Rz. 92

Der Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) besteht gem. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB aus dem Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unt bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen VG abzgl. der Schulden des Unt im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt. Die Grundlage für die Ermittlung des GoF bildet somit ein Unternehmenserwerb. Der Ansatz eines originären, d. h. selbst geschaffenen Firmenwerts, bleibt dagegen analog § 248 Abs. 2 HGB weiterhin ausgeschlossen.

 

Rz. 93

§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB spricht von der Übernahme eines Unt, ohne diesen Begriff gesetzlich zu definieren. Als Unt i. S. d. Vorschrift sind neben EinzelUnt, PersG oder KapG auch einzelne Betriebe oder Teilbetriebe zu verstehen, wenn sie im Zeitpunkt der Übernahme die Fähigkeit besitzen, als selbstständige Einheit am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen, auch wenn ihnen die rechtliche Selbstständigkeit fehlt. Entscheidend ist lediglich, dass der einzelne Teil auch für sich allein als Unt geführt werden und selbstständig am Wirtschaftsleben teilnehmen könnte.

 

Rz. 94

Die Übernahme eines Unt kann durch den Erwerb einer Beteiligung, dem sog. share deal, oder i. R. e. asset deals durch den Einzelerwerb von VG und Schulden erfolgen. Bei einem share deal kann in der Bilanz des Erwerbers kein derivativer GoF entstehen, da die Beteiligung als solche als Finanzanlage aktiviert wird und ein etwaiger GoF folglich als Bestandteil des Beteiligungsbuchwerts ausgewiesen wird. Ein GoF kann somit i. d. R. nur aus einem asset deal resultieren; da hier einzelne VG erworben werden ergibt sich regelmäßig ein GoF. Ein GoF kann auch bei einem Erwerb von Anteilen an einer PersG anzusetzen sein, wenn nicht sämtliche Anteile übernommen werden (sog. Eintritt) oder bei einem Austritt, wenn die ausscheidenden Gesellschafter Abfindungen von der PersG erhalten. Im letzteren Fall liegt bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Teil-Liquidation der Personengesellschaft vor, die in Bezug auf ihre bilanziellen Auswirkungen einem Anschaffungsvorgang gleichkommt. Die hierbei angesetzten immateriellen VG des AV sind insoweit entgeltlich erworben.[1] Bei Veräußerung von Anteilen an PersG durch Gesellschafter (Sonderrechtsnachfolge) sind derartige Aktivierungen allerdings nicht zulässig.

 
Praxis-Beispiel

A, B und C sind Kommanditisten der X GmbH & Co. KG mit je 20 TEUR Kommanditkapital; die GmbH ist Komplementärin ohne Einlage. A scheidet aus der Ges. aus. Nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen hat A neben der Auszahlung des Guthabens auf sein Kapitalkonto auch Anspruch auf die Abgeltung von stillen Reserven in der Bilanz (hier: stille Reserven in angearbeiteten Aufträgen i. H. v. 35 TEUR) und darüber hinaus eines bestimmten Anteils an dem Firmenwert.

Ergebnis: Nach der gem. IDW RS HFA 7.59 n. F. alternativ zulässigen Methode können die aufgedeckten stillen Reserven von der von B und C fortgeführten Ges. als entgeltlich erworben aktiviert werden. Das Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich i. H. v. 100 TEUR, das wie im folgenden Buchungssatz gebucht wird.

 
Konto Soll Haben
Kommanditkapital A 20  
Unfertige Erzeugnisse 35  
GoF 45  
Verbindlichkeit A   100

Bei Anwendung der gem. IDW RS HFA 7 n. F. vorzuziehenden Methode der Verrechnung des Differenzbetrags mit Kapitalanteilen/Rücklagen entsteht kein GoF.

[1] Diese Bilanzierung bei Abfindung ausscheidender Gesellschafter einer PersG wird von IDW RS HFA 7.59 n. F., als alternativ zulässige Methode angesehen. Vorzugsweise ist ein positiver Differenzbetrag jedoch mit dem verbleibenden EK der PersG, d. h. mit den Kapitalanteilen der verbleibenden Gesellschafter und mit ggf. bestehenden Rücklagen, zu verrechnen, vgl. IDW RS HFA 7.58b n. F.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge