Rz. 47

Das nur im Jahresabschluss für das nach dem 31.12.2009 beginnende Gj ausübbare Beibehaltungswahlrecht (eine anfängliche Beibehaltung und spätere erfolgsneutrale Umgliederung in Gewinnrücklagen ist unzulässig) des Art. 67 Abs. 3 Satz 1 EGHGB für Aufwandsrückstellungen konnte sachverhaltsbezogen in Anspruch genommen werden. Die Option zur sachverhaltsbezogenen Ausübung ergibt sich aus Art. 67 Abs. 3 Satz 1 EGHGB, der für Rückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 3 HGB i. d. F. vor BilMoG und § 249 Abs. 2 HGB i. d. F. vor BilMoG explizit die teilweise Beibehaltung erlaubt.

 
Praxis-Beispiel

Ein Raffineriebetreiber in der Rechtsform einer AG hatte zum 31.12.2007 für Zwecke der Generalüberholung der Pumpenanlage zur Versorgung des Pipelinenetzes durch Austausch von Verschleißteilen in 8 Jahren (2014) mit Kosten von zusammen 800.000 EUR bereits im Jahresabschluss zum 21.12.2008 eine Rückstellung i. H. v. 200.000 EUR nach § 249 Abs. 2 HGB i. d. F. vor BilMoG gebildet. Zum 31.12.2009 erfolgte erneut eine Zuführung i. H. v. 100.000 EUR. Der Wert der Rückstellung betrug zum 31.12.2009 entsprechend 300.000 EUR. In der Steuerbilanz erfolgte kein Ansatz einer Rückstellung, da die Bildung von Aufwandsrückstellungen i. S. d. § 249 Abs. 2 HGB a. F. nicht gestattet war/ist. Der kumulierte Ertragsteuersatz betrug/beträgt 30 %.

Die Einbuchungen erfolgten somit mit folgender Buchung (z. B. 2008):

 
Datum Konto Soll Haben
31.12.2008 Aufwand für Zuführung zu Rückstellungen 100.000  
  Rückstellungen   100.000
  Aktive latente Steuern 30.000  
  Latenter Steuerertrag   30.000

Im Übergangszeitpunkt am 1.1.2010 hatte die AG das Wahlrecht, die Rückstellung unter Anwendung der bisher geltenden Vorschriften beizubehalten oder diese unter Beachtung des Art. 67 Abs. 3 EGHGB aufzulösen.

Bei Entscheidung für die Beibehaltung

Es entfallen seit dem Gj 2010 die eingeplanten Zuführungen von 100.000 EUR jährlich. Die Bewertung der Rückstellung bleibt unverändert bei 300.000 EUR, eine aktive latente Steuer wird mit 90.000 EUR ausgewiesen. Zudem erfolgt im Anhang ein Hinweis auf die Bilanzierung von Aufwandsrückstellungen. Ein Ansatz zum Erfüllungsbetrag kommt nicht in Betracht, da nach neuem Recht gar kein bilanzierungsfähiger Rückstellungssachverhalt vorliegt.

Bei der Überholung der Pumpenanlage (der Auflösung) ergab sich im Gj 2015 dann unter der Annahme der zutreffenden Schätzung der Kosten folgende Buchung:

 
Konto Soll Haben
Sonstiger betrieblicher Aufwand 800.000  
Kasse/Bank   800.000
Sonstige Rückstellungen 300.000  
Sonstiger betrieblicher Aufwand   300.000
Latenter Steueraufwand 90.000  
Aktive latente Steuern   90.000

Infolge einer Entscheidung zur Auflösung der Rückstellung ergab sich zum 1.1.2010 folgende Vorgehensweise:

Ein Teilbetrag von 200.000 EUR war erfolgsneutral zugunsten der Gewinnrücklagen aufzulösen. Der Teilbetrag i. H. v. 100.000 EUR, der erst im Gj. 2009 zugeführt wurde, war über den Posten "Außerordentliche Erträge" ergebniserhöhend aufzulösen:

 
Datum Konto Soll Haben
1.1.2010 Sonstige Rückstellungen 200.000  
  Andere Gewinnrücklagen   200.000
  Sonstige Rückstellungen 100.000  
  Außerordentliche Erträge   100.000

Wurden bei der Bildung der Aufwandsrückstellungen aktive latente Steuern abgegrenzt, waren auch diese zum Teil erfolgsneutral (200.000 EUR x 0,3) und zum Teil ergebniswirksam (200.000 EUR x 0,15) aufzulösen:

 
Datum Konto Soll Haben
1.1.2010 Andere Gewinnrücklagen 60.000  
  Aktive latente Steuern   60.000
  Latenter Steueraufwand 30.000  
  Aktive latente Steuern   30.000

Bei der Durchführung der Überholung im Gj 2015 waren dann die gesamten Kosten als Aufwand zu erfassen.

Im Vergleich ist bei Auflösung der Aufwandsrückstellung das EK in diesem Fall höher ausgewiesen. Im Gj. 2015 ergab sich dann durch die Auflösung der mit den Aufwandsrückstellungen gelegten stillen Reserven jedoch eine abweichende Erfolgslagendarstellung. Ab Gj. 2016 sind die Jahresabschlüsse bei beiden Varianten wieder identisch.

 

Rz. 48

Aufwandsrückstellungen konnten z. B. im Rahmen folgender Sachverhalte[1] zur Bilanzpolitik verwendet werden:

Abb. 4: Beispiele für Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB i. d. F. vor BilMoG

[1] Vgl. Theile, Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, 2. Aufl. 2009, S. 63.

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