Rz. 17

Die in den Konzernabschluss gem. § 300 Abs. 2 HGB übernommenen VG und Schulden der in den Konzernabschluss einbezogenen Unt sind nach den auf den Einzelabschluss des MU anwendbaren Bewertungsmethoden einheitlich zu bewerten (Einheitlichkeit der Bewertung; § 308 Abs. 1 Satz 1 HGB). Dem Einheitsgrundsatz des Konzerns in § 297 Abs. 3 HGB folgend, sind VG und Schulden im Konzernabschluss so zu bewerten, als ob MU und TU insgesamt eine rechtliche Einheit wären.

Für gleichartige Sachverhalte ist unter gleichen wertbestimmenden Bedingungen folglich eine unterschiedliche Ausübung von Bewertungswahlrechten unzulässig (sachliche und zeitliche Stetigkeit). Eine Neuausübung von Ermessensentscheidungen (implizite Wahlrechte) im Konzernabschluss gegenüber den Einzelabschlüssen der einbezogenen Unt etwa i. R. d. Frage der Nutzungsdauer von VG, ist aufgrund des Grundsatzes des Willkürverbots insb. bei Personenidentität grds. nicht zulässig.[1] Ausnahmen sind nur möglich, solange die Änderung für den Zweck der Einheitlichkeit der Bilanzierung erforderlich ist.[2] Das Ermessen ist somit einheitlich auszuüben (§ 300 Rz 37 f.).

In Einzelfällen – und insb. bei fehlender Personenidentität – kann auch eine sachlich begründete unterschiedliche Einschätzung von Risiken, Wahrscheinlichkeiten und sonstigen unbestimmten Bewertungsfaktoren zulässig sein, wenn Erfahrungswerte oder bessere Erkenntnisse auf Konzernebene vorliegen.[3] So kann z. B. der Erkenntnisstand für die Bildung von Garantie- bzw. Gewährleistungsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 HGB in einem ausländischen TU aufgrund unternehmenspolitischer Entscheidungen von dem beim MU abweichen, sodass die Wahrscheinlichkeit für den Konzernabschluss anders einzuschätzen ist.

 

Hinweis: Bilanzierungs- und Bewertungsstetigkeit

§ 308 Abs. 1 Satz 1 HGB fordert für die Bewertung die einheitliche Ausübung von Bewertungswahlrechten, wohingegen sich das aus § 300 HGB für Bilanzierungswahlrechte nicht explizit ergibt. Grds. ist eine einheitliche Ausübung als Voraussetzung für eine adäquate Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu sehen. Mit Bezug auf die Generalnorm in § 297 Abs. 2 Satz 2 HGB kann zudem angenommen werden, dass die über § 298 Abs. 1 HGB i. V. m. § 246 Abs. 3 HGB explizit geforderte zeitliche Bilanzierungsstetigkeit auch für eine gleichartige Behandlung von gleichartigen Fällen i. R. d. sog. sachlichen Stetigkeit spricht.[4] Auch Art. 6 und Art. 24 der Richtlinie 2013/34/EU differenzieren bei Bewertungsregeln nicht zwischen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften.[5] Aus Letzterem kann zudem angenommen werden, dass der im HGB verwendete Begriff Bewertungsmethoden, deren Beibehaltung gem. § 298 Abs. 1 HGB i. V. m. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB explizit gefordert wird, als Oberbegriff aller auf den Jahresabschluss angewendeten Rechnungslegungsmethoden zu verstehen ist, was damit auch die Bilanzierungswahlrechte einbezieht. Deshalb ist davon auszugehen, dass im Konzernabschluss die Bilanzierungsentscheidung für gleichartige Sachverhalte einheitlich auszufallen hat (sachliche Stetigkeit) und gleiche Sachverhalte im Zeitablauf gleich darzustellen sind (zeitliche Stetigkeit),[6] zumal durch das Willkürverbot eine weitere Grenze gesetzt wird. Für die Stetigkeit der Bewertung ist diese Frage unstrittig, da § 308 Abs. 1 Satz 1 HGB die einheitliche Ausübung von Bewertungswahlrechten und damit die sachliche Stetigkeit sowie § 298 Abs. 1 HGB i. V. m. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB explizit eine Beibehaltung der angewendeten Bewertungsmethoden und so die zeitliche Stetigkeit fordert.

 

Rz. 18

Für gleiche bzw. gleichartige Sachverhalte sind einheitliche Bewertungsmethoden und Rechengrößen anzuwenden: Art- oder funktionsgleiche VG oder Schulden sind unter gleichen wertbestimmenden Bedingungen auch mit gleichen Methoden zu bewerten.[7] Hieraus folgt, dass für gleiche bzw. gleichartige Sachverhalte Bewertungswahlrechte nicht unterschiedlich ausgeübt und keine unterschiedlichen Bewertungsmethoden genutzt werden dürfen. Im Umkehrschluss dürfen auch unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden.[8] Allerdings können z. B. verschiedene Abschreibungsmethoden und -dauern bei gleichartigen Anlagen aufgrund länderspezifischer Umstände – wie z. B. Klima oder Einsatzintensität – gerechtfertigt sein, wenn stark unterschiedliche Nutzungsbedingungen vorliegen.[9] Unterschiedliche Standorte allein sind jedoch noch kein hinreichender Grund, um Abschreibungsmethoden und -dauern uneinheitlich anzuwenden.[10]

 
Praxis-Beispiel

Ein Kran, der auf einer Wüstenbaustelle eingesetzt wird und dessen Abtransport aus Kostengründen nach Fertigstellung zugunsten einer Entsorgung vor Ort nicht vorgesehen ist, ist im Konzernabschluss über eine kürzere Nutzungsdauer abzuschreiben als ein gleicher Kran in einer Gegend mit besserer Infrastruktur und damit einer Folgeverwendung auf einer anderen Baustelle.

Liegen solche Unterschiede nicht vor, ist unter Verwe...

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