Rz. 18

Die unter Abschnitt 2.2 beschriebene Vermögensgegenstandseigenschaft ist für immaterielle VG in der Entstehung besonders problematisch, da es sich noch nicht um "fertige" VG handelt. Gleichwohl verlangt der Gesetzgeber bei Ausübung des Aktivierungswahlrechts eine Aktivierung bereits in der Entstehungsphase, soweit die Vermögensgegenstandseigenschaft bereits bejaht werden kann.[1] Wann diese Aktivierung in diesen Fällen zu erfolgen hat, kann anhand der folgenden kumulativ vorliegenden Kriterien geprüft werden:[2]

 
Kriterium Konkretisierung
Projektinitiierung Geschäftsführungsbeschluss, Budgetfreigabe durch Aufsichtsrat
Projektabgrenzung und -beschreibung Das Projekt kann hinsichtlich seiner sachlichen, zeitlichen und finanziellen Dimension hinreichend präzise abgegrenzt werden. Zur Erfüllung des Grundsatzes der Einzelverwertbarkeit müssen die projektbezogenen Ausgaben dem Projekt zurechenbar sein.
Projektnutzen ist darstellbar Der mögliche Projektnutzen ist darstellbar und hinreichend dokumentiert. Hinreichende Dokumentation setzt insb. eine nachvollziehbare Abgrenzung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten sowie eine verlässliche Kostenrechnung bzw. F&E-Controlling voraus.
Aktive weitere Projektverfolgung ist sichergestellt Es bestehen keine internen (z. B. Ausgabenstopp) oder externen (z. B. patentrechtliche Beschränkungen) Hinderungsgründe, die die weitere Projektverfolgung ungewiss erscheinen lassen.
Hohe Wahrscheinlichkeit Die geforderte hohe Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines immateriellen Vermögensgegenstands ist im frühen Stadium von Entwicklungsprojekten zumeist nicht gegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit deutlich über 50 % liegen muss, auch wenn kein Erfordernis besteht, eine Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit vorzunehmen.

Tab. 2: Ansatzkriterien für immaterielle Vermögensgegenstände in der Entstehung

DRS 24 stellt auf folgende, ebenfalls kumulativ zu erfüllende Kriterien ab (DRS 24.45):

  • das zu aktivierende Gut befindet sich in der Entwicklung,
  • das zu aktivierende Gut erfüllt die VG-Eigenschaften,
  • mit hoher Wahrscheinlichkeit entsteht der angestrebte immaterielle VG,
  • die Entwicklungskosten können dem zu aktivierenden immateriellen VG verlässlich zugerechnet werden,
  • für den angestrebten immateriellen VG besteht kein Aktivierungsverbot.
 

Rz. 19

Von besonderer Bedeutung ist insb. der Gesichtspunkt der Einzelverwertbarkeit. Die Einzelverwertbarkeit kann sich auf interne Verwertung (Eigennutzung) oder externe Verwertung (Verkauf) richten. Externe Verwertbarkeit muss nicht zwingend auf das fertige Endprodukt gerichtet sein, sondern kann auch bei verwertbaren Zwischenprodukten vorliegen.

 
Praxis-Beispiel

Softwaremodule sind für sich alleine nicht nutzbar. Gleichwohl gibt es externe Nutzer (Käufer), die bereit sind, für Softwaremodule etwas zu bezahlen.

 

Rz. 20

Der nach den oben dargestellten Ansatzkriterien ermittelte Aktivierungszeitpunkt wird auch als point of return bezeichnet, womit der Zeitpunkt beschrieben wird, zu dem es in hohem Maße wahrscheinlich ist, dass aus der Entwicklung Nutzen gezogen werden kann. Erst Herstellungskosten, die nach dem point of return anfallen, dürfen aktiviert werden. Eine Nachaktivierung von vor dem point of return liegenden Aufwendungen ist unzulässig (vgl. zu im Aktivierungsjahr angefallenen Aufwendungen § 255 Rz 192). Dies gilt in jedem Fall für solche Aufwendungen, die in vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung liegenden Gj angefallen sind. In der Praxis wird es regelmäßig gewisse Unsicherheiten in der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts geben. Branchenabhängig liegt der point of return zu unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb des Entwicklungsprozesses, wie nachfolgende Abbildung verdeutlicht:[3]

Abb. 1: Point of return zu unterschiedlichen Zeitpunkten je nach Branche

Soweit die Aufwendungen noch nicht in einem Abschluss (Jahresabschluss, Konzernabschluss oder auch Halbjahresfinanzbericht) als Aufwand erfasst worden sind, sind sie in die Herstellungskosten des immateriellen VG einzubeziehen, auch wenn der point of return zeitlich nach dem Anfall der Aufwendungen, aber noch innerhalb der jeweiligen Berichtsperiode erreicht wird (DRS 24.86).

 

Rz. 21

Immaterielle VG in der Entstehung sind bei Vorliegen der Aktivierungsvoraussetzungen und Ausübung des Aktivierungswahlrechts (Rz 37) in der Bilanz zu aktivieren. Anders als bei den Sachanlagen, für die das Gliederungsschema von § 266 Abs. 2 HGB einen separaten Posten vorsieht (Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau) ist dies für immaterielle VG nicht der Fall. Immaterielle VG in der Entstehung sind zusammen mit den "fertig gestellten", selbst geschaffenen immateriellen VG in dem Posten "Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte" auszuweisen (§ 266 Rz 25). Es wäre aber auch zulässig, entsprechend § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB einen neuen Posten in das Bilanzschema aufzunehmen oder einen Davon-Vermerk einzufügen.[4]

 

Rz. 22

Ändern sich bei immateriell...

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