Rz. 16

Die Pflicht zur Angabe im Anhang von Art und Zweck sowie von Risiken, Vorteilen und finanziellen Auswirkungen der nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäfte (Off-balance-Transaktion) ist für große und mittelgroße KapG obligatorisch, soweit die Risiken und Vorteile wesentlich und für die Beurteilung der Finanzlage erforderlich sind (Art. 17 Abs. 1 Buchst. p RL 2013/34/EU). Mit dem BilRUG ist es damit einerseits zu einer Ausweitung der Angabepflichten durch die Notwendigkeit der Darstellung finanzieller Auswirkungen von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften und andererseits zu einer Einschränkung der Berichterstattung auf Geschäfte mit wesentlichen Risiken und Chancen gekommen. Als außerbilanzielle Geschäfte sind alle Transaktionen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sowie Vereinbarungen zu verstehen, durch die der Bilanzierende Vorteile oder Risiken übernimmt, ohne dass diese als VG oder Schulden in der Bilanz erscheinen. Nach der Gesetzesbegründung[1] handelt es sich bei nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften um Transaktionen, die von vornherein dauerhaft keinen Eingang in die HB finden oder einen dauerhaften Abgang von VG oder Schulden aus der HB nach sich ziehen.[2] Beispielhaft nennt die Gesetzesbegründung Geschäfte, die mit der Errichtung oder Nutzung von ZweckGes., mit Offshore-Geschäften oder sonstigen Geschäften verbunden sind, mit denen gleichzeitig auch andere wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche oder bilanzielle Ziele verfolgt werden. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass nicht in der Bilanz enthaltene Geschäfte i. d. R. rechtsgeschäftliche Vereinbarungen sind. Der Erwägungsgrund Nr. 9 der Abänderungsrichtlinie nennt hier nicht abschließend das Factoring, (unechte) Pensionsgeschäfte, Konsignationslagervereinbarungen, Verträge mit unbedingter Zahlungsverpflichtung ("take-or-pay"-Verträge), Forderungsverbriefungen über gesonderte Gesellschaften oder nicht rechtsfähige Einrichtungen, die Verpfändung von Aktiva, Leasingverträge (operative Leasingverträge, Sale-and-lease-back-Geschäfte bei Vorliegen von Operating-Leasing und verdeckte Leasinggeschäfte)[3] und die Auslagerung von Tätigkeiten. Es handelt sich um Verpflichtungen, die noch von keiner Seite erfüllt sind. Somit entfällt i. d. R. eine Berücksichtigung in der Bilanz. Als grobe Einteilung kann damit vorgenommen werden:[4]

  • schwebende Geschäfte über einzelne Lieferungen oder sonstige Leistungen,
  • schwebende Dauerschuldverhältnisse über wiederkehrende Lieferungen oder Leistungen sowie
  • sonstige Dauerschuldverhältnisse oder Geschäfte, bei denen es bei bestehenden nicht unwesentlichen Risiken und Vorteilen noch nicht zu einem Bilanzausweis gekommen ist.

In letztere Kategorie fällt etwa das Bestellobligo aus Beschaffungsgeschäften. Inwiefern die Voraussetzung "nicht in der Bilanz enthalten" erfüllt ist, ist dabei zu jedem Abschlussstichtag zu prüfen[5] und eng auszulegen. So fallen Geschäfte, aufgrund derer es zu einem endgültigen Abgang von VG bzw. zu einem rechtswirksamen Erlöschen von Schulden bis zum Bilanzstichtag kommt, grds. nicht unter die Angabepflicht. Ausnahmsweise kann im Zusammenhang mit dem Abgang von VG oder Schulden dann eine Angabepflicht bestehen, wenn dem Bilanzierenden dauerhaft oder für eine gewisse Zeit nach dem Abschlussstichtag weiterhin Vorteile oder Risiken aus dem abgegangenen Bilanzposten zuzuordnen sind,[6] wie etwa Earn-Out-Vereinbarungen oder nachlaufende erfolgsabhängige Zahlungsbelastungen.[7]

 

Rz. 17

In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob die Angabe über das Geschäft erforderlich (anders Nr. 3a: von Bedeutung) ist. Dabei ist in doppelter Weise zu prüfen. Erstens ist zu klären, ob mit den außerbilanziellen Geschäften wesentliche Vorteile und Risiken verbunden sind. Dies stellt eine Verankerung des Wesentlichkeitsgrundsatzes dar, der bisher implizit zu beachten war.[8] Zweitens ist die finanzielle Auswirkung einzuschätzen. Ergibt eine Bewertung der Vorteile und Risiken der Transaktion, dass sie sich "in erheblicher Höhe"[9] auf die Finanzlage auswirken kann, hat die Angabe zu erfolgen. Unter der Finanzlage eines Unt versteht das Gesetz nach der Begründung zu Nr. 3 dessen Liquidität und seine Fähigkeit, vorhandenen Verpflichtungen in einem überschaubaren Zeitraum nachkommen zu können (§ 264 Rz 69 ff.). Ergibt die Bewertung von Vorteilen und Risiken, dass sich die Liquidität des Unt durch die Transaktion erheblich besser oder schlechter darstellen wird und es künftig erheblich besser oder schlechter in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen nachzukommen, sind Informationen darüber im Anhang zu geben. Dabei ist die Einschätzung von "erheblich" auf die Gesamtheit der außerbilanziellen Geschäfte zu beziehen, sodass auch mehrere Geschäfte mit jeweils unerheblicher Beeinflussung der Finanzlage in der Summe angabepflichtig werden können.[10] Ergeben sich diese Informationen über die Lage zum Bilanzstichtag aus der Bilanz, ist über diese Risiken im Anhang nicht zu berichten. Nach dem Abschlussstichtag e...

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