Rz. 73

Derivate sind Finanzkontrakte, deren Wert sich vom Wert eines oder mehrerer zugrunde liegender Vermögenswerte (z. B. Aktien, Anleihen, Edelmetalle, Rohstoffe) oder Referenzsätze (z. B. Indizes, Währungen, Zinsen) ableitet. Es gibt drei Grundtypen: Optionen, Terminkontrakte und Swaps. In der Unternehmenspraxis werden Derivate zur Absicherung gegen spezielle Risiken oder zu Handelszwecken (Spekulation) eingesetzt.

 

Rz. 74

Optionen sind Vereinbarungen, die den Optionskäufer gegen Zahlung eines Entgelts (Optionsprämie) berechtigen, bestimmte VG zu vorab festgelegten Bedingungen innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Optionsverkäufer (Stillhalter) zu erwerben (Kaufoption, Call) oder an diesen zu veräußern (Verkaufsoption, Put). Dementsprechend handelt es sich bei erworbenen Optionsrechten um aktivierungspflichtige VG, bei geschriebenen Stillhalterverpflichtungen um passivierungspflichtige Verbindlichkeiten, wobei die vereinbarte Optionsprämie die AK bildet. In den Folgeabschlüssen sind die Optionen nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. Wie Optionen behandelt werden auch Zinsbegrenzungsvereinbarungen, bei denen der Aussteller gegen eine Prämie die Verpflichtung übernimmt, dem Berechtigten bei Überschreiten (Cap) oder Unterschreiten (Floor) einer bestimmten Zinsgrenze eine Ausgleichszahlung zu leisten. Bei Optionen handelt es sich um finanzielle, nicht um immaterielle VG.

 

Rz. 75

Bei Terminkontrakten (Forwards, Futures)[1] handelt es sich um Vereinbarungen über die Lieferung eines bestimmten Gegenstands zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt gegen ein vorab festgelegtes, bestimmtes oder bestimmbares Entgelt. Im Gegensatz zu den Optionen ist beim Abschluss von Termingeschäften von keiner Vertragspartei eine Prämie zu leisten; demzufolge gibt es auch keine AK. Nach den Grundsätzen für schwebende Geschäfte werden Termingeschäfte vor ihrer Erfüllung grds. nicht bilanziert. Für drohende Verluste sind ggf. Rückstellungen zu bilden (§ 249 Rz 120); dies gilt auch für nicht marktkonform kontrahierte Termingeschäfte.

 

Rz. 76

Swaps sind Verträge über den Tausch von Zahlungsströmen , z. B. Forderungen/Verbindlichkeiten in verschiedenen Währungen oder Zinszahlungen, für einen bestimmten Zeitraum. Wie Terminkontrakte haben auch Swaps keine AK. Als schwebende Geschäfte werden sie grds. nicht bilanziert. Ist von einer Vertragspartei bei Laufzeitbeginn eine Ausgleichszahlung (Upfront Payment) zu leisten, so handelt es sich insoweit um vorausbezahlte Zinsen, die zunächst als Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren und anschließend zeitanteilig zulasten des Zinsaufwands aufzulösen sind.[2] Am Bilanzstichtag aufgelaufene, noch nicht fällige Zinsansprüche und -verpflichtungen sind ggf. als Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren bzw. zu passivieren. Für drohende Verluste sind ggf. Rückstellungen zu bilden (§ 249 Rz 120); dies gilt auch für nicht marktkonform kontrahierte Swapgeschäfte.

 

Rz. 77

Eine Sonderform stellen Credit Default Swaps dar. Hierbei übernimmt eine Vertragspartei (Sicherungsgeber) gegen Erhalt einer Prämie von der anderen Vertragspartei (Sicherungsnehmer) das Risiko, dass ein vertraglich vereinbartes Kreditereignis (Credit Event) bzgl. einer bestimmten Adresse oder eines Referenzaktivums (z. B. Schuldtitel oder Kreditportfolio) eintritt. Bei Eintritt des Kreditereignisses hat der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer eine Ausgleichszahlung (Credit Event Payment) zu leisten. Die vom Sicherungsgeber übernommenen Eventualrisiken sind unter der Bilanz als Eventualverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten aus Bürgschaften und Gewährleistungsverträgen) zu zeigen. Droht für den Sicherungsgeber ernstlich die Inanspruchnahme aus einem Credit Default Swap in Form einer Ausgleichszahlung, ist in entsprechender Höhe eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden.[3]

 

Rz. 78

Für die Bilanzierung von Derivaten, die Sicherungszwecken dienen, gelten abweichende Grundsätze (§ 254 HGB). Danach sind Sicherungsderivate und abgesicherte Grundgeschäfte bei Vorliegen einer Bewertungseinheit kompensatorisch zu bilanzieren (§ 254 Rz 53 ff.). Für Macro-Hedge-Geschäfte der Banken zur Absicherung gegen das allgemeine Zinsänderungsrisiko haben sich besondere Grundsätze herausgebildet.[4]

 

Rz. 79

Bis zur Einführung des BilMoG gab es für Derivatgeschäfte, abgesehen von bestimmten Angabe- und Berichtspflichten im Anhang des Jahresabschlusses und im Lagebericht, keine speziellen Rechnungslegungsvorschriften.

Mit dem BilMoG sind Regelungen für die Bilanzierung von Finanzinstrumenten aufgenommen worden, auch Derivate betreffend.[5] § 254 HGB enthält Regelungen für die bilanzielle Abbildung von Bewertungseinheiten (§ 254 Rz 53 ff.). Kreditinstitute haben zudem die Spezialvorschriften des § 340e Abs. 3 HGB zu beachten. Danach sind Finanzinstrumente des Handelsbestands zum beizulegenden Zeitwert abzgl. eines Risikoabschlags zu bewerten. Für derartige Finanzinstrumente gelten damit die AK nicht mehr als...

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