern i. H. v. 100 (80 aus temporären Differenzen bei Pensionsrückstellungen, 20 aus steuerlichen Verlustvorträgen) sowie passive latente Steuern i. H. v. 40 (temporäre Differenzen bei Sachanlagevermögen aus unterschiedlichen Abschreibungsverläufen).

Die Steuerlatenzen aus temporären Differenzen sind bei der M-AG i. R. d. Verschmelzung mit einzubuchen. Soweit sich aufgrund der Besteuerungssituation der M-AG eine andere Bewertung der Steuerlatenzen als bei der T-GmbH ergibt (unterschiedlicher GewSt-Hebesatz), sind die Steuerlatenzen bereits mit den angepassten Werten einzubuchen.

Die steuerlichen Verlustvorträge der T-GmbH gehen i. R. d. Verschmelzung unter und sind entsprechend nicht bei der M-AG einzubuchen.

 

Rz. 100

Zu beachten ist bei Verschmelzungen weiterhin, dass auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers bestehende Steuerlatenzen im Zusammenhang mit der Beteiligung an dem übertragenden Rechtsträger gem. § 274 Abs. 2 Satz 2 HGB wegfallen, da mit ihrem Eintritt nicht mehr zu rechnen ist. Die Ausbuchung erfolgt sowohl bei Abbildung der Verschmelzung nach dem Anschaffungskostenprinzip als auch nach der Buchwertmethode erfolgswirksam.[3]

 

Rz. 101

Beim Formwechsel gem. § 190 Abs. 1 UmwG besteht der formwechselnde Rechtsträger nach Eintragung der Umwandlung im Handelsregister in der neuen Rechtsform weiter. Es findet somit kein Übergang von Vermögen und Schulden statt. Für den Bilanzierenden sind lediglich die für die neue Rechtsform gültigen Besonderheiten zu beachten. Ansonsten gilt unverändert die Ansatz- und Bewertungsstetigkeit (§§ 246 Abs. 3, 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB).[4]

Bei Umwandlung einer PersG in eine KapG hat die KapG erstmals latente Steuern anzusetzen, soweit die PersG bislang keine latenten Steuern nach § 274 HGB zu bilanzieren hatte. Die Einbuchung dieser Steuerlatenzen hat erfolgswirksam zu erfolgen. Soweit die PersG bislang Rückstellungen für passive latente Steuern gebildet hatte (§ 274a Rz 10 ff.), sind diese in die Bilanzposten "Passive latente Steuern" bzw. "Aktive latente Steuern" umzugliedern.

Erfolgt der Formwechsel durch Umwandlung einer KapG in eine PersG, können bislang bilanzierte Steuerlatenzen erfolgswirksam aufgelöst werden, soweit der Grund dafür entfallen ist. Hauptanwendungsfall wird die KSt sein, da die PersG nicht körperschaftsteuerpflichtig ist. Soweit die PersG § 274 HGB nicht anzuwenden hat und dies auch nicht freiwillig tut, sind ggf. Rückstellungen für passive latente Steuern zu bilden (§ 249 Rz 42).[5]

 

Rz. 102

Die Spaltung nach dem UmwG unterliegt denselben Grundsätzen wie eine Verschmelzung.[6] Entsprechend ist auch bzgl. der Steuerlatenzierung auf die hierfür dargestellten Grundsätze zu verweisen (Rz 101).

[1] Vgl. IDW RS HFA 42.39.
[2] Vgl. IDW RS HFA 42.61; a. A. Simlacher, DStR 2011, S. 1872, der die vollständige Übernahme und anschließende erfolgswirksame Korrektur beim übernehmenden Rechtsträger fordert.
[3] Vgl....

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