Rz. 9

Gehören seit der Neufassung des § 255 Abs. 2 HGB die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des AV, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist, zu den HK (§ 255 Rz 99 ff.), waren in der Altfassung lediglich die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung Pflichtbestandteile der HK. Angemessene Teile der notwendigen Materialgemeinkosten, der notwendigen Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des AV, soweit er durch die Fertigung veranlasst war, durften eingerechnet werden.

 
 

HGB vor BilMoG

(bis Gj 2009)

HGB nach BilMoG

(ab Gj 2010)
Materialeinzelkosten Pflicht Pflicht
Fertigungseinzelkosten Pflicht Pflicht
Sondereinzelkosten der Fertigung Pflicht Pflicht
Materialgemeinkosten Wahlrecht Pflicht
Fertigungsgemeinkosten Wahlrecht Pflicht
Werteverzehr des AV Wahlrecht Pflicht
Aufwendungen für:    
soziale Einrichtungen des Betriebs Wahlrecht Wahlrecht
freiwillige soziale Leistungen Wahlrecht Wahlrecht
die betriebliche Altersversorgung Wahlrecht Wahlrecht
Allgemeine Verwaltungskosten Wahlrecht Wahlrecht
Herstellungsbezogene Fremdkapitalzinsen Wahlrecht Wahlrecht
Vertriebskosten Verbot Verbot
Forschungskosten Verbot Verbot

Abb. 1: Unterschiede in der HK-Bemessung zwischen § 255 HGB vor und nach BilMoG

 

Rz. 10

§ 255 Abs. 2 HGB i. d. F. des BilMoG ist erstmals auf Herstellungsvorgänge anzuwenden, die in nach dem 31.12.2009 beginnenden Gj beginnen. In vor dem 31.12.2009 beginnenden Gj wahlrechtsbedingt unterlassene Aktivierungen sind nicht zu revidieren, sodass z. B. die Bewertung selbst geschaffener Sachanlagen oder Vorräte nicht anzupassen ist, wenn die Einbeziehungswahlrechte zuvor nicht entsprechend der Neuregelung genutzt wurden. Laufende Herstellungsvorgänge sind nach den alten Vorschriften weiter zu bilanzieren,[1] sodass es zu einem Nebeneinander der neuen und der alten Regelung kommen kann, was insbesondere bei Unternehmen mit Langfristfertigung der Fall sein dürfte. Aber auch Unternehmen, die einen hohen Vorratsbestand aufweisen, da sie z. B. Ersatzteile für ausgelaufene Modelle noch lange vorhalten, sind ggf. noch über Jahre mit der parallelen Bewertung der alten und der neuen Teile beschäftigt.

 
Praxis-Beispiel

Bilanzierung von unfertigen und fertigen Erzeugnissen

Ein Unt aus der Baubranche erstellt verschiedene langfristige Bauprojekte. Die Bauzeit beträgt jeweils 3 Kj, wobei annahmegemäß jeweils Anfang Januar mit einem neuen Projekt begonnen wird. Die Aufwendungen der Projekte liegen wie folgt vor und verteilen sich annahmegemäß gleichmäßig über die Bauzeit (UG = Untergrenze; OG = Obergrenze).

 
Projekt 1 bis 3 (in TEUR) Gesamtkosten Gesamte HK über Projektdauer
 

Gesamt

über Projekt­dauer
Gesamt pro Jahr

UG

HGB a. F.

OG

HGB a. F.

UG

HGB n. F.

OG

HGB n. F.
Materialeinzelkosten 900 300 900 900 900 900
Fertigungseinzelkosten 600 200 600 600 600 600
Sondereinzelkosten der Fertigung 300 100 300 300 300 300
Materialgemeinkosten 750 250   750 750 750
Fertigungsgemeinkosten 750 250   750 750 750
Werteverzehr des AV 450 150   450 450 450
Aufwendungen für:            
soziale Einrichtungen des Betriebs 150 50   150   150
freiwillige soziale ­Leistungen 60 20   60   60
die betriebliche Altersversorgung 30 10   30   30
Allgemeine Verwaltungskosten 120 40   120   120
Herstellungsbezogene Fremdkapitalzinsen 30 10   30   30
Vertriebskosten 150 50        
Forschungskosten 30 10        
Summe 4.320 1.440 1.800 4.140 3.750 4.140
Aktivierungsgeboten nach HGB a. F. 1.800 600 1.800      
Aktivierungsfähig nach HGB a. F. 4.140 1.380   4.140    
Aktivierungsgeboten nach HGB n. F. 3.750 1.250     3.750  
Aktivierungsfähig nach HGB n. F. 4.140 1.380       4.140
Ertrag (Verkaufspreis) 4.800 1.600 4.800 4.800 4.800 4.800

Im Gj 2010 hat das Unt somit das in 2008 begonnene Bauvorhaben gerade abgeschlossen, das in 2009 begonnene Bauvorhaben ist zu 2/3 und das in 2010 aufgelegte zu 1/3 fertig gestellt. Das Unt verfolgt eine konservative Bilanzpolitik, sodass lediglich die minimalen HK aktiviert werden sollen. Somit ergibt sich ein Bestand an unfertigen Erzeugnissen zum 31.12.2010 in Höhe von 2.450 TEUR, der sich aus 2 Jahren zur damaligen Untergrenze aktivierter Aufwendungen von je 600 TEUR von dem Projekt aus 2009 sowie einem Jahr Arbeit an dem Projekt aus dem Jahr 2010 zusammensetzt, dass zur neuen Untergrenze von 1.250 TEUR angesetzt ist. Somit muss das aus 2009 stammende Projekt weiter mit der damaligen Untergrenze angesetzt werden, eine Anpassung erfolgt auch nicht für das Gj 2010.

 

GuV 1.1. – 31.12.2010

(in TEUR)
Gesamt Projekt aus 2008 Projekt aus 2009 Projekt aus 2010
Umsatzerlöse 4.800 4.800    
Bestandserhöhungen 1.850   600 1250
Bestandsminderungen 1.200 1.200    
Materialeinzelkosten 900 300 300 300
Fertigungseinzelkosten 600 200 200 200
Sondereinzelkosten der Fertigung 300 100 100 100
Materialgemeinkosten 750 250 250 250
Fertigungsgemeinkosten 750 250 250 250
Wert...

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